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Nach dem Verbalangriff auf Höcke: Das AfD-Ordnungsverfahren gegen Rüdiger Lucassen ist nötig, um Illoyalität keine Chance zu geben!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Nach Streit mit Höcke: AfD droht eigenem Abgeordneten Rüdiger Lucassen mit Konsequenzen“ (aus: „n-tv“ vom 17.12.2025)

Empörte Journalisten sehen einen Angriff auf die parteiinterne Demokratie, nüchterne Beobachter erkennen einen nachvollziehbaren wie notwendigen Schritt: Mit der Einleitung eines Ordnungsverfahrens geht die AfD-Fraktion gegen den Bundestagabgeordneten Rüdiger Lucassen vor, der sich nicht etwa eine Lappalie hat zu Schulden kommen lassen. Viel eher nutzte der Mandatar aus Euskirchen die Bühne des Plenums, die Einlassungen seines Parteikollegen Björn Höcke zum Thema Wehrpflicht gänzlich aus dem Kontext zu reißen, um sie in einer böswilligen wie bewussten Falschinterpretation wiederzugeben. Schließlich hatte er am 5. Dezember 2025 geäußert: „In dieser Rede kommt er [Höcke] zu dem Schluss, dass Deutschland es nicht mehr wert sei, dafür zu kämpfen“. Dabei hatte der Co-Sprecher des Landesverbandes Thüringen zwei Tage zuvor wörtlich verlautbart: „Was soll der junge Mann mit einer Bundeswehr verteidigen, die keinen Patriotismus und keine Traditionen mehr kennt? […] Bevor junge Menschen von der Politik in diesem Land wieder in die Pflicht genommen werden, muss zuerst die Politik endlich wieder in die Pflicht gegenüber dem eigenen Volk treten“. Auf der einen Seite also eine absolute Darstellung, auf der anderen hingegen eine unter Bedingungen formulierte Aussage.

Lucassens bewusste Falschdarstellung war ein Ausdruck größter Untreue…

Es ging also nicht um die Feststellung, dass die Bundesrepublik, die Heimat junger Menschen, prinzipiell im Stich gelassen werden dürfe. Sondern dass der Staat in Vorleistung gehen müsse, will er den Nachwuchs an die Waffen rufen. Diese wichtige Nuancierung hatte der frühere Oberst völlig außer Acht gelassen, vor dem medialen Publikum einen verleumderischen Gegenangriff auf seinen Widersacher aus Erfurt gestartet. Dieser Akt des Illoyalen konnte nicht ohne Folgen bleiben. Überall sonst wäre es zu einer gleichen Reaktion gekommen, liegt ein schädigendes Verhalten gegenüber der Außenwahrnehmung der Alternative für Deutschland im Gesamten vor, trägt man eine persönliche Fehde auf offener Bühne aus. Hier sind verschiedene Lager aufeinander getroffen, wollte ein „Transatlantiker“ einem „Russlandfreund“ die Leviten lesen. Dieser tiefe Riss, der fest verwurzelte Streit ist nicht ohne Grund ausgerechnet jetzt zu Tage getreten, spalten sich die „Westextremisten“ schon allein deshalb derart vehement von den „Putintrollen“ ab, weil es um den Einfluss an der Führungsspitze geht. Kurz vor den Landtagswahlen im Osten spielt zudem die Frage der Deutungshoheit über die offizielle Parteilinie eine wesentliche Rolle. Und auch, welche Programmatik sich durchsetzen soll.

Die AfD hat mittlerweile Routine darin, sich von den eigenen Leuten zu distanzieren…

Immer wieder macht man mit solch unnötigen Schlagzeilen auf sich aufmerksam, sind wechselseitige Distanzierungen voneinander keine Seltenheit. Selbstredend gibt es in jeder Partei derartige Verwerfungen, fehlt es an Kollegialität und Rücksichtnahme auf den Eindruck, den die Öffentlichkeit von einem „gärigen Haufen“ gewinnt. Trotzdem zeigen Beispiele – etwa das häufige Abstand nehmen der Alice Weidel von besagtem Björn Höcke, das Preisgeben der Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ oder das im Regen stehen lassen von Bystron und Krah nach den Spionagevorwürfen -, wie immanent die Rivalitäten dort sind, wo man nahe an die Fleischtöpfe rückt, vielleicht schon bald Regierungsverantwortung zu übernehmen. Da fallen die Hüllen, da lässt jede Disziplin zu wünschen übrig. Zur Räson gerufen werden kann nur dann, wenn man sich der einmaligen Chance bewusst ist, vor allem durch Einigkeit zu überzeugen. Schließlich dürfte die Unterstützung für die Prämisse groß sein, wonach Deutschland erst wieder attraktiv werden muss, sich die Jugend mit ihrem Ursprung und den Wurzeln identifizieren sollte, ehe sie einen Sinn darin erkennt, für sie in den Krieg zu ziehen. Und so war es ein glattes Eigentor, was sich Lucassen geleistet hat, um dafür die Konsequenzen zu tragen.