Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Führungswechsel – Wagenknecht-Bündnis in Sachsen: Sabine Zimmermann hört als BSW-Vorsitzende auf“ (aus: „Sächsische Zeitung“ vom 10.09.2025)
„Gib Frieden, Herr, gib Frieden, die Welt nimmt schlimmen Lauf“, so schrieb es Dichter Jan Nooter in einem bekannten Kirchenlied, um wieder einmal mit geschichtsträchtigen Versen den Nerv der Gegenwart zu treffen. Denn nach Dekaden der verhältnismäßigen Ruhe sind seine Zeilen aktuell stimmiger und zutreffender denn je. An allen Ecken und Enden dieses Globus brennt es, insbesondere der russische Einmarsch in der Ukraine und der Militäreinsatz Israels im Gazastreifen bestimmen die täglichen Schlagzeilen mit teils bedrückender Brutalität. Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verschoben werden, dieses Ideal galt lange Zeit als ein Konsens im geografischen Kräfteverhältnis. Doch das Gleichgewicht geriet aus dem Ruder, als die NATO sich immer weiter nach Osten ausdehnte, der islamische Terror das Heilige Land mit Grausamkeit überzog. Wie soll man angesichts dessen noch Pazifist sein können, wird in den fortwährenden Kriegen oftmals betont, dass wir verteidigungsfähig bleiben müssten, um im Zweifel Putin vor dem Brandenburger Tor aufzuhalten, den Dschihadisten die Existenzgrundlage zu nehmen. Was bleibt an Tugend in einer Atmosphäre übrig, in der tüchtige Politlobbyisten die Jugend ans Gewehr und zur weiteren Unterstützung der Rüstungsindustrie aufrufen?
Diplomatie und Konfliktlösung sind wichtige Wahlkampfthemen im Osten!
Ist es angesichts dieser Verhältnisse angemessen und vertretbar, auch weiterhin die Diplomatie als hehrstes Instrument der Konfliktlösung hochzuhalten? Gerade im Osten sehnen sich viele Bürger auch heute noch nach einem Schweigen der Waffen, befürworten Kompromisse selbst dort, wo es schmerzhaft, ungerecht, aber gleichzeitig um der Menschenleben willen wie eine bittere Pille zu schlucken notwendig erscheint. Doch welche Kraft setzt sich mit Vehemenz für mehr Rationalität ein, betont den einzigen Ausweg von territorialen Zugeständnissen oder einer Zweistaatenlösung, um Interessen auf einem kleinstmöglichen Nenner der sich Einigens zusammenzuführen? Die AfD bleibt in ihrem Programm einigermaßen verklausuliert, betonte zur Bundestagswahl 2025 lediglich: „Unsere primären Interessen sind die Verhinderung neuer Massenmigration und eines kriegerischen Flächenbrands im Nahen Osten“. Wenig substanziell macht sie sich darüber hinaus für ein Infragestellen der „Waffenfinanzierung der Ukraine“ stark, ohne konkreter zu werden. Zwar betont sie auch die Notwendigkeit „friedlicher Konfliktbewältigung“, stellte aber bereits in der 19. Legislaturperiode den Antrag auf Reaktivierung der Wehrpflicht im Bundestag, wiederholt diesen Vorstoß auch momentan erneut.
Wehrpflicht und Ukraine-Kämpfer: Wie pazifistisch angehaucht ist die AfD wirklich?
Sie begründet einen derartigen Gleichklang mit Hardlinern um Friedrich Merz damit, „sich durch die Erfassung und Musterung der Bürger auf einen Aufwuchs in einem Spannungs- und Verteidigungsfall vorbereiten zu können“. Zwar stelle man sich ohne jeden Abstrich gegen sämtliche „Auslandsabenteuer“ unserer Armee, es gehe lediglich darum, „personelle Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte zu sichern“. Doch während man mit Timm Schramm einen Politiker in den eigenen Reihen als Freiwilligen in der ukrainischen Armee kämpfen und Parteifreunde als „Russenstusser“ kritisieren lässt, betont die Fraktion gleichzeitig, dass man „strikt gegen jede Interventionspolitik außerhalb des Bündnisgebiets“ sei. Glaubwürdigkeit und Kontinuität sehen augenscheinlich anders aus, weshalb sich nicht nur manch ein Souverän von Mecklenburg-Vorpommern über Sachsen oder Brandenburg bis nach Thüringen fragt, ob es angesichts solcher Unstetigkeit unter der Führung von Alice Weidel und Tino Chrupalla einer Alternative zur Alternative bedarf, welche einmütiger und konsequenter für ihre Prinzipien einsteht. Kann vielleicht das Bündnis Sahra Wagenknecht diese Lücke füllen? Und sind die über das Außenpolitische hinausgehenden Forderungen ihres „Babys“ für Konservative hinnehmbar?
Bei Frieden klare Kante zeigen, um in Sachen Migration nicht aus dem Quark zu kommen…
Jüngst artikulierte man: „Es braucht in Deutschland eine starke Friedensbewegung, die sich gegen Hochrüstung, Wehrpflicht und Militarisierung stark macht“. Die Frontfrau machte als Parteigründerin und Linken-Ikone zudem die klare Ansage: „Es wäre Deutschlands Verantwortung als führendes europäisches Land, den Weg der Verständigung und Annäherung einzuschlagen, statt die Konfrontation mit Russland zu verschärfen. Wer allen Ernstes fordert, deutsche Soldaten in der Ukraine zu stationieren, der will Krieg. Ein solches Himmelfahrtskommando muss auf jeden Fall verhindert werden“. Im gleichen Zusammenhang will sie uns jedoch erklären, warum „die Debatte über Sozialkürzungen verlogen ist“. Natürlich sollten die Milliarden, welche nach Kiew abfließen, in Wachstum und Wohlstand bei uns investiert werden. Doch würde das BSW hierfür garantieren, wenn es scheinbar Reformen beim Bürgergeld allzu distanziert gegenübersteht? Wo ist die Unmissverständlichkeit gegenüber dem Missbrauch von Transferleistungen durch vermeintlich „Schutzsuchende? Was soll der mündige Beobachter mit Floskeln wie „Wer in seiner Heimat politisch verfolgt wird, hat Anspruch auf Asyl. Aber Migration ist nicht die Lösung für das Problem der Armut auf unserer Welt“ anfangen?