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Auch wenn der Journalismus in einer selbst verursachten Krise steckt: Sind wirklich alle Publizisten „Brandstifter“ und „Kriminelle“?

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Medien in der Kritik: Was ist dran am Vorwurf ‚Lügenpresse‘?“ (aus: Chrismon vom 05.06.2025)

Der Journalismus in Deutschland steckt wahrhaftig in einer ernsthaften Krise. Nicht umsonst ist sein Leumund in der Gesellschaft dramatisch gesunken. Insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk und seine angeschlossenen Fernsehanstalten, die sich ideologisch haben vereinnahmen lassen von politisch Linken, um der Regierung willfährig jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, tragen schwere Schuld, wenn sie Halbwahrheiten verkünden, die Wahrheit beschönigen, Details auslassen, Lügengeschichten forcieren und unter dem Deckmantel der Meinungsäußerung Propaganda und Demagogie betreiben. Doch mittlerweile schießt die berechtigte Kritik oftmals weit über das Ziel hinaus, kommt sie doch nicht selten pauschalisierend und verallgemeinernd daher. Denn obgleich es eine Vielzahl von Kollegen gibt, die sich zum Sprachrohr der Mächtigen haben degradieren lassen, weil ihnen berufliche Karriere und finanzielle Stabilität wichtiger sind als Rückgrat und Courage, scheint die Frage durchaus angemessen, ob es sich eine ganze Branche bieten lassen muss, beispielsweise auf den sozialen Plattformen von nicht wenigen Nutzern auf eine Stufe mit Brandstiftern, Verbrechern und Diktatoren gestellt zu werden.

Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass wir über Zeiten hinweg sind, in denen Unbeteiligte in Sippenhaft für die Fehler und Verantwortung von Dritten genommen werden. Man kann sich als Publizist im Augenblick noch so sehr anstrengen, ethische Standards einzuhalten und ein Verständnis von Objektivität zu praktizieren: Dieses Bemühen wird zunichte gemacht durch eine Atmosphäre, in der zwingend nach einem Sündenbock für all das gesucht wird, was in dieser Nation und in der Welt schiefläuft. Doch statt sich direkt an die Schaltstellen des Einflusses und herrschende Politiker zu wenden, scheint es prinzipiell leichter, die gesamte Medienlandschaft zu verunglimpfen. Es braucht keine Diskussion darüber, dass die „Tagesschau“ mit der Bild- und Tonschere, mit dem Auslassen von Hintergründen, mit dem Euphemisieren oder Dramatisieren von Kriminalität und Skandalen, mit der gezielten Auswahl von kanalisierten Interviewgästen, mit dem Überrepräsentieren von Forderungen aus SPD oder der Grünen, mit Einseitigkeit und Tendenziösität, mit Nebelkerzen und dem Weglenken des Fokus auf Beiläufigkeiten, mit bewusst geschliffener Rhetorik und waghalsigen Interpretationen Nachrichten häufig zu einer Farce macht.

Doch wo bleibt die Würdigung all jener Presseschaffenden, die explizit mit dem Anspruch an Wahrhaftigkeit, Seriosität und Abstand täglich neu darum ringen, den Betrachter nach bestem Wissen und Gewissen in Kommentar und Berichterstattung jene Informationen zu liefern, die nicht etwa auf Erziehung, Bevormundung oder Indoktrination gerichtet sind? Sondern die den Konsumenten befähigen sollen, sich ein souveränes, unvoreingenommenes Urteil zu bilden. Wer sich in unserer Staatsform aus Bequemlichkeit und dem Willen zur Spaltung aufrafft, sein völlig berechtigtes Misstrauen, Argwohn und Skepsis nicht an eine dezidierte Adresse zu richten, sondern sämtliche als Mistkratzer verschrienen Autoren und Schreiberlinge ohne Schattierung an den Pranger stellt, trägt einen wesentlichen Anteil an der weiteren Erodierung des gemeinschaftlichen Zusammenhalts. Schließlich werden in dieser Mentalität auch noch die restlichen Akteure und Protagonisten im Blätter- und Senderwald ihres Ansporns und der Ermutigung beraubt, sich von den Schwarzen Schafen zu distanzieren und abzusetzen, um entweder zu kapitulieren oder überzulaufen. Soll das der Sinn sein, ein durchaus funktionales Rädchen im Uhrwerk der Demokratie gänzlich stillzulegen?