Quelle: Clipdealer.de, B78436272, erworbene Standardlizenz.

An der Weggabelung zwischen Tugendterror und Vernunft: Ohne den Pragmatismus von Wagenknecht droht dem BSW der Scheintod…

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „Partei in der Krise: Wie Wagenknechts Rückzug dem BSW zusetzt“ (aus: „Junge Freiheit“ vom 14.12.2025)

Wie geht es weiter mit dem BSW, nachdem man sich auf dem vergangenen Bundesparteitag nicht nur namentlich neu aufgestellt hat? Das jetzige Führungsduo aus Amira Mohamed Ali und Fabio De Masi soll das Bündnis in eine Zukunft führen, in der man aus manch einer Bedeutungslosigkeit zurückfindet zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für das etablierte Parteiensystem. Oftmals in den Umfragen nur noch unter „Sonstige“ gelistet, hat man Ansehen wahrscheinlich auch deshalb um bis zu zehn Prozentpunkte verloren, weil interne Streitigkeiten das öffentliche Bild dominieren. Neben Abnutzungseffekten und strategischen Fehlentscheidungen sind es die Rivalitäten in einzelnen Landesverbänden, welche ein Licht großer Zerstrittenheit auf eine Bewegung werfen, die durch ihren lagerübergreifenden Ansatz eigentlich als Hoffnungsträger galt. Vorwürfe von Zentralismus stehen ebenso im Raum wie eine Spaltung der Basis in Bayern, eine massive Austrittswelle in Brandenburg oder ein offener Personalstreit in Hessen. Wähler sind in Richtung AfD und Linke abgewandert, steht Zuverlässigkeit zur Disposition. Und nicht zuletzt die Wahrnehmung als chaotisches Sammelbecken tut ihr Übriges.

Dass das BSW die Brandmauer-Frage noch von Beginn an geklärt hat, war verhängnisvoll…

Nicht zu unterschätzen bleibt die Auseinandersetzung darüber, wie man mit der Alternative für Deutschland verfahren will. Sahra Wagenknecht selbst sieht die Brandmauer als „Brandstiftung“, war die Ikone seit jeher davon überzeugt, dass es einen vernünftigen und rationalen Umgang mit Alice Weidel und Tino Chrupalla braucht. Es sei ein „Anfängerfehler“ gewesen, beispielsweise auch in Thüringen, sich auf Teufel komm raus in einer „Brombeer“-Koalition gegen die „Blauen“ zu stellen. Das Distanzieren verschrecke jene, die auf demokratische Gepflogenheiten des Dialogs setzten. Trotz dieser mahnenden Worte wird in Sachsen-Anhalt vehement daran festgehalten, jegliche Kooperation auszuschließen. Selbst in fachinhaltlichen Fragestellungen will man keinesfalls zusammenarbeiten, sich stattdessen auf die Seite der Totalverweigerer schlagen, die den argumentativen Austausch schmähen. Auch gemeinsame Anträge in der Sache soll es dort nicht geben, stattdessen einen stringenten Blick auf Anti-AfD-Bündnisse. So unterscheidet man sich als Opposition kaum noch von der Bourgeoisie, zu der man eigentlich in Widerspruch stehen will, aber es ihr letztlich gleichtut.

Ohne eine einheitliche Linie gegenüber der AfD droht dem Bündnis die Orientierungslosigkeit…

Die Verunsicherung in der Anhängerschaft bleibt insofern groß, ein wirkliches Gemeinschaftsgefühl kann dort nicht aufkommen, wo man weder Fisch noch Fleisch ist. Eine grassierende Orientierungslosigkeit, obwohl doch eigentlich Schnittmengen bestehen. Gemeinsam zeigt man sich migrationskritisch, beim BSW allerdings pragmatisch. Die AfD setzt auf eine harte Linie, beispielsweise mit massiven Abschiebungen und konsequenten Zurückweisungen an der Grenze. Das Bündnis legt den Fokus auf ein Reduzieren der illegalen Einwanderung, insbesondere bei fehlender Integrationsbereitschaft und einem missbräuchlichen Beanspruchen des Asylrechts aus wirtschaftlichen Gründen. Hinsichtlich der Wirtschaft brandmarken beide die Eliten, fordern Schutz für Mittelstand und Arbeitnehmer. Man ist sich einig im Anti-Globalismus, Unterschiede gibt es bei der Steuerfrage. Während man bei der Alternative für Deutschland auf niedrige Abgaben, eine Abschaffung des Euros und Wachstum durch die Regulierung setzt, will Wagenknechts Partei Umverteilung stärken, marktkontrollierend vorgehen und sich gegen Neoliberalismus wenden. Hier wie da betont man jedoch eine faire Handelspolitik.

Dabei gäbe es viele inhaltliche Schnittmengen, die ideologische Gräben zuschütten könnten…

Starke Überschneidungen gibt es beim Thema Äußeres und Frieden. Beide Kräfte setzen sich für ein schnelles Ende des Ukraine-Krieges, auch unter Inkaufnahme territorialer Verluste, ein. Eine Normalisierung der Beziehungen zu Moskau paart sich mit der Forderung, auf weitere Waffenlieferungen zu verzichten, den Fokus auf deutsche Interessen zu richten, unsere Neutralität zu stärken und die Aufrüstung der NATO zu stoppen. Die AfD will die Wehrpflicht wiedereinführen, das BSW setzt vornehmlich auf Diplomatie und Konfliktvermeidung. Geeint scheint man auch beim Engagement für eine bessere Rente und im Ausbau der Familienförderung. Während die Alternative für Deutschland hierbei vor allem konservativ begründet, ist dem Bündnis ein Belastungsmoratorium für Geringverdiener wichtig. Die radikale Transformation lehnen sie miteinander ab, Umweltschutz müsse Vorrang haben vor Klimaaktivismus. Die Energiewende könne nicht ohne Versorgungssicherheit gelingen, Verbote von Kohle, Atom und Verbrenner seien kein gangbarer Weg. Und nicht zuletzt verbinden auch der Argwohn gegenüber Brüssel, der Einsatz für die Meinungsfreiheit und die Ablehnung der Geschlechtervielfalt.