Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Übernahme scheitert, Mitarbeiter werden gekündigt: Das Herz-Zentrum steht doch vor dem Aus“ (aus: SÜDKURIER vom 27.11.2025)
Es ist nur ein Beispiel von vielen: Nach langen Verhandlungen ist die Rettung des „Herzzentrums Bodensee“ in Konstanz gescheitert. Als regionale Spezialeinrichtung der Kardiologie galt es als ein wichtiger Standort für die Therapie von Betroffenen in Südbaden, musste jedoch am 4. Juli 2025 Insolvenz anmelden. Bemühungen führten nicht zum Erfolg, beispielsweise mit einem landkreisweiten Trägerverbund einen neuen Geldgeber zu finden. Zwar sah es über weite Strecken nach einer Einigung aus, doch auf den letzten Metern konnte kein Konsens erzielt werden. Somit schließt der Betrieb zum 31. Dezember, um noch laufende Maßnahmen zu Ende zu führen. Ab dem neuen Jahr sollen die entsprechende Fachabteilung des städtischen Krankenhauses sowie die Außenstelle der Uniklinik Freiburg im 140 Kilometer entfernten Bad Krozingen die Behandlung übernehmen. In Notfällen könnte damit wichtige Zeit auf den Transport mit dem Hubschrauber entfallen. 150 Beschäftigte verlieren darüber hinaus ihren Job, wie sozialverträglich die Abwicklung des Unternehmens aussehen wird, scheint im Augenblick mehr als ungewiss. Trotz einer gestarteten Petition und politischem Rückhalt wird nun also ein weiterer Baustein in der wohnortnahen Patientenversorgung von der Landkarte verschwinden.
Das Phänomen des Kliniksterbens hat strukturelle wie finanzielle Ursachen gleichermaßen!
Als Ursachen für die Entwicklung gelten altbekannte Probleme im Medizinwesen allgemein: Neben steigenden Kosten für Energie und Personal litt man unter einer chronischen Unterfinanzierung durch die gesetzlichen Krankenkassen. Das wirtschaftliche Minus wuchs an, man war auf profitable Operationen angewiesen. Letztlich fehlte es an einer Übereinkunft über die Höhe der Miete und zur Unterstützung der notwendigen Fachtechniker. Eigentümer, Betriebsrat und Belegschaft gelangten nicht zu einem Kompromiss, obwohl mit großer Hingabe gekämpft wurde. Kritiker bemängeln schlechte Rahmenbedingungen, Interventionen aus dem zuständigen Ministerium in Stuttgart kamen spät. Die Schieflage in den kommunalen Haushalten dürfte ebenso eine Rolle gespielt haben wie ausbleibende Flexibilität potenzieller Investoren. Allein in diesem Jahr mussten 20 Kliniken aufgrund von systematischen Defiziten die Tore schließen, weil Fallpauschalen Volumen statt Qualität belohnen, um oftmals die realen Kosten nicht einmal annähernd abzudecken. Profitorientierung und Sparzwänge sind nicht zuletzt staatlich gewollt. Dominoeffekte könnten die Folge sein, die wegbrechende Gesundheitsarchitektur Menschenleben gefährden. Doch das Wegsehen der Verantwortlichen ist auch an dieser Stelle wiederum immens.
Wer die medizinische Infrastruktur effizienter gestalten will, braucht einen durchdachten Plan!
Wer an der galoppierenden Ausdünnung der Krankenhauslandschaft etwas ändern möchte, der kommt um die Einführung einer echten Vorhaltefinanzierung genauso wenig herum wie um eine Hinwendung zu Qualitäts- und Bedarfsorientierung statt dem Beharren auf einen bloßen Behandlungsanreiz. Mit schnelleren und höheren Pflegebudgets sowie einer Tariftreuepflicht könnten Nachzahlungen in Milliardenhöhe verhindert werden, ein Inflationsausgleich scheint ebenso angezeigt wie das Subventionieren von Modernisierungsabsichten. Zwar gibt es durchaus Argumente dafür, dass Zentralisierung nicht nur zu mehr ökonomischer Effizienz, sondern auch zu weniger Sterbefällen beitragen würde. Denn viele OPs werden dort durchgeführt, wo aufgrund fehlender Routine und Erfahrung das sogenannte Volumen-Outcome-Verhältnis schwach ist. Bedenkt man, dass die Klinikdichte in Deutschland mit seinen 84 Millionen Einwohnern bei 1.700 im Vergleich zu den Niederlanden mit 18 Millionen und 80 Einrichtungen liegt, ist eine Konzentration durchaus sinnvoll. Denn Überkapazitäten zersplittern und machen Standorte teuer. Wer sie allerdings abbauen will, sollte dies nach einem festgelegten Plan tun. Was momentan passiert, ist dagegen das unkontrollierte Abwickeln einer funktionierenden Infrastruktur.







