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Bleibt die AfD alternativlos? Die Konkurrenten von BSW, Team Freiheit und WerteUnion brauchen Substanz, um ernsthaft Paroli zu bieten!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Berlin: AfD punktet in Flüchtlingspolitik und setzt Union unter Druck“ (aus: BILD-Zeitung vom 05.09.2025)

Während die AfD in Sachsen-Anhalt auf die absolute Mandatsmehrheit zusteuert und auch auf Bundesebene ihren ersten Platz zu verteidigen scheint, tun sich Konkurrenten sichtbar schwer, das Umfeld eines eigentlich durch die Kartellbildung der etablierten Parteien allzu sehr nach Wettbewerb rufenden Protagonisten aufzumischen, welcher sich trotz der stetig besser werdenden Reputation noch nicht voreilig seiner Sache sicher sein sollte. Denn weiterhin gibt es Wähler, die mit manch einer Position von Alice Weidel hadern, suchen sie eine Alternative zur Alternative. Solch eine Atmosphäre der Polarisierung könnten normalerweise jene für sich nutzen, die zwar auf der Metaebene und in der schlichten Lagerbildung aus Zweigliedrigkeit eine ideologische Nähe zu den Blauen aufweisen, aber beispielsweise in entscheidenden Sachfragen eine andere Perspektive einnehmen, als man dies bei einem „gärigen Haufen“ tut, der eben doch durch manch eine innere Zerstrittenheit und fehlende Konsistenz in konkreten tagesaktuellen Abwägungen bröckelnde Einigkeit zeigt.

Kann das BSW mit seiner stringenten Friedenspolitiker Wähler abgreifen?

Zunächst denkt man an das Bündnis Sahra Wagenknecht, das sich an vielen Stellen als unmittelbarer Konkurrent zur AfD einen Namen machen möchte, aber noch immer mit der eigenen Bezeichnung kämpft. Und auch ansonsten wirkt man wenig geschlossen, kann man sich ebenfalls nur in einzelnen Themengebieten auf eine gemeinsame Linie verständigen. Während es bei Höcke, Siegmund oder Hohloch die Remigration ist, mit der man auf Stimmenfang geht, bleibt es die Forderung nach Frieden und Pazifismus, die das BSW zusammenhält. Darüber hinaus macht man keinen Hehl aus der kommunistischen Ader und den linken Ursprüngen, spricht man immer wieder von der „Demokratisierung der Betriebe“, um nicht zuletzt mit der Aussage im Programm „Dafür wollen wir Marktmacht begrenzen und marktbeherrschende Konzerne entflechten. Wo Monopole unvermeidlich sind, müssen die Aufgaben gemeinnützigen Anbietern übertragen werden“ eine euphemistische Umschreibung für Enteignung und Planwirtschaft zu finden. Ein Anstrich von Marx und Engels lässt sich also wohl kaum leugnen.

Gleichzeitig könnte man in einem wohlgemeinten Duktus unterstellen, die Partei wolle sich – im Gegensatz zur AfD – nicht nur um die Symptome der illegalen Einwanderung kümmern, sondern an den Wurzeln ansetzen, wenn sie diesbezüglich formuliert: „Wer in seiner Heimat politisch verfolgt wird, hat Anspruch auf Asyl. Aber Migration ist nicht die Lösung für das Problem der Armut auf unserer Welt“. Doch wie ein überzeugtes Handeln gegenüber vermeintlich Schutzsuchenden hört sich diese Passage nicht an. Deshalb vertraut weiterhin ein Viertel des Souveräns auf das Original, heißt es doch im Positionspapier der Alternative für Deutschland eindeutig unverhohlener: „Wir werden die ca. 250.000 vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer konsequent abschieben. […] Insbesondere unter aus Syrien und Afghanistan stammenden Personen, in deren Herkunftsländern die Kampfhandlungen weitestgehend beendet sind, sehen wir daher ein großes ‚Remigrations‘-Potential, das sogar von den Regierungen der jeweiligen Herkunftsländer ausdrücklich eingefordert wird“.

„Team Freiheit“: Die Ausweichmöglichkeit für libertäre Denker?

