Ein Mann mit Rückgrat, Mut und Verstand: Die Lebensgeschichte von David Berger ist Ermutigung, zu sich und der Wahrheit zu stehen!

Porträt von Dennis Riehle über den Publizisten und Theologen Dr. David Berger

Es ist in der publizistischen Branche eine Seltenheit, dass sich Kollegen nicht wechselseitig die Butter vom Brot nehmen, sondern im Wissen um den gemeinsamen Auftrag von Information und Kommentierung an allen möglichen und notwendigen Stellen zusammenarbeiten, damit die Öffentlichkeit über die wahrhaftigen und authentischen Zustände in unserem Land und der Welt realistisch und wirklichkeitsnah unterrichtet wird. Deshalb kann man jene gar nicht hoch genug würdigen, die weder die eigene Zahl an Klicks im Internet in den Vordergrund stellen, noch darauf bedacht sind, jegliche Kooperation aus Ichbezogenheit und Selbstzweck abzulehnen. Umso mehr schätze ich Dr. David Berger als einen Pionier der alternativen Medien, der sich seit vielen Jahren mit seiner Plattform „Philosophia Perennis“ um die Darlegung von Sachverhalten bemüht, mit denen man bei ARD, ZDF, SZ, taz oder Stern nicht in Berührung käme. Denn er legt den Finger in die Wunde all der Missstände in der Hauptstadt und unserer vom Weg abgekommenen Zivilisation im Allgemeinen, hat er sich früh verpflichtet gefühlt, nicht länger über die Lage zu schweigen, welcher wir durch das etablierte Kartell ausgeliefert scheinen.

Dass der 57-Jährige nur so vor Glaubwürdigkeit strotzt, ist sicherlich auch seiner beeindruckenden, mitreißenden und einzigartigen Biografie geschuldet. 2010 wurde ich erstmals auf ihn aufmerksam, als er bundesweit mit der Veröffentlichung eines Beitrags in der Frankfurter Rundschau seine Homosexualität ohne Umschweife bekannte. Als katholischer Theologe war dieser Schritt unter anderem auch deshalb auf ein breites Echo gestoßen, war der Würzburger doch noch 2009 zum Lektor der Päpstlichen Kongregation für die Glaubenslehre bestellt worden, um die Aufsicht über zwei theologische Zeitschriften zu übernehmen. Doch er wollte über die „Bigotterie“ in der Kirche nicht länger den Mund halten, hatte er tiefen Einblick in die innersten Zirkel und Strukturen, auch des Vatikans. Augenscheinlich die dortigen Erfahrungen und Erlebnisse haben ihn damals dazu gebracht, das für Aufsehen sorgende Buch „Der heilige Schein“ als einen Befreiungsschlag im Dasein ständiger Unterdrückung der gleichgeschlechtlichen Präferenz auf den Markt zu bringen, um nicht zuletzt den Erzbischof von Köln 2011 dazu zu veranlassen, ihm die Erlaubnis zur Ausübung des Religionslehrerberufes zu entziehen.

Kurven, Linien und Brüche sind in einer Biografie kein Beinbruch, sondern menschlich!

So dürfte dieser tiefe, verletzende und entwürdigende Einschnitt einer jener Momente gewesen sein, die er im Vorwort seines genannten Werkes mit den einleitenden Zeilen umschrieb: „Es gibt Augenblicke im Leben, da wird einem schlagartig bewusst, dass etwas ganz entscheidend falsch läuft. Augenblicke in denen zur Gewissheit wird, dass man einen Schlussstrich ziehen muss“. Der mit dem Dissertationspreis der Universität Dortmund ausgezeichnete Ex-Vizepräsident der Deutschen Thomas-Gesellschaft, welcher zu diesem Thema 2005 habilitierte, hat in einer ehrlichen, zutiefst menschlichen, aufrichtigen und bestens nachvollziehbaren Kehrtwende gezeigt, dass er die Freiheit des Individuums genauso ehrt wie die Hingabe zum Glauben. Und weil er es nicht für vertretbar hielt, dass sich Gott von Menschen abwendet, die verantwortungsvoll schwul oder lesbisch ihr privates Dasein praktizieren, ohne den heute als Tugend der queeren Szene geltenden Zwang, Andersfühlenden die persönliche Orientierung per CSD-Parade auf die Nase zu binden, stellte er sich entschieden gegen die Behauptung, der Uranismus sei mit Sündhaftigkeit belastet, lasse die Bibel verlautbaren, dass alles abseits von „Hetero“ ein Gräuel sei.

