Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Ostdeutschland: Länder bereiten Konsequenzen für AfD-Mitglieder im Staatsdienst vor“ (aus: „Apollo News“ vom 06.10.2025)
Beschönigend als „Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 28. Januar 1972“ bezeichnet, ging der sogenannte „Radikalenerlass“ in die Geschichte der Bundesrepublik ein. „Jeder Bewerber für den öffentlichen Dienst hat im Rahmen der geltenden gesetzlichen Vorschriften auf seine Verfassungstreue hin überprüft zu werden“, hieß es entsprechend, um zu konkretisieren: „An der Eignung eines Bewerbers für den öffentlichen Dienst bestehen in der Regel Zweifel, wenn er Mitglied einer Organisation ist, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, oder wenn er sich aktiv für solche Ziele einsetzt“. Was unterscheidet das damalige Vorgehen von Worten des aktuellen Regierungschefs in Brandenburg, Dietmar Woidke, der zusammen mit der Spitze des dortigen Inlandsgeheimdienstes um Dr. Wilfried Peters und Innenminister René Wilke forderte: „Dann müssen wir – auch in Brandenburg – prüfen, welche Konsequenzen das für den öffentlichen Dienst hat. Es geht zum Beispiel um die Frage, ob Menschen, die etwa als Wortführer dieser Partei auftreten, in bestimmten Bereichen des öffentlichen Dienstes tragbar sind, etwa als Beamte mit besonderer Treuepflicht gegenüber dem Staat“?
Geschichte wiederholt sich leider oft, manchmal sogar drastischer als zuvor…
In Bezug auf die AfD sollen also Bürger von der freien Berufswahl ausgeschlossen werden, die aus Sicht der Exekutive ein rechtsextremistisches Gedankengut in sich tragen könnten, ohne allerdings detailliert darauf einzugehen, welche Forderungen der Partei tatsächlich mit den Grundwerten der Volksherrschaft kollidieren könnten. Denn auf Basis schlichter Werturteile einer Behörde zu argumentieren, die weisungsgebunden und damit nicht unabhängig ist, kommt massiver Beliebigkeit und dreister Generalisierung gleich. Zwar sieht das Bundesbeamtengesetz in § 35 durchaus vor, dass sich Staatsdiener zu jeglichem Zeitpunkt und in sämtlicher Hinsicht zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen haben. Doch explizit hat eine Einstufung durch den Verfassungsschutz keine direkt rechtlich bindende Wirkung. 1975 bestätigte Karlsruhe (Az.: 2 BvL 13/73), dass die Mitgliedschaft in einer extremistisch geltenden Vereinigung keinen automatischen Entlassungsgrund darstellt, sondern allenfalls ein Indiz für Zweifel. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigte 1995 (Az.: 17851/91), dass eine bloße Parteitätigkeit kein Beweis für verfassungsfeindliche Handlungen im Einzelfall bedeute.
Die Rechtslage bezüglich willkürlicher Benachteiligung ist längst geklärt…
Ebenso unterstrich das Bundesverwaltungsgericht 2017 (Az.: 2 C 25/17) noch einmal, dass eine konkrete Prüfung erforderlich sei, bei der die explizite Handlung, der Kontext und die berufliche Rolle berücksichtigt werden müssen. Schlichte Behauptungen und konkludierte Annahmen genügend ausdrücklich nicht, denn auch in ähnlichen Bereichen war es die Justiz, die unter anderem rügte, dass die alleinige Zugehörigkeit zur AfD beispielsweise keine Substanz besitze, um den Waffenschein zu entziehen. Die Feststellung der Alternative für Deutschland als ein Verdachtsfall rechtsextremistischer Bestrebungen sage nichts dazu, ob eine „aggressiv-kämpferische“ Haltung vorliege, die von einer Unzuverlässigkeit im Umgang mit Gewehren und Pistolen ausgehen lasse. Erst dann, wenn eine gegen die Prinzipien des liberalen Miteinanders gerichtete Mentalität begründet sei, könne es zu vertretbarer Diskriminierung kommen, indem der Zugang zu bestimmten Ämtern oder Besitztümern eingeschränkt wird. Insofern bleibt ein konkludenter und plausibler Nachweis unumgänglich.
Die AfD hat bei Umsetzung der Brandenburger Dekrete juristisch gute Erfolgsaussichten!
Hierauf weist die AfD auch selbst hin, hatte die Fraktion im Potsdamer Landtag schon 2024 in ihrer Klage gegen den „Verfassungstreue-Check“ einen Pauschalangriff gewittert, der „Oppositionelle mundtot machen“ soll. Der Landesvorsitzende René Springer formulierte gar: „Das ist keine Demokratie mehr, das ist Gesinnungspolitik. Meinung ist kein Verbrechen!“, denn „Das Gesetz erlaubt Entlassungen ohne Gericht – morgen sind es Linke oder Grüne“. Der Abgeordnete Dr. Hans-Christoph Berndt monierte: „Das verletzt den Grundsatz der Neutralität und öffnet die Tür zur Willkür“. Er sieht einen „offenen Racheakt der rot-schwarz-grünen Koalition“ und beharrt darauf: „Solange die AfD legal ist, dürfen Mitglieder nicht wegen ihrer Gesinnung entlassen werden“. Diese Einschätzung teilen Experten wie Ulrich Hallermann, Spezialist für Beamtenrecht, der vor „politischen Säuberungen“ warnte, um im Einklang mit Kollege Josef Franz Lindner zu sein: „Eine AfD-Mitgliedschaft allein ist kein Dienstvergehen, da sie nicht automatisch verfassungsfeindlich ist“.