Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Bundesverwaltungsgericht hebt Verbot des ‚Compact‚-Magazins auf“ (aus: ZEIT ONLINE vom 24.06.2025)
Der Jubel ist groß gewesen, denn die Erwartung war eine andere. Nach der Hauptverhandlung schienen viele Beobachter sicher davon ausgegangen zu sein, dass das Verwaltungsgericht in Leipzig den von Ex-SPD-Führungsfigur Nancy Faeser mit Blick auf das Magazin „Compact“ erlassenen Bann bestätigen würde. Doch es erklärte diesen massiven Eingriff in die Pressefreiheit für unzulässig. Die zentrale Aussage im Urteil vom 24.06.2025 (Az.: 6 A 4.24) lautete: „Das mit Verfügung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) vom 5. Juni 2024 ausgesprochene Verbot […] ist rechtswidrig“. Dieser Satz war durchaus ein Paukenschlag.
Auch scharf Kritik hinsichtlich einer fehlgeschlagenen Migrationspolitik ist kein Verbotsgrund!
Daneben führte man aus reflektierend, differenziert und vernünftig aus: „Eine Vielzahl der von der Beklagten als Beleg für den Verbotsgrund angeführten migrationskritischen bzw. migrationsfeindlichen Äußerungen lässt sich danach auch als überspitzte, aber letztlich im Lichte der Kommunikationsgrundrechte zulässige Kritik an der Migrationspolitik deuten. Dazu kommt, dass die rechtspolitische Forderung nach strengeren Einbürgerungsvoraussetzungen und höheren Integrationsanforderungen im Staatsangehörigkeitsrecht für sich genommen nicht als mit der Menschenwürde oder dem Demokratieprinzip unvereinbar zu beanstanden ist“.
Und der Vorsitzende ergänze seine Ausführungen mit einer ganz allgemeinen Feststellung: „Dazu kommt, dass die rechtspolitische Forderung nach strengeren Einbürgerungsvoraussetzungen und höheren Integrationsanforderungen im Staatsangehörigkeitsrecht für sich genommen nicht als mit der Menschenwürde oder dem Demokratieprinzip unvereinbar zu beanstanden ist“. Doch schon in diesem Wortlaut wird klar: Eine weiße Weste hat man der rechten Szene keinesfalls angezogen. Man liest eine Menge an Argumenten, weshalb die Voraussetzungen für ein Untersagen zumindest sachlich erfüllt seien, aber am Ende nicht ausreichten.
Eine Nachrangigkeit von Ausländern wurde von Karlsruhe als legitim bezeichnet!
Die Roben schwadronierten einigermaßen unmissverständlich, dass das sogenannte „Remigrationskonzept“, welches die Redaktion um Familie Elsässer durch eine zeitweise Unterstützung des österreichischen Aktivisten Martin Sellner inhaltlich mitgetragen haben dürfte, die Menschenwürde missachte. „Denn sie gehen von einer zu bewahrenden ‚ethnokulturellen Identität‘ aus und behandeln deshalb deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund als Staatsbürger zweiter Klasse“, meinte die Justiz. Doch wo sind Belege für diese bloße Behauptung? Und warum widerspricht man sich teils selbst oder den Beschlüssen aus Karlsruhe?
Man leitet aus der Forderung, Personen mit Migrationshintergrund, schlechter Eingliederung und fehlender Anpassungsbereitschaft nicht einzubürgern oder ihren Status durch eine legislative Veränderung der entsprechend einfachgesetzlichen wie auch verfassungsrechtlichen Bestimmungen rückgängig zu machen, den pauschalen Verdacht ab, der Ausländer werde aufgrund einer Nachrangigkeitsstellung dem Prinzip folgend in seiner Souveränität angetastet und verletzt. Hierbei handelt es sich aber lediglich um ein vorurteilbehaftetes Narrativ, das in seiner bloßen Schlichtheit über den Status des Anwurfs nicht hinauskommt.
Die Staatsangehörigkeit muss mehr als ein Lappen sein, der nichts mehr wert scheint!
„Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber indessen nicht jede Ungleichbehandlung von Deutschen und Ausländern“ (BVerfG, Beschluss vom 07.02.2012, Az.: 1 BvL 14/07). Erst ab dem Augenblick, sollten wir jemandem sein Existenzrecht, seine Ebenbürtigkeit und seine autonome Gestalt absprechen, liegt ein Verstoß gegen Art. 1 GG vor. So hieß es in der Vergangenheit exemplarisch: „Ein Angriff auf die Menschenwürde ist nur dann gegeben, wenn der angegriffenen Person ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen und sie als unterwertiges Wesen behandelt wird“ (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2010, Az.: 1 BvR 369/04).
Anrüchigkeit und Verwerflichkeit sind somit gegeben, werden die Hürden zum Erlangen einer Staatsangehörigkeit massiv erhöht und im Zweifel auch die bestehenden Normierungen dahingehend reformiert, dass jene nicht in Deutschland bleiben können, welche trotz eines verliehenen Passdokuments die Anforderungen an eine gelungene Integration nur unzureichend erfüllt haben. Ein so deutliches Missverstehen einer Ideologie, die nicht mehr abverlangt, als einen der von den Urvätern der Republik erwarteten Anspruch zum Erhalt unserer Volkszugehörigkeit, ist schon bezeichnend. Und er lässt kopfschüttelnd und fragend zurück.