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„Da können Sie sich bei Ihren Kollegen bedanken“: Das Kammscheren und Topfwerfen der AfD-Sympathisanten, wenn es um „Journos“ geht…

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Ein Werk der ‚Lügenpresse‘?: Wie ich versehentlich der AfD in die Hände spielte“ (aus: „Tagesspiegel“ vom 23.11.2025)

Einen Sündenbock suchen, ihn in Sippenhaft nehmen: Wer zur Pauschalisierung neigt, tut Menschen oftmals Unrecht, die dafür büßen sollen, einer bestimmten sozialen Gruppe anzugehören. Seit Monaten erlebe ich auf Plattformen wie X die immer gleichen Schmähungen, insbesondere von Anhängern, Unterstützern und Funktionären der Alternative für Deutschland. Denn Ihr Credo scheint klar: Journalisten gehören per se zur nicht zuletzt von Höcke suggestierten Lügenpresse. Nicht umsonst betreibt man eigene Kanäle und Portale, vertraut lediglich nahestehenden Medienhäusern, bei denen man sich Linientreue zu jedem Augenblick sicher sein kann. Da hatte ich mich mit Leidenschaft dafür eingesetzt, jene Kollegen auch öffentlich anzuprangern, die sich mit Vehemenz gegen die publizistischen Grundsätze stellen, weil sie zur Sensationsberichterstattung neigen, Skandale und Affären heraufbeschwören. Zuletzt ging meine deutliche Verachtung in Richtung des Podcasters von „Politico“, Gordon Repinski, der mit Suggestiv- und Fangfragen den sachsen-anhaltinischen Spitzenkandidaten Ulrich Siegmund aufs Glatteis locken wollte, um ihm eine Relativierung des Holocausts entlocken zu können. Gelungen ist ihm dies nicht, denn er hat sich mit seiner Interviewführung entlarvt.

Die AfD scheint keine externen Fürsprecher mehr zu brauchen, sie hat ihre eigenen…

Doch dass ich mich wiederkehrend und fundamental von einer solchen Arbeitsweise distanziere und mit großer Hingabe mein Verständnis der vierten Gewalt entgegensetze, scheint diejenigen nicht zu interessieren, welche am Ende nicht viel besser sind als die Hypermoralisten von „unserer Demokratie“. Denn das Schwarz-Weiß-Denken floriert auch unter den Hardlinern der AfD. Entweder machst du dich mit ihrer Sache gemein – oder du landest in einem gemeinsamen Topf der „Systemlinge“. Völlig vergessen, dass die schreibende Zunft eigentlich der Unabhängigkeit und Objektivität verschrieben ist, erwartet man Kritiklosigkeit. Aber selbige wird es mit mir nicht geben. Da kann man mich noch so oft darauf hinweisen, dass ich mich für Skepsis bei meiner Branche bedanken sollte. Schließlich ist es nicht meine Verantwortung, wie sehr der öffentlich-rechtliche Rundfunk unseren Ethos mit Füßen tritt. Man will mir einreden, ich sei ja selbst schuld, habe den „falschen“ Beruf ergriffen. Was unterscheidet diese Mentalität noch von jener, die man – völlig berechtigt – der Gegenseite vorwirft, wenn man in „wir“ und „die“, in die „Guten“ und „Bösen“ unterteilt? Da werden ebenfalls Schubladen aufgetan, Schablonen definiert. Man schert den Einzelnen wegen seiner Qualifikation über einen gemeinsamen Kamm.

„Schwarz-Weiß-Denken“ gibt es eben nicht nur bei den selbsternannten „Guten“…

Ich habe einfach Pech gehabt, ein anderer Job wäre möglich gewesen. Nun dürfe ich mich auch nicht beschweren, dass ich trotz 850 bisher erschienenen Artikeln voller Fairness und Wohlwollen für die „Blauen“ exakt von diesen gemieden, ignoriert, geächtet und degradiert werde. Denn es scheint mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass intern die Maßgabe existiert, mit Leuten aus der Öffentlichkeitsarbeit prinzipiell nicht zu kommunizieren, auf ihre Beiträge auch dann nicht zu antworten, sie zu liken oder gar zu reposten, wenn sie noch so positiv konnotiert sind. Die Partei hat bei mir massiv an Vertrauen eingebüßt, weil sie sich genau als das Gegenteil von dem erweist, was sie nach außen darzustellen vermag. Sie wendet die gleichen Taktiken und Mechanismen an, die sie dem Establishment vorwirft. Man wird von mir hoffentlich nicht erwarten, dass ich mir noch irgendeinen Zacken aus der Krone breche, mich weiterhin um konstruktive Porträts ihrer Amts- und Mandatsträger bemühe, wenn diese einerseits ohne Resonanz und Aufmerksamkeit bleiben, andererseits sogar dazu führen, mit dem Etikett des Mistkratzers versehen zu werden. Es besteht offenbar kein Bedarf mehr an externen Multiplikatoren, man zieht sich in den legendären Elfenbeinturm, in die Opferrolle zurück.

Ich benötige Zeit, um mein Verhältnis zur Alternative für Deutschland zu klären…

Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Die Welt kann so einfach sein. Eine politische Kraft, die nicht einmal des Differenzierens mächtig ist, sondern einen Zeitgeist der Spaltung und Polarisierung fördert, indem sie Klischees und Ressentiments nacheifert, ohne sich ein eigenes Bild gemacht zu haben, sondern im schlichten Wissen darum, Schreiberlinge seien eben doch alle gleich, hat zumindest bei mir jegliche Vorschusslorbeeren verspielt. Der mangelnde Duktus des Kontrastierens gleicht einer ziemlich plumpen Sitte der Simplizität, stellt wahrlich kein Aushängeschild dar. Es ist eher eine Bankrotterklärung, der Verallgemeinerung zu frönen. Wie es für mich selbst weitergeht, ob ich angesichts der massiven Herabwürdigung meiner Leistung,  der bestehenden Parkinson-Erkrankung, der algorithmischen Drosselung auf Twitter und Co., vielleicht doch gänzlich in die festgestellte Erwerbsunfähigkeit wechsele, um zu stricken und zu häkeln, das weiß ich bislang noch nicht. Inwieweit die AfD mein Kreuz auf dem Stimmzettel erhält, darüber muss ich genauso nachdenken wie über den Aspekt, ob es im Jahr 2025 überhaupt noch Sinn macht, sich als Einzelkämpfer ohne grenzenlose Solidarität mit einer bestimmten Ideologie sämtlichen Gegenwinden auszusetzen. Einmal abwarten.