Kommentar von Dennis Riehle
Wie drastisch sich die Zeiten ändern können, das erlebe ich an meiner eigenen weltanschaulichen Einstellung. Ich erinnere mich gut, als ich in der Oberstufe zu denjenigen gehörte, die ein Pilotprojekt in Baden-Württemberg nutzten, als erster Jahrgang an einem allgemeinbildenden Gymnasium den frisch angebotenen Leistungskurs im Fach Wirtschaft zu belegen. Damals galt es en vogue, sich als junger Mensch mit Neugier an der ökonomischen Entwicklung ganz selbstverständlich für die FDP in die Waagschale zu werfen. Doch was waren das für Verhältnisse, als die Freiburger Thesen als hehres Anliegen galten – und Walter Scheel mit seinem „Hoch auf dem gelben Wagen“ noch immer klangvoll im Ohr lag. Später begeisterte ich mich dann für rote und grüne Positionen, weil mir ein verhältnismäßiger Umweltschutz und ausgewogene Nachhaltigkeit ebenso wichtig waren wie Gerechtigkeit und Unterstützung für die durch Schicksale in Not geratenen Schwachen in unseren eigenen Reihen.
Doch da rechnete noch niemand damit, dass es einmal eine Kanzlerin geben würde, die den Tabubruch begeht, unsere Grenzen zu Scheunentoren für jene zu machen, die aus allen Himmelsrichtungen eintrudelnd nach einem besseren Dasein schielten. Dass unsere Nachkommen in der Gegenwart kaum noch mit dem Gedanken spielen, ihre Stimme den Liberalen oder Sozialisten zu geben, sondern den Schatz von Bürgerlichkeit. Identitarismus und Patriotismus wiederentdecken, kann man niemandem verübeln, dem die Strategie der damaligen und derzeitigen Regierung nicht erst seit gestern wie Schuppen von den Augen fällt. Da denken die Machtgierigen allenfalls bis zur kommenden Bundestagswahl – und erhoffen sich von den über das Mittelmeer oder den Nahen Osten dezidiert in Richtung Europa auf Pilgerfahrt gehenden „Schutzsuchenden“ später einmal ein Kreuz auf dem Stimmzettel.
Dass die Invasion von Migranten ohne Bleibeperspektive und anerkannte Fluchtursache zu einer sukzessiven Verdrängung der autochthonen Mehrheit, aber auch von deren Kultur und Lebensweise führt, daran wollen diejenigen nicht glauben, welche im Credo handeln: „Nach mir die Sintflut“. Sie nehmen es billigend in Kauf, dass der Fetisch von endloser Vielfalt und Toleranz beim derzeitigen Tempo der Unterjochung ziemlich rasant zum Niedergang der christlich-abendländischen Tradierung beitragen wird. Das mag denjenigen einigermaßen egal sein, denen es an Phantasie und Willen fehlt, in eine längerfristige Zukunft zu blicken. Doch gerade die Jugend will es nicht hinnehmen, dass auf Dauer unsere Kirchen den unbekannte Moscheen weichen müssen, statt klangvoller Glocken der Muezzin zum Gottesdienst ruft und Jesus vor Mohammed kapituliert.
Während „Fridays For Future“-Fans bereits auf das Kinderkriegen verzichten, um der physikalischen Bankrotterklärung des „Zero CO2“ zu frönen und die menschliche Existenz durch ihren Kohlenstoffdioxid-Wahn auf diesem Globus gänzlich in Frage zu stellen, ist es das sich jüngst offiziell gegründete „Junge FreiheitsBündnis“, das diesem Lebensüberdruss mit Vehemenz entgegentritt. In der Untermauerung von Idealen, Prinzipien und Normen haben sich jene der Nachkommenschaft zusammengefunden, die sich parteiunabhängig geben. Und so lässt es sich nicht in ein klassisches Schema einordnen. Denn man macht sich einerseits stark für maximale Freiheit im Ausdruck von libertären Werten, die im völligen Gegensatz zur Lehre des Sozialismus zu verstehen sind. Nach eigenen Angaben betrachtet man sowohl die „Junge Alternative“, aber auch die „Junge Union“ eher in diesem Kanon von Staatstreue und Vergemeinschaftung. Zweifelsohne sieht sich der Zusammenschluss andererseits trotz der zahlreichen Differenzen unter dem Strich in größerer Nähe zur Jugendorganisation der AfD als zu Vertretern dezidiert linker Kräfte.
Dies ergebe sich allein aus den Überschneidungen mit der JA beim Blick auf den von beiden Seiten hochgehaltenen Konservativismus, den man vor allem in Sachen Tugendhaftigkeit und Sittlichkeit vertritt. Und so fungiert der Verein als Anwalt eines wirtschaftsfreundlichen, meinungsfreien und wertebewahrenden Duktus, unterstreicht ihre Liebe zur Heimat und Schwarz-Rot-Gold. Die Mitstreiter geben sich ablehnend gegenüber dem Ausverkauf unserer Prägung, fordern gleichzeitig Weitblick bei Transformation und Zeitenwende. Sie wollen die Unternehmen von der Gängelung und Regulierung befreien, welche im Augenblick ermöglicht, dass wir vom einstigen Exportweltmeister zum Sündenfall der internationalen Finanzmärkte werden. Sie fordern einen Stopp des naiven Postulats von „Wir schaffen das“. Ihnen geht es um die Absicherung der Ausgegrenzten in der hiesigen Gesellschaft und um eine Rückkehr zu Rechtsstaatlichkeit – gerade hinsichtlich Art. 16a GG.
Natürlich könnte man monieren, dass eine weitere Zersplitterung im eher rechten Spektrum zu einem denkbar ungünstigen Moment käme. Doch es ist mir im volksherrschaftlichen Verständnis allemal lieber, wenn sich auf dem Tableau weitere Wettbewerber anbieten, die gerade jene Lücke füllen, die durch die scharfe Grenzziehung der Brandmauer zwischen Establishment und AfD künstlich geschaffen wurde. Ein loser Zusammenschluss, der nicht von irgendeinem Mutterschiff gelenkt wird, sondern sich als autonome Vertretung von Interessen all jener Sprösslinge betrachtet, welche man in der modernen Sprache wohl als „Think Tank“ bezeichnen würde, ist eine Bereicherung in einer zugespitzten, polarisierten und gespaltenen Atmosphäre, in der es auch um die Versöhnung der unterschiedlichen Strömungen und Lager geht, die sich zumindest im Minimalkonsens von Vernunft, Verstand und Pragmatismus einig sind. Deshalb gilt meine Unterstützung, meine Sympathie und mein Dank, dass sich eine Stimme etabliert hat, die möglicherweise auch politisch bisher Desinteressierten, Frustrierten oder Unversierten eine Brücke zu Partizipation und Mitsprache bauen kann.