Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Bürgergeld: Bundesarbeitsministerin Bas kündigt schärferen Kurs gegen Missbrauch an“ (aus „Berliner Zeitung“ vom 20.09.2025)
Bärbel Bas will einsparen, sie möchte der Zweckentfremdung des Bürgergelds den Kampf ansagen. Doch wer sich im Umgang mit Linken auskennt, der weiß, dass man bei Zusagen der SPD genauso vorsichtig sein sollte wie beim Abschluss eines Vertrages oder im Lesen des Beipackzettels eines Medikaments. Denn das Kleingedruckte zählt. Es geht der Sozialdemokratin lediglich um eineinhalb Milliarden Euro bei der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die man 2026 weniger ausgibt. Bei einem Haushaltsposten von 52 Milliarden sprechen wir also gerade einmal von 2,9 Prozent, die der Staat dem System vorzuenthalten gedenkt. Allein 2024 gab es hingegen 421 verzeichnete Fälle von bandenmäßigem Missbrauch der Transferleistung, mindestens 260 Millionen Euro Schaden entstanden. Darüber hinaus ist unklar, wie viele Empfänger tatsächlich bedürftig sind, fällt doch vor allem bei Ukrainern die Vermögensprüfung häufig flach. 54 Prozent der von dort stammenden Kriegsflüchtlinge beziehen Alimentierung nach SGB II ohne Gegenleistung, das bedeutet ein Volumen von 6,3 Milliarden Euro.
Karlsruhe hatte den Weg für Härte geebnet, doch niemand wollte ihn beschreiten…
5,43 Millionen Menschen erhalten insgesamt die „Stütze“, obwohl 3,93 Millionen von ihnen grundsätzlich arbeitsfähig sind. Liegt es tatsächlich an der schlechten Vermittlung oder schlicht an einer latenten Bequemlichkeit, dass sie bis heute nicht eingegliedert wurden? Wenngleich nur 0,9 Prozent als Totalverweigerer gelten, die überhaupt keine Anstalten machen, für das Fördern auch ein Fordern zu zeigen, kam es 2023 doch in 226.000 Fällen zu Sanktionen durch die Behörden. Der Gesetzgeber wäre längst gefordert, hatte das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2019 geurteilt: „Wird eine solche tatsächlich existenzsichernde und […] zumutbare Erwerbstätigkeit ohne wichtigen Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II willentlich verweigert, obwohl im Verfahren die Möglichkeit bestand, dazu auch etwaige Besonderheiten der persönlichen Situation vorzubringen, die einer Arbeitsaufnahme bei objektiver Betrachtung entgegenstehen könnten, ist daher ein vollständiger Leistungsentzug zu rechtfertigen“. Doch der Schiedsspruch blieb ohne Konsequenz.
Warum arbeiten, wenn der „Verdienst“ aus dem Bürgergeld fast genauso lukrativ ist!
Die Genossen beabsichtigen in erster Linie, weiterhin die schützende Hand über jene zu halten, welche sich in einer Manier von Marx und Engels auf der Hängematte der Gutmütigkeit und dem Portemonnaie der Steuerzahler ausruhen. Die Integrationsbestrebungen sind marginal, das Mitwirken an Pflichten scheint immer häufiger abhanden zu kommen. Nur 4,8 Prozent aller Betroffenen aus dem Dunstkreis des früheren „Hartz IV“ konnten jüngst in Broterwerb gebracht werden, aus der angesprochenen Bevölkerungsgruppe aus dem Kiewer Konfliktgebiet wurden seit dem Angriff Russlands höchstens 35 Prozent erfolgreich bei uns beschäftigt. Ein wesentlicher Grund dafür, warum das Engagement so verschwindend niedrig ist, sich für einen Beruf zu interessieren, liegt offenbar auch am geschliffenen und vernachlässigten Lohnabstandsgebot. Während eine dreiköpfige Familie mit einem Regelsatz von 1.786 Euro im Monat rechnen kann, ist es bei Vollzeit eines Singles nach Bereinigung von Abgaben und Miete ein durchschnittlicher Wert in der Mittelschicht von 1.850 Euro. Und die Differenz scheint immer geringer zu werden.
Würde man sich an die Worte des Altkanzlers erinnern, wäre viel Druck aus dem Kessel!
Unberücksichtigt sind zudem all die Annehmlichkeiten, welche man in der Obhut des Jobcenters genießt, muss man sich um viele Dinge nicht kümmern, die ganz automatisch vom Staat übernommen werden. Wir sind in eine Mentalität des Pamperns übergegangen. Von den ursprünglichen Absichten eines Bundeskanzlers Gerhard Schröder, von dem das legendäre Zitat stammt: „Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen. […] Es gibt kein Recht auf Faulheit. Wer arbeiten kann, aber nicht will, kann nicht mit Solidarität rechnen“, ist nichts übrig. Dekaden später erweckt die Sozialministerin der gleichen Partei nämlich wenig Anschein, dass sie in diesem Geiste handelt. Sie rühmt die Idealisten von Milch und Honig, huldigt dem Geldbaum, ehrt den Dukatenesel, um zu suggerieren, dass der frühmorgendliche Wecker eine hehre Tugend sei, sollte man ihn grazil überhören – und sich nochmals umdrehen, weil der kapitalistisch veranlagte Nachbar schon dafür sorgen wird, dass stete Quellen nicht versiegen.