Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „‚Wackelige Rechtsgrundlage‘ – SPD-Abgeordnete stellen Zurückweisungen infrage“ (aus: WELT vom 21.05.2025)
Wieder einmal hadern die Sozialdemokraten. Dieses Mal geht es um Dobrindts Zurückweisungen an der Grenze, welche sich ohnehin als Rohrkrepierer erweisen, gilt es doch weiterhin als gesichert, Einlass in die Bundesrepublik zu bekommen, sobald man um Hilfe ohne Not anruft. Da waren es nicht nur die Eindrücke vieler Bürger, die an den Übergängen zu Österreich, der Schweiz, Polen oder den Niederlanden so gar keine Stringenz erlebten, wenn es um die Ablehnung von Migranten ging, welche keinerlei Bleibeperspektive oder anerkannten Fluchtgrund vorweisen konnten, aber schon allein deshalb nach Deutschland kommen durften, gibt es doch hierzulande Grünen-Politiker und Vertreter der Linken, die mit der Moralkeule der Menschenwürde um sich fuchteln. Sie schwadronieren lautstark, es würde gegen Paragrafen verstoßen, ließe man jene nicht passieren, die zwar ein Schutzbedürfnis formulieren, aber ohne Nachweis über eine konkrete und individuelle Verfolgung in ihrer Heimat sind. Dabei ist die Auslegung von Art. 20 Dublin-III-Verordnung keinesfalls so einfach, wie sich das manch ein toleranter Aktivist wünschen würde. Denn jede Medaille hat zwei Seiten, die man nicht zur Hälfte außer Acht lassen kann, weil man in einer Mentalität der Vielfalt von Milch, Honig und dem Weltfrieden träumt.
Stattdessen lassen zahlreiche Interpretationen des Gesetzestextes erahnen, wonach eine harte Hand dann zu legitimieren ist, fehlt es an der Klärung der Zuständigkeit für ein entsprechendes Verfahren zur Feststellung von Herkunft und Identität. In einer solchen Konstellation lässt sich auch aus der Rechtsprechung der obersten Gerichte die zweifellose Befugnis ableiten, dass das Betreten des hiesigen Territoriums untersagt werden kann, bis es insbesondere zu einer abschließenden Beurteilung gekommen ist, ob nicht bereits ein Drittstaat eine Überprüfung entsprechender Ansprüche hätte übernehmen müssen. Es existiert darüber hinaus in keinerlei Konventionen die Bestimmung über ein Wunschziel. Viel eher wirkt es schon einigermaßen grotesk, wenn sich offenbar in akuter Bedrängnis befindliche Völker in tausenden Kilometern Entfernung auf direkte Wanderschaft in Richtung Berlin machen, obwohl man doch auch im eigenen Kulturkreis zahlreiche Destinationen finden könnte, in denen eine hinreichende Versorgung sichergestellt wäre. Es scheint keine biblische Idee, sondern eher eine Erfindung der Neuzeit, von Beginn an eine Reise um den halben Erdball zu planen, ist man sich durch das Hörensagen doch einigermaßen gewiss, dass der hiesige Steuerzahler im Zweifel üppig subventioniert, finanziert und hofiert.
Das Bestreben nach einem besseren sozialen und wirtschaftlichen Leben stellt ausdrücklich keinen Anlass dar, welchen wir als Alibi zu glauben hätten, berichtet der Syrer dem schwarz-rot-goldenen Beamten am Schlagbaum eine hanebüchene Geschichte über seine vermeintlichen Motivationen, nicht etwa im Libanon Halt gemacht zu haben, sondern ohne Umwege über den Balkan nach Mitteleuropa zu strömen. Es war nie zwingend vorgesehen, dass ein Aufenthaltsstatus abzuwägen ist, während sich der Betroffene auf unserem Territorium befindet. Eigentlich hatten die EU-Innenminister längst geplant, solche Prozesse an die Außenlinie des Kontinents zu verlagern, gegebenenfalls aber sogar in die Ursprungsgebiete Nordafrikas oder im Mittleren Osten. Immerhin könnten dort entsprechende Vertretungen die Aufgabe bewerkstelligen, vorab sämtliche Maßnahmen zu veranlassen, um überhaupt eine grobe Einschätzung zu erlangen, inwieweit ein Gesuch prinzipiell plausibel und konsistent ist. Sowohl § 55 AsylG gilt in Form einfachgesetzlicher Grundlage als prinzipiell modifizierbar. Und selbst bei Art. 16a GG wurde trotz einer Verquickung mit Art. 1 durch das Verfassungsgericht festgestellt, dass die Ewigkeitsklausel nicht anzuwenden sei. Somit lässt sich mit Zweidrittelmehrheit viel ändern. Man muss nur wollen.