Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Digital Services Act: USA starten Lobby-Offensive gegen EU-Regulierung“ (aus: „Handelsblatt“ vom 07.08.2025)
Nicht zuletzt aufgrund des Versprechens von Elon Musk, mit der Übernahme von Twitter auch die Meinungsfreiheit in ihrer Substanz, Tragfähigkeit und Überzeugungskraft stärken zu wollen, bin ich selbst auf der Plattform X angetreten, um als freier Journalist ohne redaktionelle Bindung an ein großes Medienhaus einen kleinen Beitrag zu unabhängiger Berichterstattung und ehrlicher Kommentierung zu liefern. Seit nunmehr zweieinhalb Jahren sind meine Anstrengungen entsprechend umfangreich, zeitintensiv und kraftraubend, einer grassierenden Einseitigkeit unter vielen Publizisten mit einem anderen Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit entgegenzuwirken, das nicht ideologisch untermauert ist. Doch seit vielen Monaten verlässt mich die Motivation, bleiben doch alle Erwartungen unbeantwortet, nachdem offenbar insbesondere der „Digital Services Act“ der Europäischen Union immer stärker durchschlägt, um augenscheinlich Algorithmen zu manipulieren, Reichweiten zu beschneiden, Sichtbarkeit zu reduzieren und Accounts auf der Stelle treten zu lassen.

Auszug aus den Statistiken des Accounts @riehle_dennis, Quelle: X, Stand: 10.08.2025
Im Zeitraum von gut zwei Monaten sank die Reichweite bei einem gleichbleibenden Engagement um 34 Prozent, die Profilbesuche reduzierten sich derweil um 51 Prozent, Likes gingen in dieser Periode um 37 Prozent zurück.
Dass hiervon nicht zuletzt zahlreiche Kollegen ebenso betroffen sind, lässt mich zwar unter dem Credo des „geteilten Leides“ etwas weniger hadern, aber gleichsam die Vermutung aufkommen, dass sich Zensurmaßnahmen ausdrücklich an einen Personenkreis richten, der mit seinem Mut zur Klarheit die Wahrnehmung über die Zustände in unserem Land beeinflussen könnte – und das nicht zuletzt zu Ungunsten der Regierenden. Zwar wird es nie einen Beweis dafür geben, wie sehr sich der Machtapparat von Ursula von der Leyen in die Moderation und Drosselung von weniger genehmen Positionen und Ansichten einmischt. Doch auch eine geschlossene Indizienlage reicht durchaus, um schwerwiegende Vorwürfe zu erheben. Immerhin ist es die hauseigene KI des amerikanischen Multimilliardärs, die massive Bedenken hegt – und entsprechend deutlich macht: „X betont, dass viele Einschränkungen nicht auf gezielte Zensur, sondern auf technischen Faktoren zurückzuführen seien. Dennoch bleibt das Vertrauen vieler Nutzer durch die schwierige Vergangenheit der Plattform erschüttert“.
Die Möglichkeiten von Zensur und Gängelung scheinen nahezu unbegrenzt!
So dürfte die naheliegendste Vermutung sein, dass von Seiten des Unternehmens in vielen Fällen mit einem sogenannten Schattenbann gearbeitet wird, den „Grok“ wie folgt definiert: „Ein Shadowban ist eine Praxis, bei der die Sichtbarkeit von Inhalten oder Nutzern auf Social-Media-Plattformen eingeschränkt wird, ohne dass die betroffenen Nutzer explizit benachrichtigt werden. Dies kann durch algorithmische Drosselung, das Ausblenden von Posts in Suchen oder Feeds oder durch eingeschränkte Interaktionen geschehen“. Und auch für die Verbindungen nach Brüssel gibt es eine entsprechende Theorie, fehlt es noch immer an Transparenz, um gewisse Vorgänge anderslautend beurteilen zu können: „Nutzer deuten an, dass die EU durch den DSA gezielt Inhalte unterdrückt, die als ‚unliebsam‘ gelten könnten. Einige Nutzer spekulieren auch, dass das Community-Notes-System von X oder die Rolle der ‚Trusted Flaggers‘ genutzt wird. Diese Behauptungen sind jedoch nicht durch unabhängige Beweise bestätigt und spiegeln eher das Misstrauen in der Community wider“.
