Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Ein Fall für Sahra – Neue Partei, neues Opfer: ‚Team Freiheit'“ (aus: „taz“ vom 22.11.2025)
Es braucht Mut, Überzeugung und einen langen Atem, um ein politisches Projekt nicht nur auf die Beine zu stellen, sondern auch gewisse Durststrecken in Kauf zu nehmen, um sich beispielsweise mit einer neuen Partei auf dem Berliner Tableau einen Namen zu machen. Und so ist es zunächst ein entscheidender Beitrag für den demokratischen Wettbewerb, dass sich das „Team Freiheit“ vorwagt, um weit mehr als ein Lückenfüller zwischen FDP, CDU und AfD zu sein, sondern mit der Programmatik schon allein deshalb Einzigartigkeit zu beweisen, weil man sich der unterschiedlichen Weltanschauungen bedient, um daraus eine rationale Idee für die Zukunft zu entwickeln. Da trifft Libertarismus auf Patriotismus, Antietatismus auf Pragmatismus. Die Mischung macht’s, weshalb die Chancen nicht schlecht stehen, bei den kommenden Abstimmungen auf ein nennenswertes Ergebnis zu kommen. Bürokratische Hürden sind mit der Hinterlegung notwendiger Unterlagen beim Bundeswahlleiter genommen, das Personaltableau wächst. Man hat nicht nur manch einen Enttäuschten von Christian Dürr und Marie-Agnes Strack-Zimmermann abgeworben, sondern setzt auf erfahrene wie qualifizierte Kräfte, die sich zur Unabhängigkeit bekennen – und darüber hinaus in der Lage sind, einen Leitfaden mit Leben zu füllen.
Die Programmatik lässt dem einzelnen Verantwortungsträger viel Gestaltungsspielraum…
Denn die inhaltliche Richtschnur ist bewusst auf das Wesentliche komprimiert, damit der Einzelne eine eigene Geschichte daraus machen kann. Der Vorwurf von Oligarchie und Elitarismus wird dem Vorhaben sicherlich eine Weile anhängen, wirkt man in den sozialen Medien bisweilen als ein geschlossener Zirkel der herausgepickten Rosinen, um gerade zum einfachen Bürger noch Brücken schlagen und Vertrauen aufbauen zu müssen. Gleichzeitig sind die ideologischen Standpunkte von fundamentaler Unmissverständlichkeit, setzt man auf eine radikale Reduktion der Steuerquote, auf einen massiven Beschnitt des staatlichen Überbaus, auf weniger Regulierung und mehr Technologieoffenheit mit Blick auf die energetische Wende. Man betrachtet die bisherige Klimapolitik als global wirkungslos und gescheitert, sie führe zu mehr Armut und beschneide Individuen wie Unternehmen in ihrer Entfaltungskraft. Statt Verboten bedürfe es Innovation, eine Modernisierung und Technologisierung der Infrastruktur sei unerlässlich. Der wirtschaftliche Niedergang müsse gestoppt werden, Betriebe sollten wieder ungehemmt atmen können. Man forciert Wettbewerb und Kapitalismus, will sich inspirieren lassen von Vorbild Milei, aber auch durch die Grand Monsieurs Mises, von Hayek oder Friedman.
Die Einzigartigkeit der Forderungen ergibt sich aus ihrem Anspruch an Pragmatismus…
In Sachen Migration lehnt man die Massenzuwanderung ab, betont aber das generelle Asylrecht. Reformen seien diesbezüglich allerdings unabdingbar, um das illegale Einsickern in die Sozialsysteme zu verhindern. Wer auf eigenen Beinen stehen und für sich sorgen kann, sich eingliederungswillig zeigt, Kultur, Werte und Prägung der Bundesrepublik respektiert, müsse bei nachgewiesener Verfolgung Schutz genießen und eine Bleibeperspektive erhalten. Das Anwerben von tatsächlichen Fachkräften für Branchen mit Unterbeschäftigung solle weiterhin möglich bleiben. Es zähle Verantwortung für sich und den Lebensunterhalt, generell wolle man Solidarität auf die wirklich Schwachen und Bedürftigen begrenzen. Es brauche keine Bevormundung, man weist übergriffige Gender-Ideologie und Wokeness zurück. Meinung müsse wieder unbehelligt kundgetan werden können, Meldestellen lehnt man als Form der Zensur ab. Es Bekenntnis zur Heimat erfordere auch eine Stärkung der inneren Sicherheit. Die nationale Souveränität solle gegenüber der Zentralisierung aus Brüssel priorisiert werden. Die EU will man nicht fallen sehen, sie brauche aber eine grundlegende Erneuerung. Friedensinitiativen für die Ukraine unterstützt man – und hegt Zweifel an unbeschränkter Unterstützung und Eskalation.







