Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Markus Frohnmaier (AfD) zur ‚Moskau‘-Keule: ‚Kehren Sie erst mal vor der eigenen Tür!'“ (aus: „Deutschland Kurier“ vom 06.11.2025)
Konrad Adenauer schloss mit Charles de Gaulle den Elysée-Vertrag, einigte sich im Luxemburger Abkommen mit Israel. Willy Brandt unterzeichnete Übereinkünfte mit der Sowjetunion, Polen und der DDR, ging in Warschau auf die Knie. Helmut Kohl schritt gemeinsam mit François Mitterrand, reichte Tadeusz Mazowiecki am Grabfeld die Hand. Deutschland zeigte nach dem Zweiten Weltkrieg also stets Anzeichen der Aussöhnung, wollte Frieden stiften, für Verständigung sorgen. Nunmehr machen sich AfD-Politiker auf in Richtung Moskau, möchten mit ihrer Teilnahme am BRICS-Gipfel zum Ausdruck bringen, dass die geopolitische Weltordnung nicht allein in der Deutungshoheit des Westens liegt. Dieser Akt der Diplomatie wird ihnen als Verrat am eigenen Volk ausgelegt, Antipatriotismus nachgesagt, weil das sich im Konflikt mit der Ukraine befindliche Russland zu einem Feind geworden ist, obwohl wir wenig Anteil daran haben, was am äußersten Ostzipfel des Kontinents geschieht. Allenfalls tragen wir Mitschuld an einer gegen die Absprachen von Genscher gerichteten NATO-Erweiterung, an der politischen Vereinnahmung Kiews.
Die Perspektive Moskaus beruht auf einer kritischen Sicht in Richtung NATO-Osterweiterung…
Sie scheint wesentlicher Motor für das Gebaren des Kremls, wurde spätestens mit der Revolution auf dem Maidan klar, dass die Europäische Union verwickelt ist im Sturz eines damaligen Präsidenten, der sich nicht zuletzt für die Interessen der Menschen im Donbass einsetzte, die seit jeher nach Unabhängigkeit streben, sicherlich aber nicht nach Brüssel schauen. Natürlich muss man über die Frage diskutieren, ob ein brutaler Überfall auf den Nachbarn nötig war, um entsprechende Gebiete zu „befreien“. Doch selbst wenn man zu der Einsicht gelangt, dass auch in dieser Eskalation unverhältnismäßig vorgegangen wird, entbindet uns das nicht von der Fürsorge, gerade als Außenstehende einen neutralen Vermittlerposten einzunehmen, statt uns in Wehrhaftigkeit zu üben und mit dem Fingerzeig in Richtung Kreml sämtliche Brücken einzureißen. Denn es wird der Moment nahen, in dem die Waffen schweigen – und das internationale Gefüge zu einem Zustand zurückzukehren muss, in dem man miteinander auskommt. Stattdessen zu zündeln und Schreckensszenarien zu projizieren, ist verantwortungslos.
Mediale Recherchen und ministerielle Auskünfte bleiben ohne jeglichen Befund…
Im Gespräch bleiben, Kanäle offenhalten, viel mehr dürfte die Alternative für Deutschland nicht beabsichtigen. Denn der derzeit kursierende Anwurf einer potenziellen Agententätigkeit entbehrt jeglicher Grundlage, es fehlt schlichtweg an Belegen. Dass rheinland-pfälzische Innenministerium sieht „keine Erkenntnisse“, dass die Partei ihr legitimes Auskunftsrecht gegenüber der Regierung missbrauche, um „gezielt kritische Infrastruktur auszuforschen“. Auch Niedersachsen vermeldet „keine Auffälligkeiten“. Ein erhöhtes Anfrageaufkommen lasse sich „nicht bestätigen“, viel mehr bleiben die von Thüringens Ressortchef Georg Maier in den Raum gestellten Behauptungen über die geschmähte Opposition ohne Nachweis. Und auch mit Blick auf das BSW liegen keine Anhaltspunkte für eine direkte Kooperation oder Spionage vor. Mehr als die Erzählung, Wagenknecht würde „Putin-freundliche Narrative“ bedienen, bleibt nicht übrig. Selbst die weit abseits der Programmatik stehenden Kollegen von „T-Online“ stellen nach aufwändiger Recherche fest, dass der „Vorwurf der Finanzierung aus Russland gerade widerlegt“ ist.
Für Pragmatismus zum Diplomatie-Bemühen des BSW muss man ins Ausland schauen…
Stattdessen kommen differenzierende Worte aus dem Ausland: „Das BSW versucht, sich als die einzige politische Kraft zu positionieren, die Deutschland vor einem Konflikt mit Russland bewahren kann“, heißt es vom „OSW Centre for Eastern Studies“. Doch natürlich fällt es jenen schwer, eine andere Perspektive einzunehmen, die sich voreilig auf eine bestimmte Seite geschlagen haben. Die nebulöse Formulierung „Verdeckte russische Einflussnahmeversuche – mit dem Schwerpunkt Desinformation im Informationsraum – wurden detektiert. […] Es findet ein Einfluss auf den politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess statt“, welche von den obersten Verfassungshütern in den Raum gestellt wurde, erweist sich insofern als substanzlos, als dass es schon an einer einheitlichen Definition darüber mangelt, was Wahrheit und Lüge ist. Wann finden wir endlich in den Modus zurück, nicht alles in Schwarz und Weiß zu unterteilen, in moralischer Hybris das Gute und Böse auszumachen? Insbesondere die Historie sollte lehren, wie zwingend wir zur Vorsicht ermutigt sind, nicht erneut als Besserwisser und Provokateur aufzutreten.








[…] Einst Diplomaten, heute Landesverräter: Wie selbst Medien und Ministerien dem Spionage-Vorwurf an A… […]