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Erhebliches Potenzial, ungenutzte Chancen: Wird die AfD zu mehr Programm und Einigkeit finden, um sich regierungsfit zu machen?

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „AfD-Bewerber unterliegen in NRW – CDU gewinnt erstmals gegen SPD in Dortmund – Grüne holen Münster“ (aus: WELT vom 29.09.2025)

Auch wenn die Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen für die AfD enttäuschend ausgefallen sind, so scheint der Siegeszug der Partei im Osten weiterhin ungebrochen. Bei den kommunalen Abstimmungen im brandenburgischen Rheinsberg kam der von der Alternative für Deutschland unterstützte Kandidat Frank-Rudi Schwochow auf 65,2 Prozent. In Oranienburg erhielt die Wettbewerberin der Blauen 28 Prozent, die Konkurrentin der SPD nur 19 Prozent. In Eisenhüttenstadt errang Maik Diepold 38 Prozent, vielerorts werden endgültige Resultate erst in einem zweiten Durchgang ermittelt. Und der bekannte Hauptstadtjournalist Gabor Steingart hat sich jüngst zu der Aussage entschieden, dass man auf Bundesebene 2029 wohl nicht umhinkommt, im Berliner Parlament über eine Kanzlerin Weidel zu votieren, sollte diese vom Souverän mehrheitlich präferiert werden. Sind die Zeichen also tatsächlich auf Wende gestellt? Und haben im Vorfeld des 3. Oktobers auch die „alten“ Länder verstanden, dass es mit den etablierten Kräften in jeglicher Konstellation bei einem „Weiter so“ bleibt?

Aus einem bloßen Potenzial können weitere Wählerschichten erschlossen werden…

Dass sich unser Völkchen aufgrund der dunklen Kapitel der Vergangenheit mit klaren Veränderungen schwertut, zeigt manche Lethargie im Vergleich zu Frankreich oder Großbritannien, wo sich die Menschen deutlich leichter vom Sofa wegbewegen lassen, um auf der Straße gegen Missstände zu protestieren. Doch ein Erwachen aus dem Dornröschenschlaf ist auch bei uns nicht gänzlich ausgeschlossen. Allein in Mecklenburg-Vorpommern wird das generelle Potenzial für den dortigen Spitzenkandidaten Leif-Erik Holm auf bis zu 48 Prozent geschätzt. Von Nord nach Süd sehen Umfragen einen Wert von bis zu 34 Prozent. Das bedeutet: Lässt sich der Bürger mobilisieren, könnte die AfD weitere sieben bis acht zusätzliche Punkte erringen, als ihr in den Meinungserhebungen derzeit als gesichert zustehend ermittelt wurden. Entscheidende Faktoren, das Fundament noch verbreitern zu können, liegen einerseits in der Außendarstellung, die sich nicht überall als geschlossen zeigt, was eine entgleiste Veranstaltung im Landesverband Niedersachsen jüngst belegte.

Die AfD benötigt eine breite inhaltliche Aufstellung, um für die Exekutive gerüstet zu sein!

Auf der anderen Seite braucht es programmatische Untermauerung. In vielen Aspekten der tagesaktuellen Politik scheint es bislang an gemeinsamen Antworten zu fehlen. Nicht nur hinsichtlich der Ukraine oder dem Nahen Osten gehen intern die Ansichten auseinander. Das Beschränken auf die schlichte Forderung der Remigration wird nicht ausreichen, um auch jene überzeugen zu können, die hinsichtlich maroder Schulen und Straßen, kontinuierlichen Wirtschaftsabschwungs und unsicherer Renten, Altersarmut und Mietpreisexplosionen, Sicherheit und Pressefreiheit Fragen haben. Auch wenn in vielen Fällen der Tabubruch der Angela Merkel von 2015 die Mutter der Probleme ist, wird es kaum genügen, sich ausschließlich auf mehr Abschiebungen als Lösung zu fokussieren. Es wäre zu wünschen, dass die ungeliebte Opposition in Regierungsverantwortung kommt, um nicht nur zu beweisen, ob sie Exekutive kann. Sondern insbesondere, sich thematisch in zahlreichen Aspekten deutlich aufzustellen, wo es auf der fachlichen Landkarte bislang noch viele weiße Flecken gibt.