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Giftigkeit gegenüber einem reflektierenden Historiker: Wie sich AfD-Mandatar Dominik Kaufner polnischer Aversion ausgesetzt sieht…

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Nach unbequemen Worten über Polens Vergangenheit: Welle des Hasses gegen AfD-Politiker“ (aus: „Freilich Magazin“ vom 30.10.2025)

Welche Rolle spielte Polen vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg? Die Debatte hierüber ist nicht zuletzt durch neue Forderungen nach Entschädigungsleistungen der Bundesrepublik ins Gespräch gebracht werden, um „die Deutschen“ durch einzelne Parlamentarier sogar als „Feinde“ etikettieren zu lassen. Solche Manöver wollte sich der AfD-Politiker Dr. Dominik Kaufner nicht gefallen lassen und reagierte mit einer klaren Widerrede. Der studierte Historiker verweist in seiner Argumentation nicht zuletzt auf die Territorialgewinne nach 1918, als unser heutiger Verbündeter Teile von Oberschlesien und des Posener Landes auf Grundlage des Versailler Vertrages für sich einnahm. Die frühzeitige Positionierung mit Blick auf das Abkommen gegen die Kommunistische Internationale, welches als Pakt der Bündnismächte in der militärischen Vorbereitung auf 1939 galt, könne als Provokation betrachtet werden. Nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist auch der Hinweis darauf, dass man sich recht bald nach Ende des ersten großen Schlagabtauschs auf dem hiesigen Kontinent in eine gewisse Offensive begab, um gemeinsam mit dem Partner Frankreich das Erstarken der Berlin-Sowjet-Achse zu verhindern. Jeder positionierte sich, weder frei noch unbelastet von Argwohn.

Polen trägt keine Schuld, doch war nicht völlig frei von Provokation und Säbelrasseln…

Inwieweit damit lediglich Restriktion gegenüber dem Hitler-Regime beabsichtigt war, bleibt in der geschichtlichen Erörterung weiterhin umstritten. Insofern ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen, dass ein subtiles Anfachen von Eskalation beiderseitig erfolgte, was nicht zwingend mit einer Mitverantwortung für den Ausbruch des Schreckens gleichzusetzen ist, wohl aber latente Ressentiments Warschaus bis heute suggerieren dürfte. Dass man die Rückgabe Danzigs und exterritoriale Korridorverbindungen ablehnte, um damit zusätzliche Spannungen zu befördern, ist keine Verschwörungstheorie, sondern auf Fakten begründet. Auch hierin ist keine Schuld zu sehen, wohl aber ein weiterer Baustein dafür, dass ein Hochschaukeln durch mehrere Akteure im Vorfeld des sogenannten „Unternehmens Gleiwitz“ – der inszenierte Scheinangriff, welcher als propagandistisches Mittel dazu taugen sollte, den Überfall auf Polen zu starten – den Expansionsdrang der Nationalsozialisten bestärkt hat. Deren imperiale Geltungssucht schmälert sich in keiner Weise dadurch, dass man offen benennt, wie beträchtlich das Misstrauen war – und unter der dortigen Bevölkerung mit rund 40 Prozent laut aktueller Umfragen bis heute wohl auch immanent geblieben ist. Ein Makel diplomatischer Beziehungen, weniger auf persönlicher Ebene.

Man kann Rechnungen über Verluste aufmachen, doch sie werden nie Gerechtigkeit bringen!

Es wäre müßig, allein aufgrund der Verluste eine schlichte Rechnung aufzumachen. Denn das Leid von Menschen diesseits wie jenseits der Front macht nicht Halt vor Identität. Trotzdem besagen die Zahlen: Zwei Millionen Deutsche wurden durch Bombardements, Flucht und Hunger getötet, im Gegenzug sechs Millionen Angehörige von Minderheiten – vor allem Juden – auf der Seite unseres Nachbarn. Gleichzeitig verloren wir 5,3 Millionen Soldaten, die gegnerische Arme 240.000 Militärs. Der territoriale Verlust betrug für uns 113.000 Kilometer, auf polnischer Seite waren es 77.000. 85 Prozent von Warschau wurden dem Erdboden gleichgemacht, 70 Prozent unserer Großstädte schwer beschädigt. Dort 1,5 Millionen Wohnungen vernichtet, hierzulande etwa 25 Prozent des Bestands. In der Industrie waren Kapazitätsrückgänge um 70 beziehungsweise 50 Prozent zu beklagen, 70 und 45 Prozent der Infrastruktur wurden in Mitleidenschaft gezogen. Das BIP sank um 70 respektive 55 Prozent, der landwirtschaftliche Ertrag ging um 60 oder 25 Prozent zurück. Kunst und Kulturgut wurden bei uns, Gold hingegen da geplündert. Sechs Millionen Vertriebene stehen zwölf Millionen gegenüber, insgesamt sind die relativen Verhältnisse klar, aber kein Anlass für fortwährende, aufsummierende oder gehässige Rivalität aus Richtung Weichsel.