Jedenfalls scheinen die Anhaltspunkte recht konsistent, dass sich auch das frühere Twitter entsprechenden Vorgaben und einer waschechten Nötigung durch Beamte beugt, drohen im Zweifel bis zu sechs Prozent des globalen Jahresumsatzes an Strafe, wird nicht entsprechend mit ihnen kooperiert. Zwar geht es den Mächtigen angeblich nur um „illegale“ oder „schädliche“ Inhalte. Doch es mangelt sowohl an einer strafgesetzlichen wie vor allem der gesellschaftlichen Definition von „Hassrede“ und „Desinformation“. Gemäß eines Berichts des „House Judiciary Committee“ aus dem Juli 2025 wurden bereits entsprechende Richtlinien innerhalb der neuen Medien überarbeitet und implementiert, was die bisherige Praxis noch forcieren könnte. Nicht umsonst warnt „ADF International“ vor einer zunehmenden „Überzensur“. Bekannte Größen wie Alexander Wallasch oder Tichys Einblick bekannten in eigenen Posts, wie sehr sie unter die Fuchtel genommen wurden, die auch Nutzer wie die Liste Petrovic anprangern, wenn sie von einem „Werkzeug zur Unterdrückung kritischer Stimmen“ spricht.
Die Gefahr eines breitflächigen Rückzugs alternativer Publizisten ist groß!

Antwort der Künstlichen Intelligenz „Grok“ auf X zum Thema Algorithmen, Zensur und Moderation, Stand: 10.08.2025
Die wachsende Frustration und Ermüdung bei den Betroffenen ist spürbar. So war es auch der österreichische Aktivist Martin Sellner, der auf die politische Dimension des gesamten Geschehens verwies, als er unverhohlen eine „Zensurblockade“ verantwortlich machte, die digitalen Widerstand auf den Plan rufen müsse. Die Künstliche Intelligenz sieht insbesondere bei der Thematisierung illegaler Migration das Potenzial, ins Visier der ohne demokratische oder juristische Legitimation arbeitenden Spitzel zu geraten, gelten Debatten über polarisierende Sachverhalte doch schnell als „sensibel“, um gleichzeitig häufiger gemeldet zu werden. Immerhin könnten sie auf diesem Weg als ein „Risiko“ für Stimmungsmache gegen den toleranten Kurs des Förderns und Ermöglichens immer weiterer Fluchtbewegungen auf den hiesigen Kontinent eingestuft werden. Denn es war nicht zuletzt die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde, welche im zurückliegenden Januar das Wirken alternativer Journalisten in nahezu agitatorischer Weise brandmarkte, um ihnen damit den Kampf anzusagen.
Vergegenwärtigt man sich all diese Komponenten, fügen sich die einzelnen Teile zu einem bedenklichen Bild zusammen, das nicht besonders optimistisch in die Zukunft blicken lässt. Immerhin bleibt der öffentliche Druck vage, die Empörung über die Angriffe auf die Grundrechte beschränkt sich zumeist auf überschaubare Diskussionen in den neuen Medien selbst. Daher dürfte am Ende die Enttäuschung überwiegen, welche zu manch einem Rückzug ausgerechnet jener Verteidiger der unbehelligten Rede führt, die sich bisher weder von der Doktrin des öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch der Agenda der schwarz-roten Koalition in Berlin beeindrucken ließen. Ein liberales Gefüge stirbt in aller Regel langsam. Doch anfängliche Furchen sind zu Kratern geworden, die nicht nur eine gezeichnete Landschaft, sondern verbrannte Erde dort hinterlassen, wo man eigentlich mit Despotie und Tyrannei ziemlich vertraut sein sollte. Umso gravierender ist die Vorahnung, dass Orwells „1984“ schon deutlich näher an der Realität scheint, als man dies je zu befürchten gewagt hatte.