Kommentar von Dennis Riehle
Waren es die Impfungen, ist es der legalisierte Cannabis oder hat man den in Nazi-Paranoia verfallenen Bürgern in diesem Land einfach etwas ins Essen getan? Angesichts des Ausmaßes der nahezu halluzinatorisch wirkenden Darstellungen aus dem linken Lager, wir befänden uns – entgegen des „Nie wieder“ – nun doch mittendrin in einem Revival von 1933, muss man sich tatsächlich die Frage über die psychische Gesundheit derjenigen stellen, die nicht etwa nur eine Verquickung zwischen der AfD und Joseph Goebbels herstellen, Faschisten „keulen“ möchten oder eine Falschbehauptung über Pläne zur Deportation von Millionen Bundesbürgern mit Migrationshintergrund verbreiten. Stattdessen suggerieren ihnen nahezu pathologisch anmutende Wahnvorstellungen die Anwesenheit von Hitler persönlich – und das nahezu an jeder dritten Straßenecke. Und auch mit Blick auf ihre Freunde, Nachbarn und Kollegen sind sie nicht selten davon überzeugt, der Teufel sei am Werk, wenn sich der Souverän seiner freien Entscheidung auf dem Stimmzettel bewusst wird – und ohne jede Skrupel sein Kreuz bei der Alternative für Deutschland setzt. Und so kommt es einem Missbrauch unseres Rechtsstaates und der ohnehin überlasteten Justiz gleich, wenn ein Grünen-Politiker nicht zum ersten Mal seine historischen Irrungen in der angepassten Systempresse zum Besten gibt – und sich von Björn Höcke mindestens genauso umzingelt fühlt wie Robert Habeck von der Wirklichkeit.
Da ist es also der Thüringer Amtsträger Bernhard Stengel, der zwar als Privatperson an die Öffentlichkeit getreten ist, aber seines Zeichens den Posten als Umweltminister innehat, welcher die Staatsanwaltschaft mit der Aufgabe betraut, ein von den Blauen für den Wahlkampf verwendetes Gedicht auf seinen volksverhetzenden Charakter zu überprüfen. Konkret handelt es sich dabei um ein Werk des Lyrikers Franz Langheinrich, der unter dem Titel „Rauscht ihr noch, ihr alten Wälder“ noch während des Deutschen Kaiserreichs unter anderem die Zeilen formulierte: „Und du wunderkühle Sagenquelle liebe Saale, spiegelst du noch helle Berg und Burg und reifen, reifen Rebenhang? Ja. es taucht aus trauten Fluren und es glänzt mir her vom klaren Fluß Vaterhaus und Wanderspuren. […] Jahre, die da hingezogen eure Pulse fühl ich warm und klar und des Lebens bunter Bogen überspringt was jung und selig war“. Betrachtet man mit ein wenig Distanz das verfasste Stück, so sucht man vergeblich nach irgendeinem Wort, das nur ansatzweise anstößig sein könnte. Und schon gar nichts findet man mit Blick auf § 130 StGB, welcher mittlerweile inflationär dafür genutzt wird, die Meinungsfreiheit in unserem Land zu beschneiden. Dass die beiden Spitzenkandidaten der AfD diese Poesie abgedruckt haben, soll nun aus Sicht des Denunzianten dazu geeignet sein, Spaltung und Polarisierung in unserem Land zu fördern – und das auch noch auf eine kämpferische und aggressive Weise, wie es die entsprechende Normierung des Gesetzes vorsieht.
Hier werden also die Institutionen instrumentalisiert und für einen persönlichen Rachefeldzug zweckentfremdet, weil ein offenbar weltanschaulich zutiefst verblendeter Politiker der Ökologisten seine Verachtung, seinen Hass und seine Negierung der eigenen Wurzeln und Ursprünge austoben möchte. Willkürlichkeit ist ein typisches Merkmal totalitärer Strukturen. Und so wird auch die Argumentation nicht genügen, dass der Autor des genannten Heimatliedes 1935 die Einladung der Deutschen Kunstgesellschaft annahm, die als ein Sammelbecken völkischer Kulturschaffender galt – und sich von nationalsozialistischem Gedankengut nicht ausdrücklich distanzierte. Man könnte in manch einem anderen Vers von Langheinrich auf die Idee kommen, dass er latente antisemitische oder rassistische Überzeugungen in sich hegte. Gerade aber in dem beanstandeten Beitrag – und nur um ihn geht es konkret – findet sich bei objektiver Beurteilung kein Anzeichen für solch eine Tendenz. Sollte Justitia also tatsächlich noch blind sein, dann muss die Anzeige gegen Höcke und seinen Mitstreiter Stefan Möller schon allein deshalb ins Leere laufen, weil die ausschließliche Urheberschaft eines Manifests nicht dazu geeignet ist, auf die Verwerflichkeit des einzelnen Buchstaben schließen zu können. Die immerwährende Begründung, der Spitzenkandidat und frühere Lehrer bewege sich fortlaufend an der Grenze zwischen Zulässigkeit und Sanktionierbarem, erweist sich ebenfalls als nicht tragfähig. Die Tatsache, dass er mittlerweile sogar wegen halben Parolen verurteilt wurde, belegt im Rückschluss nicht automatisch eine Mentalität, die mit den wesentlichen Verfassungsprinzipien und Werten eines liberalen Miteinanders unvereinbar scheinen.
Denn es mangelt im expliziten Fall an einer offensichtlichen Diskriminierung von Juden oder anderen Minderheiten, aber auch an einem strukturellen und belastbaren Kontinuum der Herabwürdigung von Menschen bestimmter Ethnien. Die subjektive Wahrnehmung und Unterstellung einer diesbezüglichen Ideologie ist ausdrücklich unzureichend, um den Beweis erbringen zu können, dass die beiden Frontmänner des Erfurter Kandidatengespanns bewusst, willentlich und provokativ darauf abzielen, nach ähnlichen Verhältnissen wie in der Vergangenheit zu streben. Selbst ein Schwärmen für eine etwaige Gesinnung ist nach Aussagen der roten Roben in Karlsruhe nicht zu beanstanden. Und so bleibt es beim hilflosen Versuch einer scheinbar enorm gekränkten Seele, sich durch die Diffamierung des politischen Feindes neue Aufmerksamkeit zu erhaschen versucht, wenn sich Stengele immer weiter in seine Kompensation von persönlichen Versagensängsten, beschämenden Insuffizienzgefühlen und defizitären Leistungsbilanzen verstrickt. Sich eine Parallelwelt zu erschaffen, in der nicht nur die Regenbogenfahne weht, sondern sich die unterschiedlichsten Gruppen aus nah und fern in den Armen liegen, losgelöst von jeglicher Originalität und Herkunft, aber geschwängert von Toleranz, Harmonie und Friedseligkeit, mag man als das Nacheifern einer Utopie abtun. In Wahrheit handelt es sich aber um einen böswilligen Angriff auf die Demokratie, mit Mitteln der Repression, Untersagung und Gängelung all das aus der Realität streichen zu wollen, was sich rechts der CDU in Normalität und Selbstverständlichkeit eines Wettbewerbs um die besten Lösungen, Konzepte und Antworten für die Zukunft abspielt.