Kommentar von Dennis Riehle
Nicht nur der Politik fällt es immer schwerer, über das Morgen hinauszudenken und zumindest eine mittelfristige Perspektive für die Konsequenzen zu entwickeln, die das heutige Entscheiden mit sich bringen wird. Da freut man sich beispielsweise bei den Grünen über die Weltoffenheit und Toleranz als vermeintlich hehre Tugenden, mit denen man die immanenten Gewissensbisse anlässlich der sinnfreien Kollektivschuld für die dunkle Vergangenheit zu kompensieren versucht. Und so heißt man eine Religion in unserem Land willkommen, deren dominante Strömungen nicht darauf ausgerichtet sind, ein Miteinander von verschiedenen Weltanschauungen zu dulden. Sondern der Islam ist bereits seinem Namen nach darauf ausgerichtet, diejenigen zu unterwerfen, die sich nicht der Komplettierung monotheistischer Vorläufer hingeben – und die abrahamitischen Wettbewerber des Christentums und Judentums auch im 21. Jahrhundert als ebenbürtige und gleichrangige Geisteshaltungen verstehen und verteidigen. Man kann eine ganze Reihe von Suren im Koran als Beispiel für eine radikale Gesinnung heranziehen, die keine Andersdenkenden erlaubt. Die Erwartungshaltung in einer absolutistischen Theokratie ist das Okkupieren all derjenigen, die Allah nicht als den einzig wahren und ausschließlichen Gott ansehen. Es ist spätestens seit den Demonstrationen für das Kalifat in Hamburg mehr als deutlich geworden, dass eine solche Vorstellung des irdischen Daseins nicht mit unserem Anspruch einer liberalen, säkularen und rechtsstaatlichen Demokratie in Einklang gebracht werden kann.
Und da können die Kontaktfreudigen und Extravertierten noch so lange der Meinungsfreiheit frönen: Eine Kopfgeburt bleibt auch bei noch so viel infantilem Verständnis eine Spinnerei. Trotzdem sind es Queeristen, Ökologisten und Pluralisten, die nicht nur zur Preisgabe unserer abendländischen Tradierung willens sind. Sondern sich gar nach einer friedliebenden Harmonie unter Regenbogen und Halbmond sehnen. Dass sich diese beiden Symbole allerdings wechselseitig kategorisch ausschließen, das mögen diejenigen nicht eingestehen, die heute noch darauf vertrauen, dass sie nicht in einen der vielen Einzelfälle verwickelt werden, bei denen ideologisierte Attentäter mit Messern ihre Vision von Herrschaft, Dominanz und Singularität in unseren Fußgängerzonen zum Ausdruck bringen. Glaubt also tatsächlich jemand daran, dass die Scharia Paraden erlauben wird, auf denen geschlechterlose Individuen mit Schweinsmasken, Windeln und Rüschen für mehr Gleichberechtigung werben? Im Augenblick kann man manch eine Wirklichkeit noch dadurch verdrängen, dass man insgeheim auf die autochthone Mehrheit jener Vielfaltsduldenden vertraut, die der Prophet auf lange Sicht hin durch die größtmögliche Durchmischung der verschiedenen Ethnien ersetzen will. Den ein in den Exzess getriebener Multikulturalismus ist nur ein Etappenziel auf dem Weg zur muslimischen Einheit. Man kann es nicht nur mit Naivität und Verblendung erklären, dass prinzipiell gebildete, erwachsene und reflektierte Bürger der Utopie eines Paradieses anhängen, in der das nonbinäre Ens seine Gefühlsduselei mit den 72 Jungfrauen teilt – und sich in Lack und Leder auf dem Gebetsteppich in Richtung Mekka orientiert. Viel eher ist die Sorglosigkeit nahezu pathologisch, mit der sich die Selbstgeißelung der Wokisten breitmacht.
Es entspricht einer kindlichen und kärglichen Urwüchsigkeit, sich einem Ideal zu verschreiben, das es in der Tatsächlichkeit dieses Planeten nie geben wird. Das Paradoxon von Popper, der schon früh erkannt hatte, welcher Simplizität und Stupidität jene verfallen sind, die das Fremde auf der Welle der Gutgläubigkeit über das Mittelmeer in unsere Sphären reiten lassen – um sich hier nicht etwa an die Gegebenheiten anzupassen, schlägt in diesen Tagen voll durch. Schließlich geht es um die knallharte und unnachgiebige Negierung eines mitteleuropäischen Okzidents, der einem sarazenischen Orient weichen soll – damit sich die Offenbarung der Ausschließlichkeit erfüllt. Und so gibt sich der Salafist abseits von Machetenangriffen zwar nach außen hin als ein Freund der Rücksichtnahme und Aufgeschlossenheit. Doch in Wahrheit nutzt er die Torheit einer konfusen und schlichten Gesellschaft aus, um am Ende eine spirituelle Despotie zu errichten, in der man sich der armseligen Träumer entledigt, die auf ihre eigene Unvernunft hereingefallen sind. Möglicherweise ist es auch mit einem von Eigenzweifeln und Frustration über die gescheiterte Leistungsbilanz einzelner Minister und Parteifunktionäre getriebenen Masochismus oder einer Kapitulation vor dem Tabubruch Angela Merkels 2015 zu erklären, dass sich der Elfenbeinturm nicht nur von der Wirklichkeit verfolgt fühlt, sondern im Credo „Nach mir die Sintflut“ agiert. Und so dürfte sich der Identitätskampf nach und nach zuspitzen, wenn in dieser Republik der Patriotismus in die Herzen und den Verstand all derjenigen zurückkehrt, die ihr Zuhause nicht einfach veräußern wollen. Jedes Volk auf diesem Globus hat sein Existenzrecht. Und daran werden auch Germanophobiker nichts ändern, denen der Niedergang ihrer Heimat auch deshalb egal ist, weil sie mit ihr noch nie etwas anfangen konnten.