Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Rechtsextremist Martin Sellner will in Schwerin auftreten: Linke fordert Verbot“ (aus: „Ostsee-Zeitung“ vom 06.10.2025)
Es war eine Nachricht der offenbaren Ernüchterung, als die Journalistenkollegen des „Nordkuriers“ wohl einigermaßen enttäuscht vermelden mussten, dass eine Lesung des österreichischen Aktivisten Martin Sellner in Schwerin „ohne eine Zwischenfall verlaufen“ sei. Da hatte man sich augenscheinlich mehr Dramatik erhofft, weniger Routine und Mäßigung, sondern Schlagzeilen für das Aufbäumen gegen „völkischen Nationalismus“. Wie kann es nur sein, dass ein als Rechtsextremist verschriener Anhänger der Forderung nach Remigration heimlich, still und leise seine von links als „Nazi“-Gedankengut titulierte Meinung kundtut, ohne dabei auf nennenswerten Widerstand zu stoßen? Es wird wohl noch Platz brauchen, ehe sich in den Köpfen der „Guten“ die verbitterte Erkenntnis breit macht, dass konsequente und umfassende Abschiebungen für eine wachsende Zahl an Bürgern nicht nur legitim, sondern konsequent zu verwirklichen sind. Die Moralkeule zieht gerade im Osten kaum noch, ist man dort einigermaßen geübt im Umgang mit Brandmarkung und Ausgrenzung, mit dem Verächtlichmachen von Auffassungen und Überzeugungen. Und so blieb ein Skandal aus, was zu Frustration in mancher Redaktionsstube geführt haben dürfte.
Das pragmatische Umdenken der Bevölkerung hat die Presse kalt erwischt…
Das Krakeelen der „Unsere Demokratie“-Bewegung scheint immer häufiger zu verstummen, drängt sich doch die Einsicht ins Bewusstsein, dass eine Verschiebung des Rahmens, was heutzutage gesagt werden darf und kann, ins Absurde führt. Wie ein hypersensibler Feuermelder echauffiert sich die zeitgeistige Sittenpolizei, liegt Gegenwind zu Vielfalt und Respekt in der Luft. Positionen, die vor ein oder zwei Dekaden unanrüchig waren, gelten nunmehr als diskriminierend, ehrverletzend oder gar rassistisch. Dabei besagt doch schon der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dass jede Nation ein Anrecht auf Selbstbestimmung über die kulturelle, soziale und wirtschaftliche Entwicklung hat, um in diesem Zusammenhang auch autonom darüber zu befinden, wer ins Land kommen darf. Das Toleranz-Paradoxon von Popper bestätigt sich mittlerweile in jedem einzelnen Messerattentat mit einem bestimmten Modus Operandi, sexuellen Übergriffen durch Personen aus einem klar zu definierenden Kulturkreis oder propalästinensischen Demonstrationen mitsamt Kalifat-Forderung auf Hamburgs und Berlins Straßen. Schließlich haben sich viele Verschwörungstheorien im Nachhinein als richtig und konsistent erwiesen.
Und so ist auch die Behauptung, die europäischen Völker würden sukzessive an den Rand gedrängt, kaum noch als Lüge zu entlarven, wenn die Ramadan-Beleuchtung floriert, aber der Weihnachts- in den Wintermarkt umbenannt wird. Auf unseren Schulhöfen werden Halal-Pausenbrote eingefordert, in den Kantinen muss Schweinefleisch von der Agenda gestrichen werden. Während des Fastenbrechens unterbricht der Westen Fußballspiele, eigene Feiertage sollen in Norddeutschland Muslimen eine Besserstellung gegenüber Christen einräumen. Wer diesen Tatsachen ins Auge sieht, sie als einen Zustand der Erodierung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt verbreitet, gilt als fremdenfeindlicher Faschist. Doch der 36-jährige Wiener lässt sich davon nicht beeindrucken. Er tourt durch die Bundesrepublik, um für die Notwendigkeit einer breitflächigen Rückführung nicht nur straffällig gewordener Flüchtlinge zu werben, sondern auch die Schizophrenie der Turbo-Einbürgerung zu entlarven. Dass er selbst Staatsangehörige mit Migrationshintergrund „deportieren“ wolle, ist nur eine der üblen Nachreden, die ihm der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach dem „Geheimtreffen“ von Potsdam anzuhängen versucht.
Weder die Forderung nach Remigration ist anrüchig, noch die Selbstbestimmung des Volkes…
Selbstredend ist es zulässig, Zuwanderung in ihrer Gesamtheit in Frage zu stellen, um Alternativen für das Kompensieren des demoskopischen Wandels zu präsentieren. Hätten wir eine familienfreundlichere Atmosphäre, würden wir unsere eigenen Ressourcen durch Qualifizierung arbeitstauglich machen, wären „Fachkräfte“ von außen obsolet. Höchstinstanzlich festgestellt, bleibt es sogar ohne Konsequenz, im politischen Wettbewerb „Ausländer raus“ zu propagieren. Denn es ist unserer Gesellschaft nicht zumutbar, dass sie sich gänzlich einer Mentalität hingibt, die auf das sukzessive Unterwandern der autochthonen Mehrheit aus scheint. Noch immer gilt der legislativ festgehaltene Grundsatz über die Definition der Volksgemeinschaft, zu welcher jener gehört, „der sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird“ (§ 6 BVFG). Dass die Gründungsväter der Nachkriegsordnung Visionen darüber besaßen, in welche Richtung sich die Zukunft keinesfalls entwickeln soll, macht eine Randnotiz für den Parlamentarischen Rat von 1948 deutlich, die Einschränkungen des heutigen Artikels 16a GG anriet.
„Es empfiehlt sich nicht, das Asylrecht auch auf die politisch verfolgten Ausländer auszudehnen, da kein Anlaß besteht, das unbeschränkte Asylrecht auch unerwünschten Ausländern zu gewähren, insbesondere auch solchen, die aus ihren Heimatstaaten wegen aktiver Betätigung gegen die Demokratie in das Bundesgebiet geflüchtet sind“, hieß es dort, um um auch weiterhin als Mahnung zu gelten, Identität, Ursprung und Wurzeln nicht zu vernachlässigen, sondern auch dann auf ihnen zu beharren, wenn der erhobene Zeigefinger von Diversität das Verwischen jeglicher Eigenheiten verlangt. Der Ethnopluralismus, wie er von Sellner so trefflich repräsentiert wird, geht von einer sehr pragmatischen Sichtweise des friedlichen Nebeneinanders unterschiedlicher Verbünde aus, ohne pauschal – beispielsweise wegen Herkunft und Spezies – die jeweils andere Souveränität, Integrität und Würde zu beschneiden. Schließlich sagt schon die Apostelgeschichte in Kapitel 17: „Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, dass sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und hat festgesetzte Zeiten und die Grenzen ihres Wohnens bestimmt“, um eine biblische Untermauerung gegen Vermischung und für Koexistenz zu liefern.