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Die Gefahr von Resignation und Desillusionierung: Wie das Bühnen-Aus des Kabarettisten Vince Ebert vor dem kollektiven Burnout mahnt!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Comedian Vince Ebert verkündet Bühnen-Aus, ‚weil die Stimmung in diesem Land immer bedrückender wird'“ (aus: „NiUS“ vom 04.12.2025)

Comedian Vince Ebert will nicht länger auf der Bühne stehen. Erst dieser Tage verkündete er sein Aus, spätestens mit dem Ende der Tour 2026. Seine Karriere möchte er danach mit Business-Vorträgen fortsetzen, die Zeit als Kabarettist soll der Vergangenheit angehören. Er begründet dies mit einer zunehmend bedrückenden Stimmung in Deutschland, in der es immer schwerer falle, Humor zu entwickeln. Letztlich habe er alles gesagt, wolle nicht als zynischer Nörgler oder verbitterter Kommentator enden. Parallel verweist er auf die sogenannte „Cancel Culture“, die auch bei ihm fast schon zugeschlagen habe. Schließlich gäbe es immer öfter Anrufe bei Theatern und Veranstaltern, sollen seine Auftritte im Vorfeld auf den Prüfstand gestellt werden. Das Problem liege allerdings nicht bei den „Irren“, die diese Denunziation betreiben, sondern bei jenen, die darauf reagierten und ihnen Folge leisteten. In welch einer Atmosphäre leben wir also im Augenblick, machen sich Lethargie und Ernüchterung breit, dass sich gewisse Zustände auf absehbare Zeit wohl nicht ändern lassen? Ist es angesichts dieser extremen Polarisierung, der Spaltung und Zerrüttung, aber auch der Behäbigkeit vieler Bürger, nachvollziehbar und verständlich, die Sinnhaftigkeit der eigenen Berufung in Frage zu stellen?

Es wird tatsächlich mühselig, gegen scheinbare Windmühlen zu argumentieren…

Tatsächlich empfinde auch ich einen gewissen Trott, bin mir unsicher, ob ich mit dem täglichen Anschreiben gegen all die Missstände in der Republik wirklich etwas reißen kann. Die Umfragen scheinen sich in einem gewissen Rahmen einzupendeln, die Nachrichtenlage bringt kaum mehr Abwechslung. Da darf man durchaus ins Grübeln kommen, inwieweit man seine Kraft und Energie nicht besser in Projekte investiert, die unmittelbare Resonanz bringen. Ist der Drops gelutscht, sind die Argumente ausgetauscht? Kann man nach wie vor Menschen erreichen, sie vom Gegenteil überzeugen? Oder müssen sich Künstler wie Journalisten gleichermaßen eingestehen, dass ihre Arbeit fortan ins Leere geht? Vielleicht sind die wesentlichen Fragestellungen längst entscheidungsreif. Aber weil es Teilen unserer Gesellschaft nicht zum ersten Mal an Mut und Courage fehlt, über ihren Schatten zu springen, sich weder von Kontaktschuld noch Manipulation durch jene beeindrucken zu lassen, die auf ein „Weiter so“ drängen, ist der Glaube daran, dass wir gemeinsam die Kurve kriegen können, weitgehend verflogen. Allerdings war Resignation nie ein guter Ratgeber, wenngleich sie als Gefühl allzu legitim und angemessen ist. Durchhaltevermögen kann eine Zumutung sein, ohne Zweifel, aber es lohnt sich.

Die Geschichte lehrt uns, dass oftmals langer Atem nötig ist, um den Wandel zu vollenden…

Denn wir haben auch eine solidarische Verantwortung, die das individuelle Befinden einer eingeschliffenen Situation nachordnen sollte. Eine gewisse Beharrlichkeit und Regelmäßigkeit können das Konfrontieren und Spiegeln der Öffentlichkeit mit den Problemen und Herausforderungen durchaus zum Erfolg bringen, nämlich einem sukzessiven Umdenken, das auch in autoritären Regimen selten ad hoc stattfand. Wandel durch Kontinuität und Penetranz funktionierte nicht nur in der DDR. Wer hatte daran gedacht, dass sich Hartnäckigkeit auszahlen würde, als plötzlich die Mauer fiel. Es sind diese Beispiele aus der Vergangenheit, die uns Zuversicht geben, wenn wir gerade am Verzweifeln sind. Jedem ist es in unserem liberalen Miteinander erlaubt, irgendwann die gemeinschaftliche Tugend den persönlichen Interessen hintanzustellen. Ich habe mich nach intensivem Ringen entschlossen, ungeachtet des toxischen Klimas noch nicht klein beizugeben, sondern auch dann am Ball zu bleiben, wenn es immer frustrierender wird, mit Botschaften durchzudringen. Es wäre anmaßend, von Dritten abzuverlangen, für ein einmütiges Ideal ewig auf Verschleiß zu fahren. Jeder hat seinen Punkt, an dem es heißt, abzuspringen. Es liegt an uns allen, das kollektive Burnout zu verhindern.