Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Ex-FDP-Politiker Kemmerich übernimmt Vorsitz bei Frauke Petrys ‚Team Freiheit'“ (aus: „Deutschlandfunk“ vom 09.10.2025)
„Meinungsfreiheit! Jeder Mensch darf seine Meinung frei äußern – ohne Einschränkungen, ohne Angst“ – so heißt der erste Programmpunkt eines frischen Konkurrenten auf dem politischen Tableau in Berlin. Und wie gerne würde man glauben, was als hehrer Grundsatz vor allen anderen Überzeugungen positioniert ist, müsste man nicht gleichzeitig bei einem auf X veröffentlichten Post des Journalistenkollegen Roland Tichy vom 12. Oktober 2025 hellhörig werden, in dem es heißt: „Lustig, was für ein Geschrei, Klage-Drohungen flatterten herein, geifernde Tweets vom Quasi-Pressesprecher-Ehemann, als wir bei Gründung Frauke Petrys neues ‚Team Freiheit‘ als ‚Brandmauerpartei‘ beurteilten“. Will dort ausgerechnet eine Kraft mit juristischen Schritten gegen eine Titulierung vorgehen, für die es stichhaltige Argumente und Gründe gibt, welche doch eigentlich eine vielfältige Presselandschaft propagiert, um einen Wettbewerb der Überzeugungen ausdrücklich zu fördern? Oder gilt vielleicht doch in Pauschalität der Argwohn: „Die Medien haben in ihrer Kontrollfunktion dramatisch versagt und sind in weiten Teilen zu Hofberichterstattern des sozialistischen Spektrums geworden“?
Meinungsfreiheit – aber nur, wenn sich die Meinung nicht gegen das Team Freiheit richtet?
Schließlich scheint die Frage des Verhältnisses vom TF zur AfD bis heute nicht abschließend geklärt, auch wenn die Spitzenkandidatin für Baden-Württemberg, Sarah Zickler, in einer Reaktion auf die Veröffentlichung umgehend ablenken wollte, um von „persönlichen Differenzen“ zwischen der Initiatorin und dem Publizisten zu sprechen. Dabei sind dessen Ausführungen mehr als stichhaltig. Selbstredend können sich Standpunkte über die Zeit ändern. Doch was ist aus Aussagen wie „Ich bin Anti-AfD, Anti-Höcke“ des neuen Vorsitzenden Thomas Kemmerich geworden, die er 2020 traf? Wo ist der Unterschied zwischen einer Brandmauer und einer „roten Linie“? Letztgenannte Bezeichnung hatte Frauke Petry im Mund, um andererseits erstgenannte als „Erfindung der Linken“ zu werten. Bei Markus Lanz rechtfertigte sie vor nicht allzu langer Zeit die Beobachtung der Alternative für Deutschland durch den Verfassungsschutz, die „viel, viel, viel zu spät“ gekommen sei. „Die Partei hat mittlerweile eine Obsession mit Hitler“, betonte die 50-Jährige, um mit solchen Behauptungen nur schwerlich davon überzeugen zu können, dass man keine Grenze ziehe, sondern in gewissen Ressentiments auf Distanz geht.
Der Eiertanz um Brandmauern, rote Linien und begrenzte Kooperationen…
Wiederum sagte der Kurzzeitministerpräsident im September: „Damals wie heute: Eine Zusammenarbeit, Koalition, Absprachen etc. gab es nie mit der AfD vor diesem Wahltag und auch nie danach“. Doch nur wenige Tage später hieß es von selbiger Seite: „Für uns gibt es keine Brandmauer. Unsere Gesellschaft besteht aus Menschen, mit manchen kann man gut zusammenarbeiten, mit anderen weniger“. Konsistenz sieht anders aus, Souveränität ebenfalls. Wortklauberei wird nicht dabei helfen, sich explizit vom Kartell abzuheben, auch wenn unterstrichen wird, dass eine Mehrheitsbeschaffung möglich sei, sollte die Kooperation das Ziel der Freiheit im Auge haben. Kollidieren heutige mit früheren Einlassungen wie jene Petrys im März: „Man muss ja einfach die Frage stellen, befinden wir uns auf rechtsstaatlichem Terrain mit gewissen Ansichten oder befinden wir uns auf extremistischem Terrain“, wenn sie aktuell hervorhebt, dass man eine Leerstelle zwischen CDU, FDP und der Alternative für Deutschland schließen wolle? Denn wie soll ein Vorhaben der „Antipartei“ gelingen, stimmt man mit „Blau“ höchstens partiell ab, um sich auch nicht an altbewährte Christdemokraten zu binden?
Man merkt der jungen Partei deutlich fehlende Routine in der Kommunikation an…
Wird dieses Projekt also die Kurve kriegen, sich früher oder später routinierter mit öffentlicher Kritik auseinandersetzen? Man bemerkt viel Sensibilität, vielleicht auch Überempfindlichkeit, lassen gerade jene nur ungern Widerspruch zu, die sich auf Vordenker wie Ludwig von Mises beziehen, welcher in seinem Werk „Liberalismus“ von 1927 umschrieb: „Die Freiheit des Denkens und des Sprechens ist die Grundlage jeder menschlichen Fortentwicklung“. Man sollte es sich mit der vierten Gewalt tunlichst nicht derart grob und fahrlässig verscherzen, indem man sie einzuschüchtern droht. Dies gilt insbesondere dann, scheint man gerade in der Anfangsphase einer Aktivität als wichtigen Multiplikator für Botschaften, Forderungen und Visionen auf manch Schreiberling angewiesen. Die Geschlossenheit, die Abgestimmtheit und die Einheitlichkeit bei TF werden auch künftig gesucht werden müssen, will man sich doch ausdrücklich als Sammelbecken von Individuen mit jeweils eigenen Sichtweisen profilieren, welche sich lediglich in einem Minimalkonsens treffen. Ob sich diese Praxis mehr oder weniger tauglich als die Regelung zur strikten Trennung zwischen Mitgliedschaft und Mandat erweist, bleibt abzuwarten.