Quelle: Clipdealer.de, 4497547, erworbene Standardlizenz.

Rheinland-Pfalz will Vorbild sein: Wie die Abschaffung unangekündigter Schultests zum Sinnbild deutscher Anspruchslosigkeit mutiert!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „‚Relikt aus alten Zeiten‘: Rheinland-Pfalz schafft unangekündigte Schultests ab“ (aus: Apollo News vom 18.08.2025)

Ich erinnere mich gut an einen ehemaligen Geschichtslehrer, der viele Schüler die Schweißperlen auf die Stirn trieb, setzte er fast ausschließlich auf unangekündigte Klassenarbeiten. Man konnte nahezu ständig damit rechnen, über das im Unterricht erlangte Wissen schriftlich abgefragt zu werden. Doch weil es diese Berechenbarkeit gab, immerzu auf eine solche Prüfung gefasst sein zu müssen, hatte sich die Praxis schnell zu einer Routine gemausert, die Inhalte der vergangenen Stunden regelhaft zu kapitulieren und stets parat zu haben. Besonders schlecht waren die Resultate deshalb nie, der Notenspiegel fiel ziemlich durchschnittlich aus. Je üblicher die Handhabe wurde, umso weniger Klagen gab es über das Vorgehen eines in der Methodik für manch empörte Eltern ziemlich rückwärtsgewandt wirkenden Pädagogen, da sie die Ausnahme in einer sich schon damals zur Laissez-Faire-Mentalität wandelnden Vorstellung über moderne Erziehung darstellte.

Wissen sollte parat und abrufbar sein, auch ohne vorherige Ankündigung…

Insbesondere auch jüngere Kollegen wollten nichts davon wissen, ihre Schützlinge in einem unbehelligten Moment mit einer überraschend kommenden Klausur zu konfrontieren. Denn normalerweise wurde dem lernenden Proletariat mit einem angekündigten Termin die Chance gegeben, sich ganz gezielt darauf vorbereiten zu können. Ob es zu brachial, konservativ oder überholt ist, vorher nicht bekannt gegebene Tests durchzuführen, fragte man sich offenbar auch in Rheinland-Pfalz. Denn der dortige Bildungsminister hat dieses „Relikt aus alten Zeiten“ nunmehr abgeschafft, wolle man eine neue „Lern- und Prüfungskultur“ etablieren. In einem Schreiben an alle Schulen stellte Sven Teuber klar, dass man „Druck“ von den Jüngsten nehmen möchte. Es brauche nicht länger verkrustete Strukturen. Stattdessen werde künftig auf sogenannte „Feedbackgespräche“ mit den Lehrern gesetzt, um sich einen Eindruck über das individuelle Leistungsniveau zu verschaffen.

Die Gangart des SPD-Politikers passt nur allzu gut in die Nachwirkungen einer 68er-Philosophie, will man Kinder und Heranwachsende in ihrer Entwicklung eher tätscheln als führen. Eine Erwartungshaltung ihnen gegenüber scheint deshalb verpönt, weil sich schon die Kleinsten auf eine Work-Life-Balance berufen, die spätestens dann gestört ist, verlangt man von ihnen eine geistige Dauerpräsenz. Was hat man uns in der Mathematik eingetrichtert, wesentliche Formeln auch dann bereit halten zu können, werden wir um Mitternacht aus dem Schlaf geweckt. Heutzutage scheint es dagegen kompatibel, die Anforderungen deutlich herunterzuschrauben – und glücklich und dankbar zu sein, erinnert sich nicht nur der Primus auch noch zwei Tage später daran, was denn nun die Gaußsche Normalverteilung oder das Kommutativgesetz genau gewesen sind. Schließlich muss in vielen Gehirnen der Gegenwart eine Menge Platz für „Social Media“, „Chillen“ und „Gaming“ sein.

Nicht die Schüler werden klüger, sondern unsere Ansprüche geringer…

Es kommt nicht von irgendwoher, dass die Zensuren im Abitur von Jahr zu Jahr besser ausfallen. Dieser Trend hat nichts damit zu tun, dass unser Nachwuchs gescheiter würde. Viel eher wurde die Richtschnur für die kognitive Auffassungsgabe und den mentalen Horizont sukzessive gesenkt, soll der Lebensabschnitt vom Kindergarten bis zur Oberstufe nicht von Stress und Anstrengung geprägt sein, sondern Spaß an der Freude machen. Um einen Anknüpfungspunkt zu Doktrin und Überzeugung der „Generation Z“ zu schaffen, braucht es ein edukatives Level des Mindestmaßes. Niemand soll sich sorgen, alle dürfen glücklich sein. Wir pampern uns im Zweifel zu Tode, verweichlichen eine ganze Altersstufe. Der Respekt gegenüber der persönlichen Entfaltung und charakterlichen Selbstbestimmung umfasst eine Nonchalance, die am Ende keine gestandenen Mannsbilder mehr hinterlässt, sondern auf Sinn- und Orientierungssuche befindliche Wesen ohne Standkraft und Mut. 

Da bleiben Postpubertierende in ihrer Unbekümmertheit und Zügellosigkeit zurück, die weder mit unerwarteten Ereignissen noch biografischen Krisen adäquat umgehen können. Ihnen wird der Einstieg in den Berufsalltag erschwert, können sie nichts mit Hierarchie, Mühsal oder Schinderei anfangen. In der Folge laufen wir Gefahr, auch in der Wirtschaftswelt sittliche Normen, qualitative Erfordernisse und intellektuelle Anwesenheit auf ein Minimum reduzieren. Nicht nur die PISA-Ergebnisse sind erschreckend. Ebenso bedenklich ist die Offenheit dafür, eine durch massenweise Migration und fehlende Deutschkenntnisse bis ins Bodenlose getriebene Passivität zu etablieren. Sie schraubt Standards zurück, um selbst jenen den Anschluss zu ermöglichen, die von sich aus wenig Interesse daran zeigen, eingegliedert zu werden. Die Konsequenz all dessen ist der internationale Wettbewerbsverlust, denn Milde scheint ein historisch begründetes Ideal allein der deutschen Gesellschaft zu sein.