Kein Zuhause wollen bei der AfD auch die sogenannten Libertären finden, die im Geiste des argentinischen Präsidenten Milei oder den Vorreitern wie Friedrich August von Hayek, Ludwig von Mises oder Milton Friedman vor allem auf die Unabhängigkeit im Denken und Handeln als oberstes Ziel bauen. Diese Prämisse will das neu auf dem politischen Tableau erschienene „Team Freiheit“ aufgreifen, um möglicherweise eine Lücke dort zu schließen, wo auch die Alternative für Deutschland allzu vergesellschaftend daherkommt. Und auch der leidige Vorwurf des Populismus bleibt von Bedeutung, hatte Co-Chef Chrupalla im ZDF-Sommerinterview noch gesagt: „Es kann nicht sein, dass Menschen in diesem Land jung und gesund sind, vom Staat leben und Menschen, die 40 Stunden arbeiten, das gleiche Geld bekommen. Diese Ungerechtigkeit muss aufgehoben werden“. Dieser Befund mag plakativ vollkommen richtig sein, bleibt aber in typischer Stammtischpolemik stecken, von der sich eine Gruppierung um die ehemalige Bundestagsabgeordnete Frauke Petry nicht irritieren lassen will.

Sie argumentiert deutlich positiver: „Wir sind überzeugt, dass freie und mündige Bürger, mit ihrer Kreativität und ihrem Fleiß, wieder zum Erfolgsgaranten für unser Land werden können. Derzeit werden sie nicht gehört und nicht vertreten. Das werden wir ändern!“. In Kürze möchte sie das Vorhaben auch offiziell präsentieren, strebt bereits ein Antreten bei den Abstimmungen im kommenden Jahr, unter anderem wohl auch in Baden-Württemberg, mit nicht allzu schlechten Chancen auf einen Durchmarsch an. Sie geht mit dem bestehenden System ebenso hart ins Gericht wie auch die AfD, ist dabei um manch eine Wortgewalt nicht verlegen: „Sozialistische Umverteilung […] haben den Bürgern scheibchenweise Freiheit, Wohlstand, Sicherheit und Frieden geraubt, während die Nutznießer in steuergeldfinanzierten Organisationen und Firmengeflechten […] profitieren. Hinter den Kulissen florieren Korruption, Verschwendung, Günstlingswirtschaft und Korporatismus“. Dennoch scheint sie vor allem für Bürger interessant, die der FDP entfliehen möchten.

Ein einstiger Konkurrenz zerlegt sich selbst: Der WerteUnion droht die Bedeutungslosigkeit!

Und was ist eigentlich aus der WerteUnion geworden, deren Gründer Hans-Georg Maaßen im Sommer 2025 mit einer markanten Rede aufgefallen war, in deren Zusammenhang Vorwürfe wie „Kadavergehorsam“ oder „Psychoterror“ zum Ausdruck kamen? Der einstige Präsident des Bundesverfassungsschutzes beklagt ein Kapern seines „Babys“ durch die Strömung um Sylvia Pantel, eine ehemalige Mandatarin der CDU. Doch es ist der Frontmann selbst, welcher immer wieder durch Wankelmütigkeit brilliert, findet er keinen geradlinigen Umgang mit der Brandmauer, grenzt sich einerseits von der AfD ab, trifft sich auf der anderen Seite öffentlich mit ihren Funktionären. Den Christdemokraten diagnostizierte er, sie seien „herz- und hirntot“, um sie bei nächster Gelegenheit wiederum als Premium-Partner zu bezeichnen. Seinen Herausforderern unterstellt er ein mangelndes Bekenntnis zu konservativen Tugenden, bleibt in vielen Aspekten jedoch allgemein: „In Deutschland sind Ausländer willkommen, wenn sie unsere Gesetze respektieren und bereit sind, sich in Deutschland einzugliedern“.

Prinzipiell schmäht man die klare Kante, sind die Ansichten kaum greifbar: „Das Renten- und Sozialsystem muss besser vor Missbrauch und Fremdbelastungen geschützt werden, um dessen Leistungsfähigkeit für Rentner und die tatsächlich bedürftigen Bürger auch zukünftig zu garantieren“. Auch hier tritt ein wiedererkennbares Problem zutage, das bei einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit nahezu allen Akteuren auf der hauptstädtischen Bühne ins Auge sticht. Wo bleiben die konkreten, substanziellen und expliziten Konzepte für ein zukunftsfähiges Morgen? Denn was soll der kleine Mann mit Aussagen wie „Geldpolitik muss sich endlich wieder auf das Ziel der Preisniveaustabilität konzentrieren. Dem digitalen Euro und der Abschaffung des Bargelds erteilen wir eine Absage; die finanzielle Privatsphäre muss gesichert sein“ anfangen können? Es bräuchte Antagonisten, die sich nicht hinter Floskeln und in Nischen verstecken, sondern den Altparteien auch semantisch Paroli bieten. Und diesbezüglich bleibt die AfD am Ende der nuancierteste Partner des Volkes.