Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Gerichtsurteil zu rechtsextremem Aktivisten: Einreiseverbot für Martin Sellner widerrechtlich“ (aus: SRF vom 10.12.2025)
Viele Menschen ziehen am Ende des Jahres Bilanz, sie blicken zurück auf das, was sie erreicht haben, woran sie gleichsam gescheitert sind. Auch in der rechten Bewegung zieht man einen vorläufigen Schlussstrich unter die Kampagnen, mit denen man mobilisiert und überzeugt hat. Ein Auf und Ab gab es unter anderem beim österreichischen Aktivisten Martin Sellner. In den neuen Medien explodierten seine Reichweite und Sichtbarkeit, er konnte eine Menge zusätzlicher Unterstützer und Anhänger für sich gewinnen, seine Botschaften verbreiten, für die Idee umfassender Remigration werben. Gleichsam wurde er wiederholt von Kontokündigungen heimgesucht, das Phänomen des Debankings schlug mit voller Härte zu.
Mittlerweile dürfte sich der Wiener wohl auf manch einer Boykottliste der Finanzinstitute finden, will man auf diese Weise jene sozial isolieren, die dem Anspruch der politischen Korrektheit nicht gerecht werden. Dafür genügt heute offenbar die Zuschreibung, vermutlich extremistisch zu sein. Ob diese Darstellung tatsächlich einer kritischen Überprüfung standhalten würde, bezieht man sich nicht etwa auf die Definitionen des Verfassungsschutzes, sondern auf die Grundlagen des gesunden Menschenverstandes, muss selbstredend fraglich bleiben, in einer Gegenwart des voreiligen Geschichtsrevisionismus. Denn die Nazikeule zieht in weiten Kreisen der Gesellschaft mittlerweile ebenso wenig wie die fortwährende Schuldneurose.
Martin Sellner hat die Märchenerzählung vom Lehnitzsee zu seinem Zweck umgemünzt…
So stehen die metapolitischen Siege und die „patriotische Reconquista“ einer zunehmenden Repression und Unterdrückung gegenüber, von denen sich aber die Identitäre Bewegung im Gesamten unbeeindruckt zeigt. Denn sowohl Einreiseverbote wurden juristisch gekippt, Lesungen für gültig erklärt. Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte Schwierigkeiten, eine tragfähige Indizienkette dafür zu finden, dass die Überlegung der konsequenten Abschiebung von vermeintlich Schutzsuchenden, die sich der Eingliederung verweigern oder straffällig werden, mit dem Grundgesetz kollidieren könnte. Nicht einmal das Nutzen exekutiver Möglichkeiten, um nicht assimilierte Staatsbürger zur freiwilligen Ausreise zu bewegen.
Was der 36-Jährige an Kampagnen in die Hand nimmt, scheint zu einem Selbstläufer zu werden. Nicht nur sein Charisma und die Rhetorik überzeugen. Für den Nachwuchs ist der „YouTube“-Star auch deshalb ein Vorbild, weil er bei allem Widerstand Rückgrat und Courage zeigt, Distanzierungen brandmarkt, Loyalität hochhält. Da entsteht ein Gemeinschaftsgefühl des Vertrauens, in einer für viele Bürger aussichtslos erscheinenden Situation wieder Hoffnung zu empfinden, dass sich das Blatt doch noch wenden lässt. Schließlich ist es heutzutage auch keine Verschwörungserzählung mehr, dass die autochthone Mehrheit sukzessive an den Rand gedrängt wird. Die Stadtbild-Aussage von Friedrich Merz bestätigt solche Entwicklungen.
Die Gerichte tun sich schwer, dem Wiener irgendein Gefährdungspotenzial zu unterstellen…
Da füttert also jemand nicht nur die bloße Angst vor dem Morgen, sondern liefert gleich ein ganzes Lösungskonzept, welche sich allein deshalb als substanziell und konsistent erweist, basiert es auf der schlichten Annahme, dass sich auf demokratischem Wege die Verhältnisse in Europa drehen können, gewinnt die Volksseele wiederum an Selbstbewusstsein, wird befreit von der ständigen Last einer auf rund eineinhalb Jahrzehnte reduzierten Historie, die uns Mahnung und Erinnerung sein soll, aber kein Bremsklotz in Souveränität und Unversehrtheit. Auch wenn die Zensur 2026 weitergeht, interne Konflikte innerhalb des Lagers durch Kritik an Aktionen und Zweifel an Kontroversen bleiben dürften, ist der Philosoph im Aufwind.
Seine Fähigkeit zur Selbstreflexion macht ihn zu einem glaubwürdigen Frontmann, einer Galionsfigur, mit der es sich identifizieren lässt. Seine Tugenden sind keinesfalls rückwärtsgewandt, sie könnten kaum moderner sein. Dass ihm das System viele Erfolge durchkreuzt, scheint seinen Antrieb kaum zu schmälern. Regelmäßig holt er sich bei seinen Wegbegleitern neue Motivation, gibt sich als Gruppenspieler, dem zwar durch die etablierten Medien weiterhin das Etikett vom Geheimtreffen in Potsdam angeheftet wird. Doch die nennenswerte Öffentlichkeit hat entsprechende Lügen über geplante Deportationen von Deutschen längst durchschaut. Sellner kann auf die Mündigkeit des Einzelnen setzen, die nicht zuletzt er selbst geschärft hat.







