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Der Absturz im Ranking der Pressefreiheit: Am Umgang mit der „Weltwoche“ offenbart sich die Meinungszensur in Brüssel und Berlin!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Russische Propaganda: Die «Weltwoche» verbreitet Inhalte von «Russia Today» – laut der «FAZ» ist das ein Rechtsverstoß“ (aus: NZZ vom 30.04.2025)

Deutschland war ein Garant in Sachen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Allein der Umstand, dass dieser Satz mittlerweile in Vergangenheitsform ausgesprochen werden muss, zeugt von dem rasanten Abstieg eines einstigen Vorbildes für die liberale Welt in Richtung des unbedeutenden, weil moralisierenden Partners inmitten von Europa, dem nunmehr auch attestiert wurde, selbst in Sachen Pressefreiheit massiv federn zu lassen. Im neuesten Ranking finden wir uns nicht mehr unter den ersten zehn Platzierten. Und leider überrascht diese Nachricht den außenstehenden Beobachter kaum. Denn dass von Seiten der Regierung die Daumenschrauben angezogen werden, wenn es um die Regulierung der unbehelligten Rede geht, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Ob mit Meldestellen oder Schwerpunktbehörden, die mittlerweile auch jene Journalisten treffen, die von Gerichten in höheren Instanzen von sämtlichen Anwürfen losgesprochen werden, weil unsere Verfassung Kritik an den Eliten nicht nur ausdrücklich schützt, sondern sie gar zu einem Gradmesser dafür erklärt, ob Widerspruch gegenüber dem Sagen und Handeln der Mächtigen als Ausdruck von lebendiger Volksherrschaft – insbesondere auch aus den Reihen der Opposition – möglich bleibt, wird drangsaliert und tyrannisiert.

Ob es nun das Strafmaß gegen den Chefredakteur des „Deutschland Kurier“, David Bendels, mit sieben Monaten Bewährung wegen eines Memes zu Nancy Faeser, der Versuch eines Verbots des Magazins „Compact“ oder die brachiale Kneblung von Anabel Schunke wegen vermeintlicher Hetze war: Die Einschläge für Medienschaffende kommen näher. Von dieser Entwicklung kann momentan auch die Schweizer „Weltwoche“ ein Lied singen. Ihr wird angelastet, Textmaterial der in der EU verbotenen Plattform „Russia Today“ veröffentlicht zu haben. Die Kollegen von der FAZ gehen dabei sogar so weit, dem zuständigen Roger Köppel Gesetzesverstöße vorzuwerfen, weil er sich beim angeblichen Propagandaorgan aus Richtung Moskau bediene. Dieses wird unter anderem bezichtigt, das Massaker im ukrainischen Butscha als ledigliche Inszenierung von Kiew dargestellt zu haben. Unter anderem deshalb hatte Brüssel am 1. März 2022 die Ausstrahlung innerhalb der EU untersagt – und die Genehmigung zur Verbreitung von Inhalten auch anderen Hörfunk- und Fernsehsendern verwehrt. Grundlage hierfür war eine Verordnung über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Putins aus dem Jahr 2014. Im Nachgang hatte auch die Bundesrepublik die Lizenz für RT widerrufen. Doch unter Juristen waren diese Vorgänge stets umstritten – und bleiben es bis heute.

Einerseits liegt es nicht in der Kompetenz von Ursula von der Leyen, in die Hoheit der einzelnen Mitglieder mit Blick auf die Kulturpolitik einzugreifen. Ein solches Manöver der Intervention hatte nämlich schon der Oberste Gerichtshof in einem Urteil vom 10. Mai 2016 (Az.: T‑529/13) als unzulässig bezeichnet. Der Bürokratenapparat rechtfertigte sich hingegen damit, dass Regelungen zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitsstrategie nach Art. 215 AEUV im vorliegenden Fall zur Anwendung kommen könnten, weil die angebliche Manipulation von Tatsachen aus dem Kreml die hiesige Stabilität des Miteinanders bedrohe. Doch gerade, weil man sich darauf stützt, einer Verfälschung von Fakten entgegenwirken zu wollen, gibt man unmissverständlich preis, dass es eben doch um die Beschneidung einer möglichen Meinungsvielfalt geht. Und hierfür fehlt es der Kommission in der belgischen Hauptstadt eindeutig an Befugnis. Die Grundrechtecharta garantiert nämlich auch in krisenhaften Phasen nach Art. 51 die ungestörte Verbreitung von Information und Bericht als ein zweifelloses Gut der Wertegemeinschaft. Gemäß Entscheidung des EGMR vom 22. Mai 1990 (Az.: 12726/87) darf der Empfang von Kommunikation für die Bürger selbst dann nicht durch öffentliche Stellen erschwert werden, wenn diese irreführend sein mag.

Auch die roten Roben in Karlsruhe manifestierten bereits in einem Beschluss vom 3. Oktober 1969 (Az.: 1 BvR 46/65): „Es gehört zu den elementaren Bedürfnissen des Menschen, sich aus möglichst vielen Quellen zu unterrichten, das eigene Wissen zu erweitern und sich so als Persönlichkeit zu entfalten“. Inwieweit also die Distribution wörtlicher Artikel aus einer Quelle tatsächlich geltende Paragrafen umgeht, die auf einer fadenscheinigen Argumentation mundtot gemacht wurde, muss weiterhin diskutiert werden. Für den früheren Nationalrat der konservativen SVP, der mit seiner Zeitung aus dem eidgenössischen Zollikon auch die hiesige Leserschaft erreicht, bedeutet das Zuständigkeitswirrwarr, sich zunächst auf diese Widersprüchlichkeit berufen zu können. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der Direktor des Alexander-von-Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft, Prof. Dr. Wolfgang Schulz, in einem Gastbeitrag für „Legal Tribune Online“ vom 23. April 2022. Denn was von Dritten verlangt werde, wenn sie „auf andere Weise dazu beizutragen hätten“, das Publizieren von Essenzen aus sanktionierten Medien zu stoppen, sei so vage, dass das Gebot der Bestimmtheit verletzt werde. Und so bleibt wieder einmal das Empfinden, Willkür und Potenz könnten obsiegen, sollte das Verlegen nicht genehmer Standpunkte Konsequenzen haben.

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