Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Nach Gerichtsentscheidung: Hunderte Menschen feiern Umbenennung der Berliner Mohrenstraße“ (aus: „RBB“ vom 24.08.2025)
Wird ein einziger „Mohr“ auf dieser Welt weniger diskriminiert oder beleidigt werden, weil Berlin in heroischer und juristischer Entschlossenheit eine Straße umbenannt hat? Vorurteile räumt man nicht beiseite, indem man Zeitzeugnisse ausradiert, sondern sie als Lehrstück über die Vergangenheit in der Wahrnehmung auch der nächsten Generationen belässt. Denn sie sind schon morgen erwachsen, reif und reflektiert genug, jene Begrifflichkeiten kontextual einzuordnen, gegenüber denen linksgrüne Verbotskarrieristen regelmäßig und reflexartig eine flachköpfige Schnappatmung entwickeln. Statt zu tabuisieren, sollten wir erklären. Statt zu verschweigen, sollten wir benennen. Statt zu redigieren, sollten wir zur Geschichte stehen. Immerhin lässt sich ein Gedächtnis nur dann aufrechterhalten, enthält man unserem Nachwuchs nicht vor, was schieflief.
Verbieten, vergessen, verloren: Wie Geschichte durch Zensur aus dem Fokus gerät!
Es ist wieder einmal dieses äußerst kurzfristige, voreilige und unausgereifte Denken, das wir auch in anderen Themenbereichen wie der energetischen Transformation, der geschlechtlichen Beliebigkeit oder dem rechtsextremistischen Brandmarken der Alternative für Deutschland wiedererkennen. Man glaubt, mit Zensur und Dekret all das aus den Augen und dem Sinn drängen zu können, was nicht in die eigene Ideologie passt. Doch dass ein brennendes Windrad kaum besser ist als eine Müll produzierende Atomkraft oder ein sich kurzerhand als Frau fühlender Mann selten weniger schizophren als der Glaube an die Bedürftigkeit eines jeden Migranten, wird denen verschlossen bleiben, die auch glauben, ein AfD-Wähler würde nach einem Urteil aus Karlsruhe demütig und untertänig zur CDU wechseln. Hanebüchene Stupidität, die Probleme schafft, aber nicht löst.
Aufarbeitung ist nur dann möglich, wenn Geschehenes nicht tabuisiert wird!
Wer sich mit Kolonialismus und Nationalsozialismus auseinandersetzt, dem wird die nötige Erkenntnis und Lehre aus den dunklen Kapiteln nicht dadurch erwachsen, dass bestimmte Vokabeln aus dem Alltagsgebrauch gestrichen werden. Wir können nur dann Verantwortung übernehmen, reflektieren wir ohne voreilige Zuschreibung und Anerkennung von Schuld, dass Rassismus existent war. Aber wollen wir ihn nun in Gegenrichtung verkehren, indem wir eine bunte Landschaft aus Namen schaffen, mit denen die Historie in die Vergessenheit gedrängt wird? Sollen jene Charaktere dominieren, die für vermeintliche Vielfalt und Toleranz, für angeblichen Widerstand und Befreiung stehen, in Wahrheit aber das Verleumden der Weißen, das Unterbuttern der Europäer zum Ziel haben? Ist das nun die späte Rache für Skandale unter unseren Vorfahren?
Was nutzt es dem vermeintlich Diskriminierten, wenn über sein Schicksal geschwiegen wird?
Das euphorische Auswechseln und Überkleben von Bewährtem und Tradierten wirkt auch dann befremdlich, verbergen sich dahinter anrüchige Epochen der deutschen Biografie. Denn das Leugnen von manch einem Fehler und Versagen führt nicht zu Aufarbeitung und Versöhnung, sondern drängt Sachverhalte ins Unterbewusstsein, durch deren Verlust eine Dissonanz in unserer Identität entsteht. Wir brauchen Mahnmale der Erinnerung, damit sich Schändliches nicht wiederholt. Niemandem ist damit geholfen, wenn wir unseren Wortschatz beschneiden. Einstige Bezeichnungen und anfängliche Prädikate, die in der Rekapitulation tatsächlich Ausdruck von feindseligem Imperialismus und xenophobischer Hegemonie, von hässlicher Überlegenheit und desavouierender Dominanz waren, sollten eine Lektion sein. Und deshalb müssen sie gegenwärtig bleiben!