Als freier Journalist arbeitete Berger in der Folge für die „Zeit“, den „Cicero“ und als Chefredakteur für das Lifestyle-Magazin „Männer“, wurde ihm jedoch in dieser Stellung zunehmend vorgeworfen, er propagiere traditionelle Bilder und rechtspopulistische Ansichten. Pranger und Diffamierung gab es schon damals. Aufgrund des angeblich antisemitischen Beitrags eines Mitarbeiters wurde er aus letztgenannter Position 2015 entlassen, geht seither seinen weg als Kämpfer für die Legitimität des Konservativismus, ohne sich von Dogmatik und Lehre einer Institution in der Entfaltung einengen oder begrenzen zu lassen. Stattdessen ist er mit seiner Selbstständigkeit mittlerweile ein nicht mehr wegzudenkender Anker für Pragmatismus und Vernunft. Seine politische Nähe zur AfD löste zwar wiederkehrend einen Shitstorm aus. Doch wie von vielen anderen Anfeindungen ließ er sich auch diesbezüglich nicht irritieren, scheint er angekommen in einer Heimat, in der man so sein darf, wie es sich das frühere Kuratoriumsmitglied der Desiderius-Erasmus-Stiftung immer gewünscht hat. Denn er nimmt für seine differenzierte Haltung und ein bestechend ernstliches Rückgrat noch immer Anfeindung und Konfrontation stoisch in Kauf.

Sich aus Ketten zu befreien und aus Fesseln zu lösen, ist ein Ausdruck des Ehrlichmachens!

Sich nicht mehr verbiegen zu müssen, sondern zwei im ersten Augenblick schwer zu vereinbarende weltanschauliche Gegensätze zu verbinden, das wurde zu seinem Credo, zum Alleinstellungsmerkmal. Selbstverständlich sage auch ich als homoerotisch Empfindender, dass die Gnade des Herrn nicht davon abhängt, wem wir im Schlafzimmer unsere Liebe schenken. Trotz dieser augenscheinlich liberal wirkenden Position bleibt Bergers Bestreben, dass sämtliche Instrumentalisierung einer Minderheit für den Zweck des Regenbogens unterbunden wird. Die Entgleisung von Vielfalt und Toleranz in Richtung schlichter Beliebigkeit und Willkür hat wenig damit zu tun, was auch der Wahlberliner propagiert. Wer sich wandelt, um Lüge und Dissonanz zu entkommen, sympathisiert nicht gleichzeitig mit Hundemasken, Windeln oder Lack und Leder. Man kann sich für Remigration genauso einsetzen wie für ein Inschachhalten des nach Vormachtstellung drängenden Islams. Denn es sind genau diese Entwicklungen der Verdrängung unserer autochthonen Mehrheit, welche gerade für jene eine Gefahr darstellen, die der Koran theoretisch mit brachialer Gewalt bestraft, fügen sie sich nicht in dessen zweigliedrige Vorstellungen ein.

Es ist also kein Widerspruch, vom „anderen Ufer“ zu kommen oder „verkehrtherum“ zu sein, engagiert man sich im selben Atemzug dafür, dass unsere Prägung und Tradierung weiterhin Gültigkeit besitzen. Man kann sich für die klassische Ehe aussprechen, ohne damit Unisex-Partnerschaften zu diskriminieren. Niemand muss sich dem Zeitgeist hingeben, sondern darf in Prinzipien und Idealen verhaftet bleiben, beansprucht man parallel, eine durch die Schöpfung gegebene Unabänderlichkeit maßvoll wie umsichtig zu verkörpern. Seit eineinhalb Dekaden sind wir beide freundschaftlich verbunden, ich schätze den immer wieder durch polarisierende Aussagen in den Fokus linker Agitatoren geratenen Kameraden als einen der treusten, zuverlässigsten und offenherzigsten Begleiter. So viel Sanftmütigkeit auf der einen Seite, Mut und Courage auf der anderen, machen seine Originalität und Geradlinigkeit aus. Dass wir an einem Strang ziehen, wenn wir unsere Nation auf einen alternativen Pfad lenken möchten, um der Endlosspirale aus wachsender Zensur, staatlicher Repression und gutmenschlicher Tyrannei zu entfliehen, verbindet uns. Und ich will von meiner Solidarität nicht ablassen. Gerade dann nicht, wenn die Gegenwinde stärker wehen denn je.