Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Chrupalla: AfD unterstützt Merz‘ teilweisen Waffenlieferstopp an Israel“ (aus: „Berliner Zeitung“ vom 12.08.2025)
Dass im Augenblick nicht nur in der AfD das Dilemma um die richtige Positionierung im Gaza-Konflikt für Austritte und Spannungen sorgt, hängt mit den unterschiedlichen Dimensionen dieses Krieges zusammen. Neben einer aus deutscher Warte innenpolitischen und moralischen Kategorie wird immer wieder auch die sogenannte „völkerrechtliche“ Perspektive eingebracht. Und je nach Sichtweise sind die Schlussfolgerungen für das adäquate Verhalten unsererseits stets andere, die nie für alle zufriedenstellend sein können. Dieser Bredouille wird man sich gewiss werden müssen.
Letztlich bedarf es einer Folgenabwägung – auch für unsere deutschen Interessen!
Fokussiert man sich am ehesten auf die Frage, welches Handeln mit Blick auf das Verhindern möglicher Migrationsströme in Richtung Europa folgerichtig und notwendig wäre, wird man zu der Antwort kommen müssen, dass jede weitere Verschlechterung der humanitären Lage im palästinensischen Küstenstreifen mit Fluchtbewegungen verbunden ist. Doch dieser Fokus allein scheint nicht hinreichend genug, müsste man in der Konsequenz jegliche weitere Intervention von Israel nahezu uneingeschränkt und fast allumfassend brandmarken, verurteilen und unterbinden.
Dies wiederum würde der bis heute nicht zerschlagenen Terrormiliz auf der Feindesseite die Möglichkeit einräumen, ihre Strukturen neu aufzubauen und sich von den bisherigen Schlägen zu erholen. Daraus erwächst einerseits die Gefahr für den jüdischen Staat und seine Existenz, andererseits aber auch eine internationale Instabilität an einem heiklen Ort, schafft man frischen Nährboden für den weltweiten Dschihadismus, der nicht zuletzt unsere Werte, die westliche Lebensweise, die kulturelle Prägung sowie das okzidentale Gefüge bedroht.
Der Faktor Propaganda darf bei aller Bewertung des Geschehens nicht unterschätzt werden!
Will man Jerusalem verpflichten, bei seiner zweifelsohne grenzwertigen Vergeltung zielgenauer vorzugehen, dürfte dies an der engen Verwobenheit zwischen Zivilbevölkerung und Dschihadisten scheitern. Dies unterstreicht exemplarisch der Tod des Reporters Anas al-Sharif, der bei einem aktuellen Bombenangriff durch die IFD-Verteidigungskräfte gezielt ins Visier genommen worden war, weil es stichhaltige Indizien gibt, dass er keinesfalls nur Journalist für Al Jazeera gewesen ist, sondern zeitweise Führungskraft im militärischen Arm der Extremisten.
Auch die Bekämpfung der angeblichen Hungersnot – welche sich bei einer realistischen Interpretation entsprechender Beobachtungen durch die UN, die EU und Oxfam als ernsthafte Unterernährung, aber nicht als flächendeckende Katastrophe im Sinne eines strukturiert herbeigeführten Genozids darstellt – vergegenwärtigt die Perfidität der Verstrickung zwischen einfachen Bürgern und den fanatischen Glaubensbrüdern in ihrem antizionistischen Hass, welche ihre eigenen Leute verdursten lassen, um für sich selbst alle verfügbaren Lebensmittel abzugreifen.
Chrupalla hat sachgerecht argumentiert, aber eine unkluge Begründung gewählt!
Und dann bleibt da noch die generelle Ablehnung von Rüstungslieferungen in Gebiete, die von akuten Auseinandersetzungen heimgesucht sind. Tino Chrupalla befindet sich mit diesem Verweis aus dem Sommerinterview beim ZDF zwar auf dem Boden des Parteiprogramms, zieht jedoch ein Argument heran, das für Argwohn sorgen muss. Denn er spricht von Verbrechen durch die Regierung Netanjahus, statt sich generell auf den Standpunkt zu stellen, dass Frieden wohl in kaum einer Konstellation allein durch Waffen geschaffen werden kann.
Dass seine Begründung insofern als ein Schlag ins Gesicht der Opfer des 23. Oktober 2023 wahrgenommen wird, die darüber hinaus auch weiterhin um den Verbleib von Geiseln fürchten, ist nicht wirklich überraschend. Man dürfte aus der Sackgasse nur herauskommen, gelangt man zu einer differenzierten Abwägung, die nicht etwa aufgrund unserer Staatsräson verpflichtet, im speziellen Fall auch weiterhin an Rückendeckung festzuhalten. Sondern weil ein erforderlicher Kampf gegen die Hamas ohne massive Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung unmöglich scheint.