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Ministerin Reiche und das Umschiffen tatsächlich notwendiger Sozialreformen: Nicht die Rente ist das Problem, sondern ihre trägen Nutznießer!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Reiche und die Rente: Plötzlich ist von „Fehlbesetzung“ die Rede – in der CDU“ (aus: FOCUS vom 28.07.2025)

Tobender Applaus von den Chefs und Firmenbossen, massive Kritik aus der eigenen Partei: Wirtschaftsministerin Reiche hat mit ihrem Vorschlag einer deutlichen Erhöhung der Wochen- und Lebensarbeitszeit für ein gespaltenes Echo gesorgt. Denn die Forderung trifft insbesondere die hart schuftenden Angestellten und Selbstständigen in unserer Republik ins Mark. Schon jetzt sind die Zahlen unmissverständlich, klar und entlarvend: Während man beispielsweise in den Niederlanden durchschnittlich 31,6 Stunden pro Woche einer Erwerbstätigkeit nachgeht, sind es in Deutschland 34,8. Zwar liegt diese Zahl noch deutlich unter dem EU-Schnitt. Doch auch beim tatsächlichen Renteneintrittsalter liegen wir mit 62,1 Jahren klar vor anderen Nationen wie Griechenland, Italien oder Frankreich. Es braucht zweifelsohne Maßnahmen, um diesen Wert an das derzeit bestrebte Niveau von 67 heranzuführen. Aber bereits heute darüber nachzudenken, dass die Menschen pauschal fünf Dekaden im Job verbringen sollen, um sodann acht bis neun Jahre ihr Alter genießen zu können, stellt gerade im Wissen eine Farce dar, dass zunächst andere Sozialreformen dringend notwendig wären, um Gerechtigkeit herzustellen, als diejenigen zusätzlich zu belasten, die aktuell die durchfütternden und alimentierenden Leistungsträger der Gesellschaft sind.

Ehe die Erwerbsfähigen nicht arbeiten, ist jede Rentendiskussion zur Unfairness verdammt!

Und so fehlt es nicht zuletzt an konkreten Eingliederungsmaßnahmen, die gut vier Millionen Bürgergeldempfänger im Alter über 15 Jahren in eine Beschäftigung zu bringen. Immerhin fragt sich der früh morgens aufbrechende Tagelöhner, warum ein Bauarbeiter, eine Pflegekraft, ein Angestellter bei den Entsorgungsbetrieben, eine Krankenschwester, ein Rettungsassistent, ein Verkäufer, ein Fabrikarbeiter oder ein Fensterputzer in ohnehin körperlich wie psychisch belastenden Berufsfeldern Gesundheit und Ressourcen noch länger als bisher dafür aufopfern soll, damit sich Transferleistungsbezieher trotz ihrer prinzipiellen Erwerbsfähigkeit einen Lenz machen können, verzichtet man bislang an durchgreifenden Sanktionen und Konsequenzen für jene, die zumutbare Angebote aus Situiertheit ablehnen? Während die durchschnittliche Arbeitslosenquote unter Deutschen bei 4,4 Prozent liegt, sind es bei Ausländern momentan 15,1 Prozent, wobei ihr Anteil an der Gesamtzahl der Arbeitslosen rund 37 Prozent beträgt. 2025 sind 2,6 Millionen Personen mit Einwanderungsgeschichte im Bezug des ehemaligen ALG II, was 48 Prozent der Empfänger von Grundsicherungsleistungen bei Arbeitslosigkeit im Gesamten darstellt. Und all das bei einem ungefähren migrantischen Anteil an der Bevölkerung von gerade einmal 15 Prozent, was erhebliche Schieflage bedeutet.

Die strukturellen Reformen der Rente sind seit Schröder nicht mehr weiterentwickelt worden!

Solche harten Fakten werden in der Debatte häufig ausgespart, traut sich auch die CDU nicht an das Goldene Kalb heran. Denn noch immer wird der Umstand von den etablierten Parteien umschifft, dass der Missstand des Sozialsystems nicht etwa aus der Bequemlichkeit der Einheimischen rührt, die sich bisweilen über die Maßen als Steuerzahler dafür engagieren, dass manchen Flüchtlingen ein besseres Daseins zuteilwird als einem hiesigen Senioren, der auf die Suche nach Flaschen gehen muss, weil er selbst nach 45 Beitragsjahren nicht genügend Auskommen hat, um seine Existenz zu sichern. Dass es weiterhin an einem tragfähigen Fundament für die Finanzierung des Systems mangelt, welches noch immer auf dem eingestaubten, verkrusteten und sensiblen Umlageverfahren beruht, um damit äußerst anfällig zu sein für die momentan erst in Schwung kommende Demografie, bleibt in der Thematisierung ein Tabu, obwohl es doch schon unter Kanzler Schröder einen Ansatz für die zweite Säule der kapitalgedeckten Herangehensweise nach dem sogenannten Riester-Konzept gab. Selbiger wurde kaum weiterentwickelt, bleibt darüber hinaus bei vergleichsweise starken Zuwächsen in der Produktivität eine ordentliche Partizipation des Faktors Arbeit an Profiten und Unternehmensgewinnen aus.

Sind Beamtenpensionen in Zeiten eines aufgeblähten Apparats noch leistbar?

Ebenso unbeachtet die Tatsache, dass wir mit stetig steigenden Ausgaben für die Pensionen unserer Beamten ein Fass ohne Boden schaffen. 2023 waren es weit über 63 Milliarden Euro, unter Berücksichtigung von Hinterbliebenenansprüchen und Beihilfe sogar knapp 86 Milliarden. Zahlreiche Fachleute sehen diesen Apparat nicht mehr als stemmbar an, bläht man ihn durch Zulagen und Neuanstellungen in den Staatsdienst auf, um gleichzeitig seiner Ineffizienz zu frönen. Ein weiteres Problem stellt die fehlende Liquidität des einfachen Mannes dar, der auf privater Schiene kaum vorsorgen kann. Immerhin fließen 292 Milliarden Euro in die verschiedensten Anlageformen, doch der Anteil an Rürup-Verträgen oder Kapitallebensversicherungen liegt bei lediglich 33 Prozent der Haushalte. Anreize sind offenkundig nicht ausreichend und attraktiv genug. Gleichzeitig können viele Bürger ob des geringen Nettos vom Brutto kaum etwas für später beiseitelegen, liegt die Abgabenlast bei 42 Prozent. Investitionen werden an der falschen Stelle gesetzt, ist die Unterhaltung bestehender Strukturen doch gravierend teurer als ein Umdenken in Richtung mehr Fördern und Fordern. Wir sind vom Pfad abgekommen, den Einzelnen zu mehr Selbstverantwortung zu befähigen. Und dieser Kurswechsel rächt sich nun.