Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „‚War in emotionaler Ausnahmesituation‘ – Born meldet sich nach Hakenkreuz-Aktion zu Wort“ (aus: WELT vom 27.07.2025)
Nach dem Eklat um ein Hakenkreuz auf dem Stimmzettel im Landtag von Baden-Württemberg, zu dem sich wider Erwarten der Vizepräsident Daniel Born bekannte, den als SPD-Politiker zunächst niemand als Verdächtigen auf dem Schirm hatte, geht die Diskussion darüber weiter, ob er mit seinem alleinigen Rücktritt vom Amt hinreichende Konsequenzen aus seinem Verhalten zog, welches er im Nachgang als bloße Kurzschlussreaktion bezeichnete. Ihn habe die Wut darüber gepackt, dass der Einfluss der AfD im Parlament mittlerweile derart groß sei. Gleichzeitig könne er sich sein persönliches Versagen nicht erklären. Doch diese Vorhaltung wirkt einigermaßen unglaubwürdig. So hatte sich der 49-Jährige beispielsweise bei einem Besuch 2023 im Stockacher Nellenburg-Gymnasium mit Blick auf eine explizite Frage von Schülern zur Alternative für Deutschland wie folgt geäußert: „Die erste Demokratie ist von Faschisten zerstört worden. Die zweite Demokratie haben wir genutzt. Es gilt alles daran zu setzen, dass die Demokratie bestehen bleibt“. Schon damals war seine Gesinnung entsprechend offensichtlich, macht der studierte Rechtswissenschaftler auch im Sitzungssaal keinen Hehl daraus, welche Verachtung, Ignoranz und regelrechten Hass er auf die kritische Opposition empfindet.
Eine Aktion mit langer Vorlaufzeit?
In diesem Zusammenhang wirkt es nahezu wie eine Vorahnung, eine Ankündigung oder zumindest eine Überlegung, dass er anlässlich der Nominierung von Nezaket Yildirim zur Bundeskandidatin der Genossen im Wahlkreis 278 am 13. Oktober 2024 in Schwetzingen mit den Grußworten zitiert wird: „Freie und geheime Wahlen sind Grundpfeiler der Demokratie – und die SPD ihr Bollwerk“. Besonders herausragend sind seine Interventionen gegenüber der „blauen“ Fraktion in Stuttgart. Ausgerechnet bei Vergleichen zur Nazizeit schreitet er ein, bedient sich nun aber selbst des tragenden Symbols aus dieser geschichtsträchtigen Zeit. Bereits als Abgeordneter hatte er in einer Debatte im Hohen Haus unmissverständliche wie entlarvende Worte gefunden: „Die AfD hat dieses Thema [Wohnungsknappheit] nicht deshalb hier in das Plenum gebracht, um über Wohnungsbau zu reden, nicht deshalb, um darüber zu reden, wo tatsächlich dringender politischer Handlungsbedarf herrscht, sondern sie hat es hier ins Plenum gebracht, um einmal mehr zu versuchen, die Gesellschaft zu spalten, uns zu spalten, die zu spalten, die sich engagieren, die sich einbringen in den vielen Aufgaben, die dieses Land hat. Das werden wir nicht zulassen, meine Damen und Herren“ (Protokoll vom 28.09.2016).
Die Verachtung gegenüber der AfD ist Born immanent…
Am 03. März 2019 führte der ausgerechnet mit dem Hashtag #demokratiestarkmachen durch die Lande tourende Speyrer im Rahmen einer Aussprache daneben weiter aus: „Wir […] haben die Werkzeuge, um einen Strukturwandel zu stemmen, einen Transformationsprozess zu gestalten und es auch in Zukunft an die Weltspitze zu schaffen […]. Wir lassen uns diese nicht von der AfD und Ihrem bitteren Trieb nach Chaos, Panik und Spaltung aus der Hand reißen. Sie von der AfD reichen eine Überschrift ein, die sich in Untergangsszenarien förmlich suhlt, […] ohne jeden Anspruch auf Lösungen oder Ideen […]. Das Geschäftsmodell der AfD ist die starre Angst, das Wirtschaftsmodell Baden-Württembergs dagegen ist beste Arbeit“. Nunmehr ist das Geschäftsmodell von Born gescheitert, der seinerseits jene Herrschaftsform verhöhnt und ins Absurde getrieben hat, welche er doch wie eine Monstranz vor sich hertrug. Nicht zum ersten Mal fällt einem Etablierten seine Doppelmoral auf die Füße, haben sich die Mächtigen nicht mehr im Griff angesichts übermannender Umfragewerte auch im Südwesten. Und so müssen spätestens nach einem Wahldebakel 2026, das nicht nur die Grünen mit ihrem derzeit residierenden Ministerpräsidenten Kretschmann heimsuchen dürfte, auch die Roten Socken um ihre Bedeutung fürchten.