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Die Zielvorgabe der Alleinregierung: Wie sinnvoll und klug ist der Anspruch von AfD-Politiker Ulrich Siegmund auf eine absolute Mandatsmehrheit?

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „AfD-Spitzenkandidat Ulrich Siegmund über die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt“ (aus: „NiUS“ vom 24.09.2025)

Am 6. September 2026 wir in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt. Was zunächst wie ein weit entfernter Pflichttermin klingt, könnte als denkwürdiges Ereignis in die bundesdeutsche Geschichte eingehen. Zum ersten Mal steht ein AfD-Politiker kurz davor, das Amt des Ministerpräsidenten zu bekleiden. Ulrich Siegmund geht dabei selbstbewusst ins Rennen, sprechen die Prognosen doch eindeutig für ihn und seine Mannschaft. Nach derzeitigen Umfragen könnte die Partei mit 39 Prozent, einem Plus von 19 Prozent, rechnen. Damit ist über die Hälfte der Mandate denkbar. Insbesondere gilt dies für den Fall, dass das BSW mit derzeit sechs Prozent nicht ins Plenum einziehen sollte. Auch bei einem weiteren Nachlassen der Zustimmung für die CDU, die momentan mit 27 Prozent (minus sechs Prozent) schlecht bedient wäre, steigen die Chancen für die Alternative für Deutschland. Gleiches würde sich beim Blick auf die durchaus denkbare, prinzipielle Möglichkeit andeuten, dass die SPD unter die Fünf-Prozent-Hürde fällt, erlangt sie nach derzeitigen Meinungserhebungen lediglich sieben Prozent, also neun Prozent weniger als beim vergangenen Urnengang im Jahr 2021.

Auch bei Wahlen gilt: Nicht jede legitime ist auch eine kluge Zielvorgabe!

Das Credo der Blauen ist die Alleinregierung. So gab es der 34-jährige Spitzenkandidat in gleich mehreren Medien aus, welcher damit zwar nicht allzu hoch stapelte, aber möglicherweise doch einen unüberdachten Schritt ging. Denn normalerweise ist es unserem Verständnis der Demokratie ziemlich fremd, dass eine einzelne politische Kraft an die Macht kommt, um einigermaßen unbehelligt von jeglichem Pendant schalten und walten zu können. Man muss nicht gleich auf die dunkle Geschichte verweisen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass konsensuale Systeme vor Ungleichheiten schützen können. In der Wissenschaft sind „Single-Party-Majorities“ mit dem Vorhalt konfrontiert, Korruption und mangelnde Rechenschaftspflicht zu fördern (vgl. Kenneth F. Greene: „The Political Economy of Authoritarian Single-Party Dominance“, 2010). Das British Journal of Political Science kam 2024 zu der Überzeugung: „Fragmentierte Systeme (weniger absolute Mehrheiten) verbessern die Demokratiequalität durch mehr Inklusion, während Einparteien-Mehrheiten zu Polarisierung beitragen“. Insbesondere, wenn Kontrollinstanzen versagen, ist Potenz zweischneidig.

Der westeuropäischen Konsensdemokratie sind Absolutismen eigentlich fremd…

Wie sinnreich ist es daher, vor einer Abstimmung nicht nur Macht zu proklamieren, sondern Übermacht? Diese Frage kann und muss entsprechend diskutiert werden. Alexis de Tocqueville war in „Democracy in America“ der Meinung: „Das Hauptgeschäft einer Demokratie ist, die Tyrannei der Mehrheit zu vermeiden“. Lord Acton schrieb 1887: „Macht neigt zur Korruption, und absolute Macht korrumpiert absolut“. Und John Stuart Mill formulierte in „On Liberty“ 1859: „Wenn die gesamte Menschheit minus einer Person einer Meinung wäre und nur eine Person der gegenteiligen Meinung, wäre die Menschheit nicht mehr berechtigt, diese eine Person zum Schweigen zu bringen, als er, wenn er die Macht hätte, die gesamte Menschheit zum Schweigen zu bringen“. Selbstverständlich steht es dem in Havelberg geborenen und vom Verfassungsschutz in plumper Willkür als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Wirtschaftspsychologen zu, eine Vorgabe von 40 + X  zu machen, die vor allem mit dem Argument untermauert wird, ohne einen Bündnispartner wie die CDU größtmögliche Stabilität gewährleisten zu können. Sollte es am Ende so kommen, dann hat er Souverän legitim gesprochen.

Nicht nur aus geschichtlichen Aspekten sollte der Umgang mit Potenz vorsichtig sein!

Eine gleichlautende Mission auszugeben, lässt allerdings manch ein Vorurteil florieren, das in unseren Breiten vor allem deshalb diffizil anmutet, sind wir es leider gewohnt, dass Verantwortung für den Zweck des Totalitarismus missbraucht wird. Es wäre ein gefundenes Fressen für die Wettbewerber und Konkurrenten, könnten sie stichhaltig und fundiert begründen, warum eine Gefahr für die Volksherrschaft besteht, betonen die derzeit in der Demoskopie Führenden ihren Anspruch auf unbeschränkte Gewalt. Daher ist Sensibilität und Rücksichtnahme gefordert, will man nicht über jenes Stöckchen springen, das die sogenannten „Guten“ hinhalten. Wäre es nicht ausreichend, die Perspektive an die Wand zu malen, als deutlich Erster durchs Ziel zu laufen? Müssen es wirklich Unbedingtheit, Exklusivität und Ausschließlichkeit sein? Letztlich lässt es sich effizienter und einfacher zu Entscheidungen finden, ist man im Parlament nicht auf die Stimmen Anderer angewiesen. In Krisenzeiten, die tiefgehender Reformen bedürfen, kann es sich als Vorteil entpuppen. Das zeigt aktuell der Stillstand zwischen Union und SPD in Berlin. Doch Ausnahme sollte keine Normalität werden.