Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Demokratie braucht Journalismus: Nachwuchs fordert Wandel“ (aus: „Flurfunk – Das Medienblog“ vom 14.11.2025)
Als im Alter von 30 mein Kopf und die Hände zu zittern begannen, da lagen bereits mehrere Jahre eines bis dorthin unerklärlichen Abbaus kognitiver Funktionen und des langsamen Aufkommens optischer Halluzinationen hinter mir. Die Medizin haderte mit einer Diagnose, ließ auch die psychomotorische Verlangsamung, sukzessiv zunehmende Ungelenkigkeit und eine merkliche Muskelversteifung zunächst als Einzelsymptome stehen. Doch es war nicht nur der radiologische Befund, welcher unter vorgehaltener Hand erstmals ein Beschwerdebild aus dem großen Spektrum der Bewegungsstörungen vermuten ließ. Seit 2019 nahmen die Zweifel immer weiter ab, ganz offen von einem atypischen Parkinson zu sprechen. Für mich waren diese klaren Worte eine Erleichterung, schien damit doch eine Odyssee von Klinik zu Klinik erst einmal zu enden. Mit diversen Einschränkungen abseits des klassischen Trias dieses oftmals als bloße Alterserkrankung abgetanen Leidens – exemplarisch seien ständig wechselnde Spannungszustände des Körpers, von Rumpfneigung über Haltungsinstabilität bis Sturzneigung auch Blutdruckentgleisungen, Magenerschlaffung und Schlafphasenverschiebung genannt – wurde ich zu einem frühen Pflegefall, der klare Prioritäten und Vorrang setzen musste.
Wie ich mich keiner Krankheit unterwerfen will, lasse ich mir auch von links nichts diktieren…
Eine therapeutische Optimierung gestaltete sich immer schwieriger, die Krisen einer nahezu vollständigen Lähmung von Zehenspitze bis unter das Kinn nahmen bedrohliche Gestalt an. Was bleibt in einer solchen Situation, in der man auch darüber nachdenken muss, ob man trotz Erwerbsunfähigkeit noch ein oder zwei Stunden täglich seiner leidenschaftlichen Berufung als Journalist nachgeht? Dass die Politik mit meinem ungeliebten Mitbewohner einige Überschneidungen hat, erweist sie sich häufig als wankelmütig, gangunsicher, stolperanfällig, behäbig oder kraftlos, blieb ein Ansporn, nicht gänzlich die Hände in den Schoß zu legen. Immerhin will ich mein Leben keinesfalls in den Dienst eines neurodegenerativen Geschehens stellen, welches ungefragt Raum eingenommen hat – wie es oftmals auch der Staat in seiner schlichten Anmaßung tut. Die momentane Zeit lässt es nicht zu, gänzlich zu schweigen. Selbst wenn man problemlos auf meine Stimme verzichten könnte, hat es mir angesichts von Friedrich Merz keinesfalls nur aus physiologischen Gründen oftmals die Sprache verschlagen, brennt in meinem Innern die Leidenschaft des Kommentierens, weil ich die Kontrolle sowohl über meinen Organismus wie über die Deutungshoheit der Aktualität ungern abgebe.
Der politische Betrieb kann ermüdend sein, doch er muss kommentiert werden!
Manchmal bin ich erschöpft von den großflächigen Schmerzen, kaum seltener von der Dreistigkeit des etablierten Systems. Doch Zermürbung darf hier wie da keine Chance erhalten. Die Routine von Missbrauch kann nicht zur Normalität werden, solange ein Rest an Rückgrat bleibt. Zwar gewöhne ich mich an viel, auch an die Defizite in Sachen Mobilität oder die Regelmäßigkeit einer Kanzlerlüge. Doch sie ohne Widerworte und das Bestreben, der Übergriffigkeit einen Riegel vorgeschoben zu haben, einfach anzunehmen, das sollte weder in Sinn noch Verstand kommen, spürt man Verantwortung für die eigene Existenz wie unser gemeinsames Volk. Sich die Zukunft diktieren zu lassen, ob nun von Siechtum oder den Grünen, gehört eindeutig nicht zu den Alternativen. Stattdessen ist es die Zuversicht, dass der Fortschritt der Dinge wie auch das Weiterkommen der Wissenschaft so manch einen Missstand regeln werden. Wie es mit Blick auf mein Gebrechen die Forschung sei, mögen im Parlament die Umfragen ihr Übriges tun. Da bleibt also eine Hoffnung, ob nun in Form von Pillen oder der AfD. Und was meine Wenigkeit daran mitwirken kann, dass ich mich wie auch wir uns als Gesellschaft nicht unterkriegen lassen, möchte ich so lange wie möglich an meinem überschaubaren Beitrag leisten.







