Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „AfD: Der Gastbeitrag von Alexander Gauland, der in der Welt nicht erschienen ist“ (aus: „Berliner Zeitung“ vom 21.12.2025)
In der „Welt am Sonntag“ fand er keinen Platz, in der „Berliner Zeitung“ wurde er hingegen veröffentlicht: Der Gastbeitrag von AfD-Ehrenvorsitzendem Alexander Gauland hat für mächtig Furore gesagt, allerdings weniger aufgrund des Inhalts. Stattdessen stellt sich die Frage, ob ein Medium nicht kritikfähig scheint, hatte der Politiker Redakteur Frederik Schindler direkt in seinem Text angesprochen. Der Journalist ist seit langem bekannt dafür, gegen die Alternative für Deutschland zu wettern. Nahezu jeder zweite Artikel aus seiner Feder beschäftigt sich mit einem Skandälchen, früh morgens scheint er sich auf die Schulter zu klopfen, wieder einmal aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Da wurde der Tenor des Artikels vollständig an den Rand gedrängt, weil sich die öffentliche Debatte um die fehlende Selbstreflexion des Axel Springer Verlags dreht. In reflexartigem Widerstand wehrt man die Anschuldigung gegen einen Autor ab, der sich in einem Buch penibel an Björn Höcke abarbeitete, um täglich neu Schlagzeilen hervorzubringen, die den Anschein von neurotischem Aktivismus gegenüber einer ideologischen Kraft haben, die der einstige „taz“-Mitarbeiter schmäht.
Die WELT deckt einen Autor, der sich AfD-Kritik zur missionarischen Lebensaufgabe macht…
Auch unsere Zunft sollte in den Spiegel schauen können, ohne sich dabei eingestehen zu müssen, zu einem reinen Sprachrohr von links verkommen zu sein. Jedenfalls hat es keinen substanziellen Anlass gegeben, weshalb man die Einreichung des 84-jährigen Bundestagsabgeordneten ablehnte. Dass er sich neben einer Analyse der Beweggründe, weshalb seine Partei mittlerweile auf Platz eins der Umfragen steht, auch damit befasst hat, warum manche Medien systematisch gegen die „Blauen“ hetzen, wäre eigentlich der Anknüpfungspunkt für das Presseorgan gewesen, Stellung zu beziehen. Stattdessen wies man ihn wie ein bockiges Kind ab, zeigte sich eingeschnappt und argumentationslos. Ein überaus schwacher Auftritt derjenigen, die in den vergangenen Jahren beständig von ihrem konservativen Profil abgerückt sind. Man hegt offenbare Sympathien für die Union, befragt deren Vertreter besonders häufig. Mit deren Drall in das progressive Lager bewegt sich nun also auch WELT in den Bereich des etablierten Systems vor, hätte die Chance nutzen können, der AfD inhaltlich zu begegnen. Stattdessen zog man sich in die Opferrolle zurück, wie peinlich.
Dabei hätte es sich gelohnt, auf Gaulands Selbstverständnis über die AfD einzugehen…
Es wäre beispielsweise eine lohnende Auseinandersetzung gewesen, ob die Formulierung Gaulands eines „Fieberthermometers“ ausreichend und zutreffend gleichermaßen ist, um die Erfolge der Alternative für Deutschland adäquat zu beschreiben. Ist sie weiterhin nur Protestpartei, die von den Fehlern der Großen Koalition profitiert? Zeigt sie lediglich den Zustand an, in der sich die Bundesrepublik befindet? Der Mandatar hat immer wieder verlautbaren lassen, dass die AfD für ihn eine politische Kraft zweiter Klasse scheint. Nicht nur die Vokabel des „gärigen Haufens“ hat diese Einschätzung deutlich unterstrichen. Die Erhebungen in der Bevölkerung gehen jedoch in eine andere Richtung. Dort sieht man sie mittlerweile als einen gleichwertigen Konkurrenten, der es auch programmatisch aufnehmen kann mit dem Rest. Nicht alleine aus Unzufriedenheit wird gewählt, sondern oftmals aus Überzeugung. Die Positionierung auf dem Parkett ist unmissverständlich: Man will nicht nur die Enttäuschten aufsammeln, sondern sich der Regierungsfähigkeit beweisen. Es wäre der demokratische Auftrag, diese Gelegenheit endlich zu ermöglichen, anstatt den Sieg klein zu reden.







