Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Landtagswahl: Ex-AfD-Landeschef Frisch kandidiert für ‚Team Freiheit'“ (aus: „ZEIT Online“ vom 25.10.2025)
Alles neu macht Milei! – So könnten die Libertären dieser Welt rufen, die sich momentan in vielen Ländern im Aufschwung begriffen sehen. Mit einer Mischung aus modernem, offenem und progressivem Denken, einer radikal marktwirtschaftlichen Verwurzelung und einem Hang zu Patriotismus wie Nationalstolz erweist sich die Bewegung als ein innovatives Konzept, das Lücken dort auszufüllen vermag, wo sich Vernunft gegenüber dem grassierenden Zeitgeist in sämtlichen Facetten von Vielfalt, Toleranz, Bequemlichkeit und Beliebigkeit den Weg bahnen möchte. Schließlich scheint es Bedarf zu geben an weniger Bürokratie, an effizientem Sozialstaat, an ökonomischer Prosperität, an Technologieoffenheit und Meinungsfreiheit, im Geiste von Patriotismus, Heimatliebe und Direktdemokratie. Allsamt etwas milder als im klassisch populistischen oder polemischen Sinne, aber dennoch markig, wortgewaltig und konsequent. Ein Potpourri an Positionen aus dem Werkzeugkasten von Pragmatismus und Weitsicht, Unabhängigkeit und Individualisierung, Nachhaltigkeit und Fachkompetenz.
Die neue Kraft gibt sich innovativ, aber in Teilen elitär abgekapselt…
Als Vertreter dieser Idee gilt das bei uns frisch auf das Tableau getretene „Team Freiheit“ mit ihren beiden Frontpersonen Frauke Petry und Thomas Kemmerich, die mit ihren Argumenten in die Fußstapfen eines Ludwig von Mises, Friedrich August von Hayek oder Milton Friedman treten. Die frühere Bundestagsabgeordnete der AfD einerseits, der Kurzzeitministerpräsident von Thüringen andererseits, wollen mit ihren schlichten Leitlinien, die nicht dem typischen Parteiprogramm entsprechen, sondern eher Eckpfeiler darstellen, in deren Rahmen sich die einzelnen Mitglieder und Kandidaten für Amt oder Mandat bei der persönlichen Ausprägung von Rückgrat und Standpunkt bewegen sollen, Überzeugungen abbilden, unter denen sich die unterschiedlichsten Charaktere versammeln können. Was zunächst wie ein hehres Ziel klingt, scheint aber neben sinnvollen Forderungen aus dem tagespolitischen Geschäft – zu nennen wären beispielsweise die deutliche Absenkung der Steuerlast, eine radikale Reform des Asylrechts oder das Stutzen des Beamtenapparats – auch Makel zu bekommen.
Beim Thema Medien droht man, der Lügenpresse-Pauschalisierung der AfD beizupflichten…
Ich habe mich nun über viele Wochen mit der Bewegung auseinandergesetzt, um in einer ersten Zwischenbilanz einen durchaus elitären Zirkel zu attestieren, der nicht nur in sozialen Netzwerken dazu neigt, die Kommunikation auf die eigene Blase zu beschränken, um besonders zu Journalisten eine scheinbare Distanz aufzubauen, die an einen strukturellen Argwohn gegenüber der vierten Gewalt denken lässt. Denn schon auf der Website formuliert man: „Die Medien haben in ihrer Kontrollfunktion dramatisch versagt und sind in weiten Teilen zu Hofberichterstattern des sozialistischen Spektrums geworden. Anstatt zu berichten, heizen sie die Polarisierung zwischen den politischen Rändern an und verschweigen die ideologische Ähnlichkeit der Kollektivisten verschiedener Farben“. Ohne den Anspruch an eine Differenzierung fügt man sich nahtlos ein in die pauschale Lügenpresse-Schelte der Blauen, um sich somit auch gegenüber einem potenziellen Multiplikator zu verschließen. Da lässt man Chancen ungenutzt, gibt sich im Kontakt regelhaft schnippisch und reserviert.
Das „Team Freiheit“ macht es meiner Erfahrung nach dem Journalismus nicht leicht…
Welche Motivation sollte also bestehen, sich mit einem Projekt näher publizistisch befassen zu wollen, das offenbar auf Kriegsfuß mit Presse, Funk und Fernsehen steht? In der fundamentalen Kritik am vorherrschenden System verrennt man sich in das Ressentiment, Schreiberlinge gehörten durch die Bank den Linken an, hätten es auf Diskreditierung und Skandalisierung abgesehen. Dabei habe ich über Monate hinweg faire, konstruktive und wohlwollende Artikel verfasst, die mein Interesse an einem Aufbruch suggerierten, welchen ich auch weiterhin prinzipiell als notwendig erachte, um beispielsweise zwischen CDU, FDP und Alternative für Deutschland einen weltanschaulichen Ansprechpartner zu installieren. Eine Zusammenarbeit wird allerdings dann nicht gelingen, zieht man sich offenbar auf die Position zurück, meine Zunft hätte es ganz allgemein auf Propaganda oder Denunziation abgesehen. Doch der ÖRR ist nicht repräsentativ für die Branche, gerade Einzelkämpfer wie ich sind darauf bedacht, Ethos und Grundsätze weiterhin hochzuhalten. Schade also um den guten Willen!







