Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Rechtsgrün vereint im Israel-Hass – warum das Greta-Compact-Foto Bände spricht“ (aus: „NiUS“ vom 07.09.2025)
Wie sehr verbreitet ist es in der journalistischen Branche, sich gegenseitig „ans Bein zu pinkeln“? Mit dieser sehr deutlich und hart formulierten Frage will ich auf einen Umstand hinweisen, der ausgerechnet in jener Zeit mehr denn je an Bedeutung zu gewinnen scheint, in welcher sich auch die Presseschaffenden zuallererst an den Regierenden und Mächtigen abarbeiten sollten, statt sich als Verräter und Dolchstößer gegenüber den eigenen Kollegen einen Namen zu machen. Natürlich kann das demonstrative Auftreten des russophil angehauchten „Compact“-Korrespondenten Dominik Reichert auf ein gewisses Unverständnis stoßen, hat er sich jüngst auf einem Bild mit Klima-Ikone Thunberg präsentiert, um seine Solidarität mit ihrem Palästina-Aktivismus zu bekunden. In einem entsprechenden Post schrieb er dazu einigermaßen provokativ und in gewisser Subtilität: „Wer Greta im Jahr 2025 noch hasst, ist entweder ein Zionist oder ein Mitläufer. Beides ist erbärmlich“.
Gerade im historisch diffizilen Nahost-Konflikt sind die Schattierungen nicht schwarz-weiß!
Man muss mit dieser Aussage keinesfalls konformgehen, ist es nach unabhängigem Dafürhalten ohnehin eine der schwierigsten Aufgaben und Anforderungen, sich in einem fremden Konflikt und kaum überschaubaren Krieg einer möglichst ausgeprägten Vogelperspektive zu bedienen, welcher von allzu viel Propaganda unterschiedlichster Seiten dominiert und überschattet wird. Ob im Gazastreifen ein Genozid stattfindet, darüber lässt sich als außenstehender Laie in Sachen Völkerrecht kaum urteilen. Es existieren zahlreiche Hinweise für eine Dramatisierung der Lage durch die Hamas, haben auch die Vereinten Nationen, die EU und Oxfam lange damit gezögert, ganz offiziell von einer Hungersnot zu sprechen. Dass Jerusalem nach dem Überfall durch die Terroristen im Oktober 2023 mittlerweile den Pfad der Selbstverteidigung verlassen hat und in unverhältnismäßige Rachegelüste übergegangen ist, dafür mag zumindest aus emotionaler Sicht sehr viel sprechen.
Und so ist es prinzipiell auch nicht verachtenswert oder anrüchig, sich für das Schicksal von Zivilisten einzusetzen, die allerdings ihrerseits oftmals wenige Anstalten machen, um sich von der fanatischen Ideologie der Dschihadisten zu distanzieren. Die Übergänge zwischen dem kleinen Mann und dem kämpferischen Gotteskrieger scheinen im Nahen Osten oftmals fließend und schwerlich eine Trennung zu ermöglichen. Wäre es aber trotzdem zumutbar, dass Israel punktgenauer vorgeht, statt im Zweifel auch mannigfaltige Kollateralschäden an der Bevölkerung im schmalen Küstenabschnitt hinzunehmen, wenn man Ziele „neutralisiert“, die nicht selten von menschlichen Schutzschildern umringt werden? Auch diesbezüglich fehlt dem externen Betrachter die militärische Expertise. Was bei der Bewertung allerdings ebenfalls nicht leiten sollte, ist der reflexartige wie missionarische Verweis auf die hiesige Staatsräson und die dunklen Kapitel unserer Geschichte.
Journalisten, die gegen eigene Leute schießen, haben kein Pulver für die tägliche Arbeit mehr!
Und so bleibt die Berichterstattung von „NiUS“ über den genannten Reporter des vor kurzem noch einem Verbot durch Nancy Faeser entgangenen Periodikums ebenfalls von größter Tendenziosität getragen, lässt sich im entsprechenden Artikel der Vertraute des israelaffinen Julian Reichelt, Felix Perrefort, zu markanter Wortgewalt hinreißen. Demnach gelte „Compact“ als „rechtsextrem – und anders als bei inflationären Etikettierungen, mit denen man zu Recht vorsichtig sein sollte, trifft diese Einordnung hier zu. Das monatlich erscheinende Magazin kultiviert einen aggressiven Anti-Amerikanismus, einen ebenso aggressiven Anti-Zionismus und die Obsession einer ‚deutschen Souveränität‘, die angeblich gegen ‚imperiale Fesseln‘ des Westens errungen werden müsse“. Ist es diesbezüglich nur Neid, schlichte Missgunst oder plumpe Demagogie, hetzt man auf solch agitatorische Weise gegen den ideologischen Widersacher und publizistischen Konkurrenten an der Medienfront?
Herausgeber Elsässer wird bescheinigt, „in dieser Sicht Israel nicht als kleinen jüdischen Staat [erscheinen zu lassen], der sich in seiner historischen Heimstätte vielfältigen Bedrohungen erwehren muss, sondern als Speerspitze des ‚US-Imperialismus'“. Wie viele Plakative und Plattitüden möchte man noch aus dem Hut zaubern, um sich selbst einer plumpen Hörigkeit gegenüber Benjamin Netanjahu zu offenbaren? Polarisierung darf ausdrücklich nicht Zweck und Ansinnen von uns Schreiberlingen sein. Viel eher sind wir dazu ermutigt, uns im Geiste des oftmals kontextual verzerrt wiedergegebenen Zitats des früheren Tagesthemen-Moderators Hanns-Joachim Friedrichs mit „keiner Sache gemein zu machen“. Hiervon will der Autor des erwähnten Verrisses jedoch nichts wissen, kommt es ihm augenscheinlich alleine darauf an, als Anschwärzer und Denunziant bei denen Lorbeeren einzuheimsen, die von uns erwarten, was der Engländer als „Muckraker“ bezeichnet, nämlich Mistkratzer zu sein.