Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Bundestagsvize Bodo Ramelow behauptet: Jesus würde die Linke wählen“ (aus: „Apollo News“ vom 26.12.2025)
Ich muss immer wieder neu zu meiner Schande gestehen, dass ich – wie viele Kollegen bis heute – in früheren Zeiten auf der progressiven Seite des politischen Spektrums stand. Insbesondere aufgrund des Einsatzes für soziale Ausgeglichenheit, den internationalen Frieden und eine nachhaltige Umweltstrategie galt meine Stimme auf dem Wahlzettel unter anderem den Grünen. Gleichzeitig war ich seit jeher ein religiöser Mensch, wollte einst sogar Theologe werden. Deshalb sind mir die Versuche nicht unbekannt, welche nunmehr von Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow unternommen werden. Der Thüringer Ministerpräsident a.D. trommelt Lobbyisten zusammen, sucht vor Jahresschluss nach prominenten Fürsprechern.
Er zeigt sich in jüngsten Einlassungen rund um Weihnachten überzeugt davon, Jesus sei ein Linker gewesen, hätte seine Partei gewählt oder unterstützt. Wie oft schon gab es diese Versuche der Instrumentalisierung, liefen sie jedes Mal ins Leere, sagte der später Gekreuzigte doch schon in Johannes 18,36: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“. Er gab sich stets apolitisch, hätte sich nie in eine bestimmte ideologische Anschauung drängen lassen. Sein Denken war weder sozialistisch noch kapitalistisch, nicht liberal und auch nicht konservativ. „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“, unterstreicht Matthäus die Trennung von Bekenntnis und Staat, explizit auch in der Moderne.
Jesus hat sich stets der Vereinnahmung verweigert, sowohl gegenüber links wie rechts…
Natürlich wäre es ein namhaftes Aushängeschild, eine passende Werbefigur, könnte man sich den Messias mit Hammer und Sichel auf den Autodeckel kleben. Doch wie schamlos und dreist ist es, einen Erlöser für seine Zwecke zu missbrauchen. Offenbar genügt Heidi Reichinnek nicht mehr, um als Ikone bei den Anhängern und Loyalisten durchzudringen. Jetzt greift man sogar nach den Sternen, zumindest jenem von Bethlehem. Wenn es denn schon irgendeine Ausrichtung des Herrn gab, dann galt sie dem traditionellen Familienbild, der Betonung einer bewahrenden Moral, der Lehre von der Obrigkeit des Allmächtigen. Tugenden, die in einer woken, queeren, antiautoritären Mentalität den Heiligenschein stören.
Es kann überhaupt nicht zu ihm passen, einen Gedanken daran zu verschwenden, für jene in die Bresche zu springen, in deren Reihen sich offen bekennende Antisemiten und Anhänger der einstigen SED versammeln, die Gläubige verfolgen ließ. Schon das Kind in der Krippe stand auf Kriegsfuß mit Unterdrückung, die Händler im Tempel würden nicht nur den 69-jährigen vor die Türe jagen. „Es waren aber auch falsche Propheten unter dem Volk, wie auch unter euch sein werden falsche Lehrer […]; die werden […] herbeiführen ein schnelles Verderben“, so unterstreicht es der 2. Petrusbrief. Schöne Worte lassen uns Fairness durch Umverteilung glauben, doch Gleichheit verführt zu Schmierarchie.
Vergesellschaftung war nicht gemeint, als es um das Begehren des nächsten Weibes ging…
Die Spalter im Klassenkampf sind die Sämänner des Unkrauts, die Protagonisten aus dem Gleichnis des Matthäusevangeliums. Sie haben nichts gemein mit der Einheit, die das Neue Testament verkündet. Wer den Mammon in das Zentrum seines Programms stellt, der ist weit weg vom Fokus auf die Spiritualität. Das Goldene Kalb der Gerechten ist der Staat, er gilt als Ersatz für die Nächstenliebe. Wie verhält es sich zudem mit dem Gebot „Du sollst nicht begehren deines nächsten Haus?“. Neid auf das Eigentum der Anderen gehört zu einer Ursünde, Respekt vor dem Besitz des Gegenübers lässt sich mit Enteignung nicht vereinbaren. Der natürliche Anreiz zur Vergesellschaftung ist bibelfremd.
Wirft man zudem einen Blick in den 2. Thessalonicherbrief, dann vernehmen wir dort: „Denn als wir bei euch waren, geboten wir euch: Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen“. Es sich langfristig auf Kosten des Steuerzahlers in der Hängematte gemütlich zu machen, nur das Fördern zu genießen, statt dem Fordern nachzukommen, das ist nicht kompatibel mit dem Schriftverständnis von Solidarität. Und auch die Erzählung der anvertrauten Talente sind Aufruf zum Bemühen, aus seinen Fähigkeiten etwas zu machen, sich nicht auf die faule Haut zu legen, die persönliche Entfaltung weder der öffentlichen Hand noch dem Leistungsträger von nebenan zu überlassen. Und vor allem, den Christensohn nicht zu gebrauchen.







