Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „‚Unsachlich, polemisch, zynisch und herabsetzend‘ – Merz kritisiert Debatte um Brosius-Gersdorf“ (aus: „Handelsblatt“ vom 19.07.2025)
Das hatte sich der Bundeskanzler wahrscheinlich anders vorgestellt: Rund eine Stunde verbrachte er bei seiner Pressekonferenz kurz vor den Sommerferien mit der Beantwortung von Fragen der Hauptstadtpresse, die vor allem von ihm wissen wollte, wie es denn nun in der Frage der Richterwahl um Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold weitergeht. Sichtlich genervt von der Debatte, wollte Friedrich Merz offenbar über positivere Dinge sprechen. Deshalb versuchte er nicht zuletzt durch einen Schwenk auf die vermeintlichen Ursachen der momentan die Republik in Wallung bringenden Auseinandersetzung mit den Kandidaten für Karlsruhe, zu einem ganz anderen Thema zu gelangen. Wenn auch nicht explizit formuliert, richtete sich sein Argwohn gegen die alternativen Medien, die den gesamten Komplex erst auf ein Tableau gehoben hatten, welches sich nunmehr zur fadenscheinigen Spielfläche einer totalitär anmutenden SPD entwickelt, die nicht etwa fachlich hochkarätige Juristinnen in die höchste Instanz entsenden will, sondern ideologisch klar verortete Charaktere in den Ring schickt, welche im Zweifel dazu bereit wären, die AfD ein für alle Mal zu verbieten. Es wird bereits von einem Staatsstreich gesprochen, denn ins Gesicht von Lars Klingbeil lassen sich Putschabsichten durchaus interpretieren, lässt er keinen Zweifel daran, „Nazis“ bekämpfen zu wollen.
Friedrich Merz auf der Suche nach Verantwortlichen für die schlechte Arbeit der Regierung
Dass es im Augenblick aber vor allem darum geht, „unsere Demokratie“ vor Portalen wie „Nius“, „Apollo News“, „Tichys Einblick“, „Weltwoche“ oder „Freilich Magazin“ zu schützen, daraus machte der CDU-Politiker selbst keinen Hehl, stimmte er in die Verschwörungserzählung ein, oppositionelle Journalisten seien eine Gefahr für die liberale Ordnung. Insbesondere die sozialen Plattformen sieht die Regierung offenbar als ihre größten Feinde an, verbreiten sich dort Meldungen über die Wahrheit in unserem Land deutlich schneller, als sie von den Mächtigen wieder eingefangen werden könnten. Eine Publizistik abseits von ARD, ZDF, „Süddeutscher Zeitung“, „T-Online“, „Zeit „und „Stern“ wird der Obrigkeit auch deshalb nicht gefallen, ist man es während Krisen doch gewohnt, auf die Vereinnahmung der bürgerlichen Meinung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vertrauen zu können. Zumindest war das in der Vergangenheit so, gab es zumindest im Fernsehen nur wenig Konkurrenz, die der Tagesschau das Wasser reichte. Doch seit sich in der Gesellschaft Skepsis darüber breit macht, ob die Realität nicht gänzlich verschieden zu dem ist, was uns um 20 Uhr auf dem Bildschirm verkauft wird, erfahren jene Informationsquellen immer weiteren Zulauf, die einerseits objektiv berichten, andererseits aber auch kritisch kommentieren. Diese Freiheit ist ein Dorn im Auge, wo Wirklichkeit wehtun könnte.
Wenn dem Staat die Felle davonschwimmen, wird er repressiv und gängelnd!
Ich selbst weiß darum, wie sogar der Einzelgänger an die Kandare genommen wird. Nachdem mir das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz im Sommer 2024 in einem Bericht unterstellte, Teil einer russischen Desinformationskampagne zu sein, um schnellstmöglich wieder zurückzurudern und lediglich zu behaupten, dass eine nebulöse Propagandamaschinerie aus Moskau nicht nur meine Artikel nutze, um Stimmung gegen die damalige Ampel zu machen, bin ich mir klar darüber, im Fokus einer Exekutive zu stehen, die im Zweifel Wohnungstüren eintritt, Hausdurchsuchungen vornimmt, Handys beschlagnahmt, Anzeigen wegen Majestätsbeleidigung verfolgt oder Anklage aufgrund angeblicher Volksverhetzung erhebt. Denn nur so können jene in die Knie gezwungen werden, die man auch in der DDR konsequent unterdrückte, weil es an sachlichen Argumenten und inhaltlicher Widerrede fehlte. Gefürchtet ist die sogenannte vierte Gewalt vor allem deshalb, hat man keinen Kontakt zur Chefredaktion, in der man wiederkehrend daran erinnern könnte, legislativ am längeren Hebel zu sitzen – und über Gebühren zu entscheiden, die für viele Muckraker die Existenz sichern. Diese finanzielle Abhängigkeit sichert ein eingeebnetes Programm, um das sich Berlin nicht sorgen muss, redet man unter anderem auf dem Mainzer Lerchenberg Robert Habeck oder Heidi Reichinnek nach dem Munde.