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Trotz Unschuldsvermutung wiegen die Vorwürfe schwer: Wollte ein AfD-Mandatar aus Hessen einem Demonstranten das Auge ausstechen?

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Bauern protestieren in Brüssel – Mercosur-Abkommen verschoben“ (aus: BR24 vom 18.12.2025)

Da war ich eigentlich mit der Recherche für einen Artikel über die Bauernproteste zum „Mercosur“-Abkommen in Brüssel beschäftigt, als ich bei „YouTube“ auf ein Video stieß, das nach intensiver Suche der beteiligten Protagonisten den Namen des hessischen Landtagsabgeordneten Johannes Marxen hervorbrachte. Der geborene Flensburger gehört momentan dem Parlament in Wiesbaden an, soll – vorbehaltlich der Richtigkeit der Darstellung – in der Sequenz vom 18. Dezember 2025 einen Demonstranten mit einer Fahnenstange angegriffen haben. Der Politiker der Alternative für Deutschland äußerte sich daraufhin in einem kurzen Interview, wonach der Ursprung des Vorfalls in einem möglicherweise vermummten Mitglied der Antifa gelegen habe, welches ihm die Flagge entreißen wollte. Er habe sich lediglich gewehrt, doch die Aufnahmen sprechen eine andere Sprache. In dem zur Verfügung stehenden Ausschnitt geht der 70-Jährige proaktiv auf seinen Gegner zu, führt das Holzstück gezielt in Richtung von dessen Auge. Im Nachhinein zeigt er sich offenbar stolz auf seine Aktion, die konkreten Abläufe gegen hierfür allerdings keinen Anlass, im Gegenteil.

Ein unbeschriebenes Blatt, das allerdings auch nicht gerade durch Fleiß auffällt…

Trotzdem geht die Kritik an dem AfD-Mandatar mittlerweile viral. Leistete er lediglich Widerstand, weil er sich bedroht fühlte? Oder legte er unverhältnismäßige Aggression an den Tag? Insgesamt ergibt sich über den Schleswig-Holsteiner ein ambivalentes Bild. Der ausgebildete Landwirt befasst sich vor allem mit den Themen Tierseuchen und Agrarsubventionen, fiel bislang allerdings nicht mit einem überragenden Engagement auf. Im Februar wurde er mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 750 Euro belegt, hielt er während einer Gedenkveranstaltung mit dem Publizisten Michel Friedman provokativ eine weiße Substanz in den Händen. Bei öffentlichen Auftritten wurde ihm wiederholt unangemessenes Verhalten vorgeworfen, auch gegenüber Fraktionskollegen sei er verbal nicht zimperlich. Seine bisherigen Anträge und Vorstöße überzeugen nicht durch inhaltliche Tiefe, Reden fallen argumentativ schwach aus. Dass er oftmals mit den Prädikaten „rechtsextremistisch“ und „nationalistisch“ gebrandmarkt wird, ist hingegen in der zeitgeistigem Atmosphäre keine wirklich tragfähige Unterstellung. Viel eher fällt seine polarisierende Rhetorik auf.

Unabhängig der Umstände, war das Verhalten für einen Abgeordneten unangemessen!

Dass nunmehr von den Grünen gefordert wird, Strafanzeige wegen versuchter Körperverletzung zu stellen, genügt allerdings nicht für eine abschließende Bewertung. Auch hier ist die Unschuldsvermutung zu betonen, wenngleich die Gemengelage den Vogelsberger kaum entlastet. Führt man sich seine Arbeit im Plenum vor Augen, lässt sich nur wenig Teamfähigkeit erkennen. Begeisterte Leidenschaft und vehementes Brennen für die Sache sehen wahrlich anders aus. Dass er aktuell keine Funktion als Obmann innehat, muss nicht unbedingt ein Zufall sein. Man findet wenig über seine Vernetzung, taucht er weder bei Fachverbänden noch der Presse als Ansprechpartner auf. Es ziemt sich nicht, voreilige Schlussfolgerungen zu ziehen. Gerade, wenn es um Vorwürfe gegenüber einem Vertreter der AfD geht, sollte man besonders vorsichtig sein, sich nicht zu einem ideologisch motivierten Vorurteil hinreißen zu lassen. Doch in diesem Fall verhaftet kein guter Eindruck, selbst bei nötiger Distanz. Ein unbeschriebenes Blatt kann für einen positiven Leumund stehen, aber auch für wenig Bereitwilligkeit, als Volksvertreter Integrität, Zuverlässigkeit und Vertrauen zu schaffen.