Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Anklage wegen Hitlergruß – Unglaublicher Verdacht: Ist der Rechtsextreme ein Nazi?“ (aus: „taz“ vom 15.12.2025)
Wenn man sich im Internet danach erkundigt, was unter einer politischen Strafverfolgung zu verstehen ist, dann stößt man schnell auf die Definition eines offiziellen Willkürvorgehens, allein auf Grundlage ideologisch begründeter Motive. Es ist also die Gesinnung, beispielsweise die Opposition aus Furcht vor dem Machtverlust beliebig zu gängeln, welche die ausschlaggebende Rolle bei einem Aushebeln von Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz spielt. Und selbst, wenn man eigentlich gehofft hatte, dass die Zeiten dieses Autoritarismus vorbei sind, wird man im Jahr 2025 an vielen Stellen eines Besseren belehrt. So auch im aktuellen Fall des AfD-Bundestagsabgeordneten Matthias Moosdorf. Ihm wird vorgeworfen, am 22. Juni 2023 im Garderobenbereich des Reichstagsgebäudes einem Parteikollegen gegenüber mit dem Hitlergruß und einem Hackenschlag aufgetreten zu sein. Dies würde einen Verstoß gegen § 86a StGB, nämlich das Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen, bedeuten. Aufgrund dessen hat die Staatsanwaltschaft Berlin nunmehr Anklage erhoben, nachdem bereits die Immunität des Mandatars aufgehoben wurde. Dass es bei einem möglichen Prozess aber nicht mit rechten Dingen zugehen könnte, darauf deutet im Vorfeld bereits die besonders dürftige Beweislage hin.
Selten sieht man in einem Rechtsstaat solche Anklagen auf derart dünnem Eis…
Es gibt nur die Anzeige einer einzelnen Person, nämlich einer früheren SPD-Kollegin. Weitere unabhängige Beteiligte, die den Vorfall bestätigten, ließen sich offenbar nicht finden. Schon allein aufgrund der einseitigen Belastung des Beschuldigten durch eine politische Gegnerin ist davon auszugehen, dass dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ von Beginn an wenig Raum geschenkt wurde. Der Betroffene selbst weist die Schilderungen als „absurd“ und „bizarr“ zurück. Die gesammelten Erkenntnisse ergaben zwar aus Sicht der Exekutive einen hinreichenden Tatverdacht, fußen allerdings auf einer derart tönernen Indizienkette, dass das Kartenhaus bereits zusammengefallen ist, bevor es jemals richtig stand. Ähnlich war es bei Petr Bystron, ebenfalls AfD, der von derselben Ermittlungsbehörde wegen eines nahezu gleichlautenden Delikts vor zwei Jahren belangt wurde, welche sich wiederum besonders dadurch auszuzeichnen scheint, sehr regelmäßig gegen vermeintlich demonstrierte NS-Symbolik vorzugehen. Ihre Weisungsgebundenheit gegenüber dem Senat ist altbekannt, das zuständige Ressort mit einer CDU-Frau besetzt, die zuvor beim Bundesamt für Verfassungsschutz tätig war. Natürlich sind all das Zufälle, wie die gesamte Posse augenscheinlich selbst, hat sie mehr als nur das typische Geschmäckle.
Woher nimmt die Staatsanwaltschaft den Glauben, dass eine Verurteilung wahrscheinlich ist?
Denn im Gegenzug gibt es acht unmittelbare Zeugen, die den Darstellungen der Sozialdemokratin widersprechen. Videoaufzeichnungen, Fotos oder belastendes Material konnten nicht aufgetrieben werden. Ob unter dieser Gemengelage dem gesetzlichen Standard aus § 170 StPO entsprochen worden ist, wonach nur dann vor den Kadi gezerrt werden darf, sollte eine Verurteilung wahrscheinlicher sein als ein Freispruch, ist mit einem gewissen Menschenverstand in Zweifel zu ziehen. Zwar kann eine glaubwürdige Bekundung genügen, um eine substanzielle Vermutung zu tragen. Doch die Einschätzung scheint in der vorliegenden Angelegenheit mehr als subjektiv, sie steht auf äußerst dünnem Eis. Und man fragt sich, ob die Dinge diesen Verlauf genommen hätten, wäre der Protagonist Mitglied bei den Grünen gewesen. Blickt man auf die nackten Zahlen, so fällt doch auf: Während über alle Ebenen von Bund über Land bis Kommune hinweg gegen durchschnittlich neun Prozent der Mandatsträger der Alternative für Deutschland im Laufe ihrer politischen Karriere Verfahren eröffnet werden, ist diese Quote bei Vertretern anderer Parteien nicht einmal halb so groß. Und was darüber hinaus auch zur Wahrheit gehört: Gerade einmal die Hälfte der Anklagen geht mit einer Verurteilung aus. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.







