Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „AfD in Nordrhein-Westfalen: ‚Der Unterhaltungswert ist enorm. Der Schaden für die Partei ist nicht amüsant'“ (aus: WELT vom 11.11.2025)
Wenn man als Journalist mit langjähriger Erfahrung in der Berichterstattung über die politischen Verhältnisse in Deutschland auf so manche Entwicklung dieser Tage blickt, dann kommt man ohne Umschweife zu dem Schluss, dass es oftmals keine Feinde braucht, wenn man doch Parteifreunde hat. Denn kaum in einer anderen Gruppierung wird so sehr Narzissmus gelebt wie dort, wo Menschen um Macht und Einfluss ringen. Besonders gravierend sind die Rivalitäten, wenn programmatische Flügel aufeinandertreffen, inhaltliche Lager kollidieren. Da ringen die jeweiligen Vertreter um die Deutungshoheit, wollen ihre Vertreter an den entsprechenden Schaltstellen unterbringen. Selbstverwirklichung und Idealismus, aber vor allem Argwohn und Missgunst können solch eine Atmosphäre dominieren. Und exakt diesen Eindruck gewinnt man, befasse ich mich momentan mit zahlreichen Zuschriften, die mich von anonym bleibenden Mitgliedern der AfD in Nordrhein-Westfalen erreichen. Die durchgestochenen Informationen sollen Berichterstattung provozieren, mich offenbar auf eine Seite ziehen.
Das Vincentz-Lager zieht alle Register, um die Deutungshoheit für sich zu gewinnen…
Der dortige Landesverband steckt in einer massiven Krise, weil sich der Vorstand in einer unredlichen Manier dazu entschlossen hat, mit Einseitigkeit gegen prominente Vertreter wie den couragierten Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich zu agitieren. In den Strukturen fänden längst keine ordnungsgemäßen Wahlen mehr statt, stattdessen würden bevorzugte Kandidaten lediglich „ernannt“. Mit teils bedrohlich wirkenden E-Mails werden auch Außenstehende dazu aufgefordert, ihre Solidarität mit dem 37-Jährigen aufzugeben. Arbeitskreise seien lediglich ein Schein, denn Sachthemen würden kaum mehr behandelt. Viel eher gehe es um die Frage, die als „völkisch“ eingeordnete Strömung im Geiste von Björn Höcke zu stoppen. Hierfür werde auch über „politische Leichen“ gegangen, die Kollateralschäden der Außenwirkung seien „egal“. Es werden alte Kamellen aus dem Hut gezaubert, kommunale Repräsentanten durch den Dreck gezogen. Denn mittlerweile weiß jeder, der sich ein souveränes Bild gemacht hat, wie die Zuschreibung des „freundlichen Gesichts des Nationalsozialismus“ gemeint war.
Helferich hat stets provokativ-patriotisch gehandelt – das brachte ihm Feinde ein…
Der Dortmunder ist ein typisches Beispiel dafür, was Neid auslösen kann. Mit einem breiten Zuspruch aus dem Vorfeld, vernetzt in die geschmähte Identitäre Bewegung, als konsequenter Befürworter der Remigration und strenger Wächter über die deutsche Leitkultur gilt Helferich als ein Paradebeispiel, der polarisieren, vor allem aber Unterstützer hinter sich vereinen kann. Wer ein Duftbäumchen mit „Raus mit die Viecher“ für eine Kampagne instrumentalisiert, angeblich rassistisch angehauchte Interna offenlegt, dem geht es nicht etwa darum, sich mit der Frage nach Abschiebungen auseinanderzusetzen, sondern jemanden an den Pranger zu stellen, der überaus erfolgreich ist mit seinem Bestreben, die AfD nicht jenen überlassen zu wollen, die sich zu Gunsten des Distanzierens von potenziellen „Hardlinern“ und für das Anbiedern gegenüber dem etablierten Kartell schmutziger, heuchlerischer und illoyaler Possen des Stichels nicht zu schade sind. Dass sich nunmehr auch Alice Weidel aus der fernen Hauptstadt an der Ruhr einschaltet, stärkt nicht etwa die „rechtsextremen“ Anteile der Partei in ihrer Position.
Eine Partei im Aufwind wird missbraucht, um eine persönlich-ideologische Fehde zu führen…
Stattdessen geht es um das Ansehen eines Projekts, das im nächsten Jahr bei mehreren Urnengängen im Osten fulminant gewinnen kann. Sich mit Schmutz zu bewerfen, um Missstände zu kaschieren, die eigene Stellung zu stärken, mit unlauteren Mitteln Konkurrenten auszustechen und demokratische Mechanismen vor Ort auszuhebeln, ist das Resultat von mangelnder Kollegialität, latenter Eifersucht und histrionischem Geltungsdrang. Im Gegenzug ist Helferich auf der Mission, dem Bürger zu begegnen, sich auf Augenhöhe zu zeigen, ansprechbar zu bleiben und sich nebenbei zu wehren. Denn sein gesamter Dunstkreis steht unter Beschuss, der „weiße Ritter“ Vincentz hat ein Netz an Intrigen gesponnen, sein früherer Pressesprecher soll kompromittierendes Material über Widersacher gesammelt und weitergegeben haben. Der Skandal um die schützende Hand über Klaus Esser, der sich mit falschen Zeugnissen hocharbeitete, aber von den Parteioberen durch das Attest der Verjährung freigesprochen wurde, ist nur ein Baustein im Lügengebilde, das aus Berlin möglichst bald zum Einsturz gebracht werden möge.







