Quelle: Clipdealer.de, 11100694, erworbene Standardlizenz.

Nichts mehr von Schillers „Himmlische, dein Heiligtum“: Wie ein belgisches Musikfestival den europäischen Judenhass aus 2025 zelebriert!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Münchner Philharmoniker: Festival im belgischen Gent lädt Dirigent aus Israel aus“ (aus: WELT vom 11.09.2025)

„Deine Zauber binden wieder, was die Mode streng geteilt“, so heißt es in Friedrich Schillers Ode „An die Freude“, die mit Ludwig van Beethovens Neunter Sinfonie vertont und später als Europahymne bekannt wurde. Doch im Augenblick ist nicht viel übrig davon, was man sich für diesen Erdteil als Einheit wünschte. Nicht zuletzt ein zentrierter Bürokratenapparat in Brüssel macht einen Strich durch die Rechnung all jener, die sich Brüderlichkeit erhofften. Polarisiert und gespalten durch eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, eine Bedrohung der Demokratie durch Manipulation, Zensur und Einflussnahme von der Leyens, erweist sich ein anfänglich als sinnvoll erscheinendes Konstrukt der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und ideellen Verbundenheit der verschiedenen Nationalstaaten zunehmend als schwerwiegender Ballast für die Haushalte, die Souveränität der Mitgliedsländer, die Eigenständigkeit politischer Entscheidungsträger, die Unabhängigkeit der jeweiligen Justiz. Hier reißen Gräben auf, von „Freude, Freude treibt die Räder in der großen Weltenuhr“ ist kaum mehr etwas zu spüren. Kaum noch jemand traut der CDU-Politikerin, die „Rechtsstaatlichkeit verteidigen“ wollte.

Der Judenhass ist nur eine von vielen Formen der Ausgrenzung in der heutigen Gesellschaft!

Und auch ideologisch driften wir weiter auseinander, nicht nur im klassischen Links-Rechts-Spektrum. Es ist weit mehr als eine bloße Blamage, dass auf dem Boden jenes Kontinents wiederum Antisemitismus grassiert, in dessen Herz und Mitte die Nationalsozialisten mit ihrer Judenfeindlichkeit wüteten. Das „Flanders Festival Gent“ hat die Absage eines geplanten Konzertes mit Auftritt der „Münchner Philharmoniker“ unter Verweis auf die vermeintlich fehlende Abgrenzung des künftigen Chefdirigenten Lahav Shani von der Agenda der israelischen Regierung begründet. Die Veranstaltung solle „geschützt werden“ vor einer tendenziösen Parteinahme des Gaza-Krieges. Dabei ist es nicht der Pianist, der sich auf irgendeine Seite gestellt hat. Und das, obwohl doch schon Victor Hugo sagte: „Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber es unmöglich ist, zu schweigen“. Viel eher wird dem 36-Jährigen seine Tätigkeit für das „Israel Philharmonic Orchestra“ zum Vorwurf gemacht, welches im Charles Bronfman Auditorium seine Hauptspielstätte hat, um 1948 unter Leonard Bernstein, 1970 bei den Salzburger Festspielen und 1977 als Impulsgeber für Frieden an der Grenze zu Libanon auftrat.

Diese Art des Boykotts muss an dunkle Kapitel der europäischen Vergangenheit erinnern!

Wo kommen wir hin, wenn wir wieder damit beginnen, Menschen allein aufgrund ihrer Herkunft, ihres Arbeitgebers, ihres Berufes, ihrer Eltern, ihres Glaubens zu etikettieren? Kulturstaatsminister Weimer kommentierte den Vorfall entsprechend als „Schande“, der Oberbürgermeister von Bayerns Landeshauptstadt, Dieter Reiter, sieht die Entscheidung „in keiner Weise nachvollziehbar“. Der aus Tel Aviv-Jaffa stammende Orchesterleiter selbst äußerte sich immer wieder zweifelnd an den Machthabern von Jerusalem, wollte sich nicht mit einem Staat identifizieren, an dessen Spitze Regierungschef Netanjahu steht. Insofern mehren sich die Anzeichen, dass die Verantwortlichen in Belgien einen Vorwand suchten, um auf Basis von Desinformation antizionistische Überzeugungen zum Besten zu geben. Sie riskieren damit die berechtigte Anschuldigung, in die Kerbe einer längst überwunden geglaubten Rassenideologie zu schlagen. Und solche Ausformungen des propalästinensischen Protests haben nichts mit dem zu tun, was man an Sorge um die Zivilbevölkerung, eine flächendeckend drohende Hungersnot und materielle Engpässe im dortigen Küstenstreifen differenziert und ausgewogen anprangern könnte.