Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Deutschlandflaggen an Schulen und Amtsgebäuden? AfD-Vorschlag sorgt für Kritik“ (aus: SÜDKURIER vom 12.12.2025)
Der politische Betrieb ist kein Streichelzoo. Da werden harte Bandagen angezogen, man muss manch einen Seitenhieb ertragen. Rücksicht auf Befindlichkeiten kann es dort nicht geben, wo es nur die mahnenden und deutlichen Worte sind, die die Verantwortlichen und den Wähler aufrütteln. Und dann mag es für den ein oder anderen Geschmack zu populistisch, polemisch oder polarisierend gewesen sein, was der Fraktionschef der AfD im Kreistag von Konstanz jüngst mit Blick auf den Antrag seiner Partei zum dauerhaften Hissen der Nationalflagge an staatlichen Gebäuden und Schulen in öffentlicher Trägerschaft sagte. Michael Stauch griff das Vokabular der „vaterlandslosen Gesellen“ auf, ein historisches Schimpfwort aus der Zeit des Deutschen Kaiserreichs, das stark wilhelminisch geprägt ist, doch als Terminus auch von Schriftsteller Ludwig Thoma im Rahmen eines Gedichts zu den „reichen Kapitalisten 1913“ angewandt wurde. Ursprünglich gegen die Sozialdemokratie gerichtet, taucht es auch in der Gegenwart häufiger auf, insbesondere im Zusammenhang mit einem Verlust von Heimatliebe der nachfolgenden Generation. Wer sich an ihm stört, der will eine Debatte darüber tabuisieren, wohin der Weg der gesellschaftlichen Zerstreutheit führen soll.
Statt über Worte zu sprechen, wäre eine Diskussion über die deutsche Identitätskrise nötig!
Dass sich der Prokurist in seinen Ausführungen an linksindoktrinierte Jugendliche wandte, denen man nicht zuletzt wieder „Respekt“ vor dem Symbol von Einigkeit und Recht und Freiheit „beibringen“ müsse, war eigentlich jedem klar, der die Stoßrichtung des Antrags unter dem Titel „Unser Land, unsere Regeln“ verstanden hatte. Ohne Identifikation wird Eingliederung nicht gelingen, Leuchttürme und Ankerpunkte sind der Kitt eines jeden Miteinanders. Das Integrieren von In- und Ausländern hängt maßgeblich von der Anerkennung der Souveränität unseres Volkes, seiner Kultur, der Tradition, von Brauchtum, Normen und Werten ab. Man muss sich nur in der Welt umhören, wird man nahezu überall auf Kopfschütteln stoßen, dass die Bundesrepublik ein Problem damit hat, die in Artikel 22 Absatz 2 des Grundgesetzes beschriebene Fahne selbstbewusst zur Schau zu stellen. Man sieht die ukrainischen, die israelischen, die bunten oder die EU-Farben vor Rathäusern und auf Ministerien. Gleichzeitig muss die Scham vor Stolz auf die vielen Errungenschaften, Leistungen, Verdienste oder Erfolge abseits der dunklen Kapitel in der Geschichte riesig sein, wird mit einem klaren Bekenntnis gehadert, das Ansinnen der Partei durch die Mehrheit abgeschmettert.
Dass Deutschland seine eigene Flagge schmäht, muss eigentlich zu denken geben…
Was anderenorts auf diesem Globus natürlich ist, wird bei uns zu einer Abwägungsfrage. Dabei ist die Verfassung unmissverständlich, denn der Regenbogen findet sich in ihr nicht. Man wird das Attest einer Entfremdung zwischen erheblichen Teilen des Nachwuchses und ihren Wurzeln kaum leugnen können, lässt man sich heutzutage mit Palästinenser-Schal ablichten, empfindet Schwarz-Rot-Gold als „igitt“. Nicht nur „progressive“ Influencer leben die Verachtung vor Ursprung und Herkunft vor. Selbst Lehrkräfte und Eltern sehen sich einer reflexartigen Ablehnung des Patriotismus verpflichtet, die Orientierungslosigkeit in einer Gegenwart von Vielfalt und Toleranz ist enorm, wird das Erbe vor allem auf 12 Jahre Diktatur reduziert. Und so war es wenig überraschend, dass die örtliche Regionalzeitung „Südkurier“ die Einlassungen der Alternative für Deutschland im Plenum skandalisierte, statt sich ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen, welche Ursachen steigende Kriminalität in der heranreifenden Alterskohorte hat, warum der Zulauf zur Antifa in dieser Gruppe besonders groß ist. Wieder einmal werden Nebelkerzen zur Ablenkung gezündet, Empörung beschworen, schnappend geatmet. Journalismus ist das nicht, wohl aber Sensationsberichterstattung.







