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Zwischen Hybris, Opferstilisierung und Volksdefinition: Das souveräne Behaupten der AfD ist kein Selbstläufer!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Ausschüsse und Fraktionssaal: Was die AfD in dieser Woche voraussichtlich nicht bekommt – und warum“ (aus: „Tagesspiegel“ vom 19.05.2025)

Quo vadis, AfD? Nach der Einstufung der Partei durch den Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch, an welcher die Kölner Behörde festhält, obwohl im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Stillhalteerklärung abgegeben wurde, kann sich die Alternative für Deutschland nicht nur eines erheblichen Zulaufs von neuen Mitgliedern erfreuen. Auch in den Umfragewerten scheint sich die Etikettierung durch den Inlandsgeheimdienst kaum niederzuschlagen. Da bleibt man stabil und kann sich einer weiterhin hohen Zustimmung sicher sein, die die Opposition in manchen Fällen noch immer auf dem 1. Platz sieht. Gleichzeitig geht die Gängelung weiter. Nicht nur die Diskussion über ein mögliches Verbotsverfahren in Karlsruhe hängt wie ein Damoklesschwert in der Luft. Auch die Frage über mögliche Vorsitzposten in den Ausschüssen des Bundestages macht Schlagzeilen. Denn tatsächlich gedenken die herrschenden Kartellkräfte, die Blauen mit Vehemenz von jeglicher Partizipation auszuschließen. In dieser Gemengelage bleibt es kaum aus, dass sich der Vorwurf der Opferstilisierung breit macht. Man rückt sich im Zweifel in eine Ecke, um dem Betrachter an den Fernsehbildschirmen beim kommenden Urnengang einen Mitleidsbonus zu entlocken. Doch dieses Manöver ist heikel, birgt es das Risiko von Häme.

Schließlich ist es ein Drahtseilakt, auf der einen Seite konsequent darüber aufzuklären, welche Mittel der Repression angewandt werden, um das Team von Alice Weidel und Tino Chrupalla mundtot zu machen. Andererseits verfällt man bei dieser Argumentation oftmals in jene Kategorisierung von Gut und Böse, auf die doch eigentlich die Omas gegen rechts ein Copyright besitzen. Darüber hinaus sind es interne Auseinandersetzungen über die Definition des deutschen Volkes, die aktuell beispielsweise durch die Abgeordneten Maximilian Krah und Malte Kaufmann angestoßen werden. Möchte man sich um der Anschlussfähigkeit an die Union willen von einer restriktiven Deutung des Artikels 116 Grundgesetz verabschieden, die in ihrer ursprünglichen Version die Staatsbürgerschaft lediglich für ethnisch Angestammte und deren vertriebene Aussiedler vorsah? Oder soll jeder zu unserer Gruppe gehören, der ein Passdokument in Händen hält, aber mit der schwarz-rot-goldenen Identität eigentlich gar nichts anzufangen weiß? Die Antwort darauf hätte auch maßgebliche Auswirkungen auf die Debatte, ob man die Grenzen weiterhin für bestimmte Personen offenhalten soll. Exemplarisch genannt seien dabei die tatsächlichen Fachkräfte, welche auch ernsthaft bereit sind, an Prosperität und Wohlstand aktiv sowie im Einklang mit unseren Werten mitzuwirken.

Und inwieweit sich eine mögliche Remigration auf jene beschränkt, denen es an einem dauerhaften Aufenthaltsstatus fehlt. Lassen wir also den Flüchtling gewähren, der beim Eintritt auf unser Territorium nach Asyl ruft, obwohl er vielleicht gar keine Bleibeperspektive hat? Neben diesen elementaren Positionierungen in der Programmatik gibt es aber auch erste Verschleißerscheinungen bei den Berufspolitikern aus den eigenen Reihen, denen es an einer gewissen Hybris nicht mangelt, um zunächst einmal sich und ihre Karriere in den Mittelpunkt zu stellen, statt sich in jener Niederschwelligkeit und Zugewandtheit gegenüber dem Souverän von den Etablierten zu unterscheiden, denen man doch immer vorwarf, sie würden in Hochmut und Abgehobenheit den Kontakt zur Realität verlieren. Verfolgt man den Auftritt von Funktionären und Mandatsträgern in den sozialen Medien, so sind gerade jene nicht vor Arroganz gefeit, die es sich in üppigen Diäten gemütlich und warm eingerichtet haben. Verharren sie allerdings in dieser Mentalität der Selbstgefälligkeit, droht dem gesamten Projekt ein Schaden, den man gerade in einem Augenblick der Geschichte nicht allzu natürlich einkalkulieren sollte, welcher nur von einem schwach tragenden Fundament und möglichen Fluktuationen untermauert ist.