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Vom seriösen OB-Kandidaten zum militanten Bundestagspöbler: Luigi Pantisano zwischen „Antifascista“-Rufen und „Hitlerjugend“-Revival…

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Linken-Abgeordneter kritisiert nicht nur mögliche Satire-Rede der AfD-Jugend“ (aus: „Frankfurter Rundschau“ vom 01.12.2025)

Oftmals braucht es eine gewisse Zeit, um Menschen ihrer wahren Gesinnung entlarven zu können. Ich kam einst aus dem sogenannten progressiven Spektrum, um Parteien zu unterstützen, die sich für soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und strategischen Pazifismus einsetzten. Doch seitdem ich als Flüchtlingshelfer und Integrationsbeauftragter mit manch einer Realität über den konsequenten Missbrauch unseres Asylwesens konfrontiert wurde, gleichzeitig miterleben musste, wie Klimahysterie den Umweltschutz verdrängte, die Forderung nach beliebiger Geschlechtervielfalt den Anspruch an binäre Gleichberechtigung ersetzte und Solidarität zu einer Einbahnstraße des alleinigen Förderns von vermeintlich Abgehängten degradiert wurde, hat sich meine politische Verortung grundständig gedreht. So muss ich heute kritisch hinterfragen, was ich noch vor ein paar Jahren als hehren Auftrag sah. Und nicht zuletzt ist es ein schmerzlicher wie ehrlicher Prozess, unter anderem auch einzugestehen, zu lange auf Personen vertraut zu haben, über deren ideologische Radikalisierung ich mittlerweile nur noch den Kopf schütteln kann.

Konstanz ist nur knapp dem realsozialistischen Umbruch entkommen…

So ergeht es mir beispielsweise beim derzeitigen Bundestagsabgeordneten Luigi Pantisano. Einst hatte ich ihm aus Mangel an geeigneten Gegenkandidaten als Anwärter auf das Oberbürgermeisteramt meiner Heimatstadt Konstanz tatkräftig beiseite gestanden. Der einstige Stadtrat im Stuttgarter Gemeindeparlament, der zeitweise als Referent für Bernd Riexinger arbeitete und eine lange Laufbahn auf kommunaler Ebene hinter sich hat, wurde 2025 als Mandatar gewählt und nach Berlin entsandt. Dort ist er mittlerweile stellvertretender Fraktionsvorsitzender unter Heidi Reichinnek, positioniert sich als vehementer Kämpfer gegen „Rassismus und Faschismus“. Am Bodensee unterlag er knapp dem CDU-Amtsinhaber Ulrich Burchardt in der Stichwahl. Doch schon damals galt ihm der Anwurf, mit extremen Forderungen auf sich aufmerksam gemacht zu haben. Der frühere Quartiersmanager pflegt weiterhin Beziehungen nach Südbaden, polarisiert nicht durch klassisches Skandale, sondern sein bisweilen entgleistes Temperament. Noch immer sieht er sich als Sieger in einer Kampagne, die einen Linksrutsch im „Ländle“ verhindern wollte.

Eine ziemlich einfache Denke: Wer nicht links ist, ist Faschist?

Wie sehr sich der Familienvater auf Abwege begeben hat, zeigt nicht zuletzt ein Vorkommnis aus dem November 2025, als er die neu gegründete Nachwuchsorganisation der AfD als „Generation Hitlerjugend“ diffamierte. Er wollte sich dabei nicht auf ein augenscheinliches U-Boot beschränken, das auf dem Bundeskongress mit einem rollenden „R“ in Goebbels-Manier auftrat, sondern erweiterte seinen Vorhalt auf „all deren Reden“. Schon im August 2025 hatte er mit einem Angriff auf Boris Palmer für Aufsehen gesorgt, als er den Tübinger im Zusammenhang eins geplanten Streitgesprächs mit dem „blauen“ Landeschef Frohnmaier als „willigen Helfer der Faschisten“ und „Paradebeispiel für ‚den Deutschen‘, der nach 45 nichts gewusst haben will“ beschimpfte. Im Oktober 2023 fuhr er Olaf Scholz nach dessen Distanzierung von der Seenotrettung mit dem Ausspruch „Wehret den Anfängen am Arsch! Dieser Feigling ist unser Kanzler und er knickt ein vor einer Postfaschistin!“ an, womit Alice Weidel gemeint war. Ohne Wortgewalt scheint er nicht auszukommen, präsentiert regelmäßig den ikonischen wie demaskierenden Schlachtruf „Alerta, Alerta, Antifascista!“.

Der Hang zu radikalen und militanten Schlachtrufen zeugt nicht von politischer Qualität…

Mit der offensichtlichen Relativierung der Geschichte hat er kein Problem, erkennt er in einer bis heute nicht verbotene Opposition die Nazis der Gegenwart. Der Sohn italienischer Gastarbeiter wird für seine Massenmobilisierung gefeiert, gleichzeitig als zu militant für das Berliner Plenum angesehen. Sein häufiger Hinweis, sich „widersetzen zu wollen auf jeder Straße und im Parlament“, kann bei reflektierender Betrachtung durchaus als ein Ansporn zur Aufwiegelung verstanden werden. Sein emotionaler und konfrontativer Stil darf lediglich euphemistisch als eine Symbolik des zivilen Ungehorsams gelten. Der Architekt prophezeit „Gewalt gegen Migrant*innen“ im Falle einer Regierung unter Führung der Alternative für Deutschland, bekennt sich unmissverständlich zum Vorstoß deren Verbots. Er will „Hass stoppen“, nimmt im Zusammenhang mit der AfD Vokabeln wie „Machtergreifung“ in den Mund. Seine Zwischenrufe sind von schlichter Polemik getragen, neben den Allgemeinplätzen „Wohnen ist Menschenrecht!“, „Transformation“ und „Reichtum umverteilen!“ sucht man nach politischen Inhalten oft vergeblich – wohl kaum überraschend.