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Die Kompetenzüberschreitung des EuGH: Wie Luxemburg die Verhältnismäßigkeit beim Festlegen sicherer Herkunftsländer aushebelt!

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Asylpolitik: EuGH erhöht Hürden für Bestimmung sicherer Herkunftsländer – Meloni kritisiert scharf“ (aus: WELT vom 01.08.2025)

Der Europäische Gerichtshof hat für einen Paukenschlag gesorgt. In einem aktuellen Urteil schränkt er die Möglichkeiten der Nationalstaaten erheblich ein, auf ihrer Ebene Ursprungsdestinationen von Flüchtlingen in Listen sogenannter sicherer Herkunftsländer aufzunehmen, sollte vor Ort jeweils nicht flächendeckende Unversehrtheit gewährleistet werden können. Beschleunigte Asylverfahren werden somit erheblich erschwert, müssen die EU-Mitglieder künftig nicht nur ihre Maßstäbe offenlegen, auf welcher Grundlage sie zu der Entscheidung gelangen, dass bestimmte Regionen in der Welt für eine Abschiebung im vereinfachten Verfahren taugen. Mit ihrer Erwägung haben die Richter der höchsten Instanz auf diesem Kontinent nicht nur massiv in die Souveränität, beispielsweise auch der deutschen Regierung, eingegriffen. Sondern sie stellen sich in zahlreichen Konstellationen offenbar konfrontativ gegen die geltende Auffassung der hiesigen Robenträger, die wiederholt erklärt haben, dass nicht etwa die pauschale Bewertung eines für die mögliche Remigration beabsichtigten Ziels von Bedeutung ist, sondern jeweils die individuelle Verfolgung und der Grad an subjektiver Existenzbedrohung, die auch dann verneint werden können, herrscht zwar Krieg und Konflikt, aber eben nicht überall – und schon gar nicht mit unmittelbarer Auswirkung auf jeden.

Europäische und nationale Rechtsprechung liegen offensichtlich im Klinsch!

So stellte man in Würzburg am 30.11.2022 fest: „Auch in Ansehung der schlechten humanitären Bedingungen im Jemen ist derzeit eine Rückkehr in den Jemen nicht für jeden alleinstehenden jungen Mann zwangsläufig aus humanitären Gründen ausgeschlossen“ (Urteil des VG, Az.: W 5 K 22.30137). Auf Bundesebene hieß der Schiedsspruch etwa: Eine Überprüfung des negativen Bescheids des Bundesamtes käme nur dann in Betracht, „wenn der Ausländer geltend macht, ihm drohe im Herkunftsland infolge einer allgemeinen Gefahrenlage eine extreme Gefahr für Leib und Leben, die in verfassungskonformer Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG zur Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach dieser Vorschrift führen müsste“ (BVerwG vom 27.06.2006, Az.: 1 C 14.05). Und der VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 17.07.2009, Az.: A 9 S 1566/18) formulierte in ähnlichem Tenor: „Für das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bedeutet dies, dass alle für die Beurteilung des Vorliegens einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung relevanten Lebensbedingungen im Zielstaat der Abschiebung zu ermitteln und zu würdigen sind. […] Hierbei bedarf es einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls“, um somit deutlich differenzierter, verhältnismäßiger und angemessener vorzugehen als der EuGH.

Luxemburg diktiert, alle hiesigen Gerichte scheinen die Kröte schlucken zu müssen…

Schon allein aufgrund dieses Umstandes könnte es nun zu Verwerfungen kommen, gerade, weil die Vorgaben von oben so stringent wie allgemein gehalten sind. Dass es bisweilen zu Spannungen kommt, zeigte der Alleingang des Bundesverfassungsgerichts beim EZB-Urteil, mit dem Karlsruhe die offene Auseinandersetzung zu erlassenen Richtlinien aus Luxemburg suchte. Und tatsächlich muss man sich fragen, wie viel Affront für die Kompetenz und Integrität der dritten Gewalt auf schwarz-rot-goldenem Boden erträglich ist, ehe auch die Exekutive und das Parlament in Berlin auf die Barrikaden gehen, sind mittlerweile allein 30 bis 80 Prozent der bei uns beschlossenen Gesetze auf Anweisung aus Brüssel zustande gekommen. Und immer öfter hat man den Eindruck, selbiges gilt nun auch für die Justiz, die hauptsächlich damit befasst ist, das Diktat ihrer Kollegen unter dem gelben Sternenkreis umzusetzen. Erlangt das jetzige Votum Verbindlichkeit, wird die Regulierung der illegalen Einwanderung erheblich erschwert, der Verweis in die Heimat oftmals gänzlich verunmöglicht. Insofern steckt viel Politik in diesem Geheiß, von dem man meinen könnte, es sei aus dem moralinsauren Einflüstern von Nichtregierungsorganisationen geboren worden. Denn welche Abwehrmechanismen bleiben noch, wird sich überall auf diesem Globus an irgendeiner Stelle Not und Elend finden lassen?

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