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Die akademische Illustration eines kulturverteidigenden Gottesmannes: David Berger holt Thomas von Aquin in die Gegenwart!

Besprechung zum Buch „Thomas von Aquin – Leuchtturm des Abendlandes“

In einer oberflächlichen und schnelllebigen Welt schaffen es nur noch wenige Persönlichkeiten und Charaktere aus dem Hier und Jetzt, dauerhaft in der Erinnerung einer Gesellschaft zu bleiben, die ohnehin nach ihren Wurzeln und Ursprüngen sucht. Blickt man dagegen in die Geschichte, so findet man zahlreiche Namen, die unser Land, dessen Kultur, seine Denkart und die Philosophie geprägt haben. Doch kaum jemand kommt an Thomas von Aquin heran, der als einer der bedeutendsten Theologen im 13. Jahrhundert fundamentale Grundzüge des katholischen Glaubens aufzeichnete, um mit ihnen den weiteren Werdegang einer Konfession zu skizzieren, die nicht nur durch den Reformator Martin Luther in Bedrängnis geraten sollte. Sondern über Strecken selbst Orientierung brauchte.

Was nach einem verstaubten Philosophen klingt, ist eine Abrechnung mit der Gottlosigkeit!

Insofern ist es nur folgerichtig, einem Lehrer die Aufwartung zu machen, welcher unter anderem auch den Titel des „Doctor Angelicus“ trug, um mit seinem Lebenswerk durch den bekannten Publizisten, Autors und früheren Chefredakteurs David Berger näher beleuchtet zu werden. In dem im Gerhard-Hess-Verlag erschienenen Werk mit der Unterüberschrift „Leuchtturm des Abendlandes“ widmet sich der 57-Jährige dem Hauptvertreter der Scholastik, einem wissenschaftlichen Zweig im Geiste von Aristoteles, mit Hilfe seiner Methodik Beleg darüber geführt werden sollte, ob bestimmte Prämissen der mittelalterlichen Forschung und Hypothese durch prinzipielle Erwägungen sowie die Beantwortung zur Argumentation oder Disposition gestellter Fragen des Nachweises zugänglich sind.

Der für seine Arbeitsschwerpunkte im Bereich des Thomismus nicht nur in der Fachwelt eine ausgewiesene Reputation besitzende Würzburger hat sich in seiner überaus kurzweiligen, professionellen, verständlichen, für den Laien nachvollziehbaren, in die Tiefe gehenden und das Interesse an dem als Heiligen verehrten Dominikaner weckenden Abhandlung den unterschiedlichsten Facetten eines Abtes gewidmet, der schon mit fünf Jahren als Oblate in das Benediktinerkloster von Montecassino einzog, um später an den Universitäten von Neapel und in Paris zu studieren. Unter anderem die Vorlesungen bei Albert Magnus besuchend, folgten weitere Stationen bis nach Köln. In den höchsten Stand der Kirche erhob ihn bereits Papst Johannes XXII., nachdem er 1274 in Fossanova verstarb.

Thomas von Aquins Thesen könnten im christlich erodierten Europa kaum aktueller sein!

Doch welche Leistungen genau waren es nun, die ihn auch heute noch als einen so unnachgiebigen Kämpfer für unsere okzidentale Fasson und das mitteleuropäische Christendasein erstrahlen lassen? Berger betont insbesondere seinen Verdienst um das Bemühen, den Menschen zur Rückkehr zu Gott zu ermutigen. Dezidiert an einer Vielzahl von Quellen untermauert, gelingt ihm in brillantem Schliff die diesbezügliche Abduktion, schließt er nicht nur durch den ontologischen Ansatz von Materie und Form in der Mentalität Aquins auf die höchste Verwirklichung von Anfang wie Ende der Welt in Gestalt einer Auflösung zwischen Transitivität, Äquivalenz und Widerspruch. Auch in der augustinischen Diktion von Tugend und Objekt offenbart sich demnach das Wollen zur Herrschaftsfurcht.  

Als Vorreiter des vernunftorientierten Pragmatismus geltend, erweist sich der Anthropologe darüber hinaus als Anhänger der unsterblichen Substanz des Intellektuellen, verzichtet allerdings nicht auf politische Überlegungen und irdische Erwägungen. Die Monarchie stellt er als Ideal auch deshalb in den Mittelpunkt, gilt sie als Schutzmacht gegenüber einer aristokratischen Elite, die den Gestaltungsspielraum im Allgemeinen für Tyrannis zu missbrauchen neigt. Selbige Überhöhung kann es allerdings dort nicht geben, wo spirituell wie universell nur „ein“ Höchstes existiert. Die Erfahrung dessen bleibt nach seiner Auffassung vor allem den Feiernden und Anwesenden in der Eucharistie vorbehalten.

Ein Kirchenlehrer, der auch bei heiklen Themen kein Blatt vor den Mund nahm…

Berger vermag es in einer herausragenden wie fehlerfreien Konkludenz, auch andere, den Zeitgeist wiederum herausfordernde Positionen des Dogmatikers in unverblümter Klarheit zu illustrieren. Beispielsweise zitiert er Mahnungen „über die Verfälschung fast aller Zeugnisse des Alten und Neuen Testaments durch eigene Lügenmärchen“ des Islams, fordert eine Renaissance des Mystischen unter der Überschrift „Damit die Seele Segel bekommt…“. In Allegorie, Symbolik und Metapher avanciert er die Verbildlichung eines Ethikers, der nicht davor Halt macht, Hölle und Fegefeuer in ihrer Existenz zu bestätigen, sondern die Sündhaftigkeit des Menschen über den Tod hinaus als zwingende Voraussetzung für die Erlösung zu deuten.

Im Resümee liegt ein beeindruckendes Zeugnis des für seine Vatikan-Expertise in den Medien gefragten Wahlberliners vor, welcher mit dezidierter Akribie und routinierter Akkumulation das Gewicht wie den Belang eines Nachlasses dieses oftmals schon in Vergessenheit geratenen Meterphysikers neu belebt. Seine Würdigung geht deutlich über die Sequenzierung einzelner Vermächtnisse hinaus und umfasst vor allem eine meinungsstarke, aber dadurch die akademische Unabhängigkeit und empirische Distanz zu keinem Augenblick relativierende Beurteilung der Erkenntnisvielfalt, die eine Figur in der Historie hinterlassen hat, welcher manch ein Bischof oder Kardinal der Gegenwart schon allein aufgrund ihrer konservativen Reibungspunkte zur abgeflachten Mode mehr Fokus schenken sollte.

Mehr zu Dr. Dr. David Berger auf seinem Portal „Philosophia Perennis“.

Transparenzhinweis: Die Rezension erfolgte ohne Gegenleistung und auf eigene Initiative.