Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Drei Parteien legen in Baden-Württemberg bei Mitgliedern zu, drei stagnieren“ (aus: SWR vom 07.08.2025)
Deutschland rückt nach rechts. Zumindest der öffentlich-rechtliche Rundfunk möchte uns dies in nahezu panischer und hysterischer Manier als Mahnung wie das täglich grüßende Murmeltier mit auf den Weg geben, fürchtet sich insbesondere die grün gefärbte Medienlandschaft vor einem Stimmungswandel, der nicht mehr in ihre tendenziösen Hände spielt. Doch das Bild trügt in gewisser Weise, selbst wenn in den Umfragen Union und AfD deutlich an der Spitze liegen. Schließlich bleibt die Lage durchaus differenzierter, vergegenwärtigt man sich nicht zuletzt den deutlich gewachsenen Zuspruch für Die Linke. Jüngste Zahlen über die Neumitglieder in den Parteien aus Baden-Württemberg müssen aufhorchen lassen. Während die Alternative für Deutschland und die Grünen nach eigenen Angaben im ersten Halbjahr 2025 jeweils 3.800 Zugänge verzeichnen konnten, waren es bei der insbesondere durch Heidi Reichinnek bekannt gewordenen Kraft 5.365 Personen, die frisch hinzustießen.
Die AfD hat gerade aus Bundesebene den Anschluss in Sachen neuer Medien verpasst!
Inwieweit die Auskünfte authentisch sind, kann zwar nicht gänzlich überprüft werden. Trotzdem wirken sie insbesondere deshalb plausibel, konnten die Sozialisten in herausragender Weise die so wichtige Jugend mit einer Kampagne im Internet von sich überzeugen, die – bei aller inhaltlichen Kritik – methodisch und intuitiv gut gemacht war. Wiederkehrend wird Alice Weidel und Tino Chrupalla sogar aus den eigenen Reihen vorgeworfen, zu wenig in die Präsenz auf Plattformen wie X, TikTok oder YouTube zu investieren. Es mangelt an einer direkten Ansprache der nachfolgenden Generationen, die ihre Entscheidung über ein Kreuz auf dem Stimmzettel nicht mehr am Wahlkampf stand treffen, sondern sich im Netz davon überzeugen, wer sie mit Professionalität mitreißen kann. Hieran mangelt es den Blauen, setzt man zu sehr auf populistische Memes und durch KI generierte Beiträge, die keine Emotionalität aufbauen, sondern schlicht rückwärtsgewandt wirken.
Wer heutzutage die Jugend für sich gewinnen will, muss professionell viral gehen!
Der Nachholbedarf ist riesig, droht man von der Konkurrenz abgehängt zu werden, weil falsch gesetzte Prioritäten eine ausschließliche Zielgruppe im Blick haben, die für die künftigen Ergebnisse an der Urne von nachlassender Bedeutung sind. Zwar zeigen sich einzelne Charaktere – aktuell unter anderem der Kandidat für das Ministerpräsidentenamt in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund – tatsächlich darum bemüht, in kurzweiligen Videos einen bodenständigen Kontakt zum heranwachsenden Klientel aufzubauen. Hinreichend ist dies für einen substanziellen Erfolg allerdings nicht, fehlt es an einem Paradigmenwechsel – vor allem auf Bundesebene, der den Fokus auf Kommunikationswege richtet, die man bislang kaum zu spielen gelernt hat. Das Augenmerk liegt wesentlich bei den Älteren und einem sich mit spießig wirkenden Aufmachungen zufriedengebenden Nachwuchs. Doch Konservativismus muss letztlich nicht bedeuten, auch in Sachen PR auf Fortschritt zu verzichten.