Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Rechte Buchmesse ‚Seitenwechsel‘: Ideologie in verdaulichen Häppchen“ (aus: DER SPIEGEL vom 10.11.2025)
Die altbekannten Medien bekommen Schnappatmung, alternative Kreise feiern sie als großen Erfolg: Die Buchmesse „Seitenwechsel“ fand am 08. und 09. November 2025 in Halle an der Saale statt. Beworben als neuartige Plattform für Publizisten und Autoren, die anderenorts keine Gelegenheit finden, ihre Werke zu präsentieren, um in Frankfurt oder Leipzig strukturell ausgegrenzt zu werden, kamen rund 50 Aussteller zur Vernetzung und zum Austausch zusammen, begleitet von massiven Protesten. Teilnehmer waren unter anderem Antaios unter Götz Kubitschek, Compact mit Jürgen Elsässer, Jungeuropa, Hydra, Tichys Einblick oder Sezession. Was nach außen hin als ziemlich geschlossener Kreis wirkte, verursachte aber nicht nur bei linken Politikern manch eine Empörung. Auch innerhalb des Teilnehmerkreises gab es Dissonanzen über die heikle Abwägung, wie sich das rechte Spektrum beispielsweise gegenüber den Bewahrern geben soll. Ein Katalysator für interne Auseinandersetzungen war der Termin allemal, daher sicherlich auch eine Bereicherung für die Erörterung von Grundsatzfragen.
Diskussionen über Unterschiede: ja, bitte! – Ausgrenzung aus Prinzip: nein, danke!
Angestoßen durch Worte des Chefredakteurs der „Jungen Freiheit“, Dieter Stein, entflammte eine Debatte darüber, ob man sich von radikalen Strömungen distanzieren und prinzipiell eher dem bürgerlichen Flügel zuwenden, Koalitionen mit dem etablierten System eingehen soll. Oder inwieweit es explizit zur Solidarität untereinander gehört, mit den Rändern zu kooperieren. Ist völkisches Gedankengut demnach unmittelbar und pauschal als anrüchig zu betrachten, war es eine richtige Entscheidung, die Vertreter vom „Sturmzeichen“-Verlag auszuschließen? Der journalistische Kollege hatte mit der „Nazi-Keule“ gedroht, warnte in leidenschaftlicher Manier, dass die Zusammenarbeit mit solchen Akteuren die gesamte Veranstaltung gefährden oder gar zu einem Abbruch durch Druck von außen führen könnte. Anschuldigungen keimten auf, der 58-Jährige habe sich als „Verräter“ und „Zensurhelfer“ einen Namen gemacht, sei sein persönliches Verhältnis zur „Szene“ ambivalent. Offen wurde ihm nachgesagt, zu sehr auf den „Gegenentwurf einer intellektuellen Gleichschaltung“ zu bauen.
Es braucht keine weiteren Brandmauern, das Distanzieren im eigenen Lager wirkt peinlich…
Gab man sich mit einem liberalen Tenor zu unterwürfig, hätte man ein breiteres Sammelbecken sein müssen? In der externen Darstellung wurde der Konflikt als Richtungsentscheidung zwischen „Nietzsche und Neonazi“ betrachtet. Doch will eine souveräne Bewegung tatsächlich eine Brandmauer durch das eigene Lager ziehen? Ist es spalterisch, vielleicht gar sektiererisch, einigermaßen willkürlich Trennlinien zu zeichnen? Immerhin sind viele Definitionen unscharf, am konkretesten wurde 2010 Politologe Wilhelm Heitmeyer: „Rechtsextremismus ist nicht nur eine radikale Form des Konservatismus, sondern eine Gegenideologie zur Demokratie, die auf Ungleichwertigkeit, Autoritarismus und Gewaltbereitschaft basiert“. Bestand ehrlicherweise die Gefahr, dass dieser Punkt überschritten wird? Oder gehört es nicht zwingend zur konsequenten Einhaltung freiheitlicher Prinzipien, Meinungen selbst dann auszuhalten, wenn sie aus subjektiver Sicht den guten Geschmack hinter sich gelassen haben? Jedenfalls scheint der Schlagabtausch hierzu notwendiger denn je.








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