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„Ich will Gewinner für die bürgerliche Mitte sein“: Sieht so ein schmissiger Wahlkampfslogan für Baden-Württemberg aus, lieber Manuel Hagel?

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „CDU-Hoffnungsträger Manuel Hagel: Gefangen zwischen Brandmauer und kraftvoller Industriepolitik“ (aus: NiUS vom 05.11.2025)

Quo vadis, Baden-Württemberg? 2026 werden auch im Ländle die politischen Zeichen neu gestellt, die Ära Winfried Kretschmanns endet nach 15 Jahren. Der Ministerpräsident der Grünen tritt in den Ruhestand, sein bevorzugter Nachfolger wäre Parteifreund Cem Özdemir. Doch dieser liegt momentan abgeschlagen auf Platz 3 in den Umfragen, führend ist Manuel Hagel von der CDU. Doch auch dieser Hoffnungsträger schöpft längst nicht das Potenzial aus, welches zwischen Bodensee und Hohenlohe möglich wäre. Die wirtschaftliche Entwicklung bilanziert sich in fortwährender Rezession, das Wachstum des BIP liegt bei -0,5 Prozent. Die Arbeitslosenquote ist von 3,0 Prozent in 2022 auf voraussichtlich 4,5 Prozent in 2025 gestiegen. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen nahm jüngst um 30,4 Prozent von 1.875 auf 2.445 zu. Eingesessene Betriebe verlassen die Region, die Standortbedingungen werden längst nicht mehr als attraktiv betrachtet. Das Ausmaß der Straftaten hat sich innerhalb von fünf Jahren von 450.000 auf 545.000 erhöht, das Gefühl von zunehmender Unsicherheit auf den Straßen zirkuliert.

Baden-Württemberg muss mit der AfD klotzen, kann nicht länger mit der CDU kleckern…

Die Migration prosperiert auch im Südwesten, noch einmal 10.000 mehr Schutzsuchende als 2024 stehen in den vorläufigen Bilanzen. Das Haushaltsdefizit des Landes liegt mit einem Rückstand von 70 Milliarden Euro wiederum bei -0,5 Prozent, die Nettokreditaufnahme ist im Gegenzug um 0,5 Prozent angewachsen. Bei den Kommunen ist die Lage weitaus dramatischer, sie verzeichnen einen um 345 Prozent gewachsenen Schuldenberg innerhalb von 12 Monaten. Und in Sachen Bildung verfehlen 32 Prozent der Schüler die Mindeststandards, sieben Prozent mehr als noch 2021. Insgesamt ein Befund, der nach tiefgreifenden Reformen ruft, um eigentlich eine Steilvorlage für jeden zu bieten, der etwas anpacken möchte. Die Galionsfigur der Christdemokraten kann trotz des smarten Auftretens dennoch kaum überzeugen. Zwar zeigt er sich zugewandt, will mit einer väterlichen Haltung seine Heimat aus der Krise führen. Doch in den Forderungen und Positionen bleibt der einigermaßen farblos, will zwar die Strompreise für alle senken und die Energieversorgung im Zweifel auch durch neue Gaskraftwerke sichern.

Viele richtige Befunde, doch keine Antwort zu Lösung, Bewältigung und Strategie…

Auf das Attest aggressiver chinesischer Exportpolitik hin hat er allerdings kein wirkliches Rezept zu bieten, verfängt sich eher im Befund, dass Autoindustrie und Maschinenbau Herzstück des Wachstums seien. Wie allerdings der Jobmotor angeschmissen werden soll, bleibt unklar. Und auch die angekündigte 180-Grad-Wende in der Asylfrage erweist sich in gewisser Hinsicht als halbgar. Er will von nationalen Grenzkontrollen auf die Abschottung an den europäischen Außenlinien umschwenken, Zurückweisungen sieht er lediglich als temporäres Mittel zur Regulierung an. Er verweist darauf, dass das Problem nicht in Menschen oder Gruppen, sondern in deren illegaler Einwanderung liege. Sein Anliegen sei mehr Realismus und Limitierung, von einem konsequenten Handeln hört man unterdessen wenig. Beim Nachwuchs stellt er fest, dass Baden-Württemberg einst auf dem Treppchen der Bildungsvorreiter stand, heute sei dem nicht mehr so. Es brauche bessere Chancen von der Kita bis zur Hochschule, die Entfaltung der Talente müsse oberste Priorität haben, damit das Spitzenranking endlich wieder zurückgewonnen werde.

Hagel zieht die Brandmauer bis zum Himmel, um noch während des Baus zu straucheln..

Mit frühkindlicher Sprachförderung und einem Fokus auf Schreiben, Rechnen und Lesen soll dies gelingen. Für mehr finanzielle Effizienz setzt er auf einen schlanken Staat. Doch selbst, wenn man in seinen Worten die Bereitschaft zum Aufbruch wahrnehmen will, hat er sich eigenwillig und bewusst Bremsklötze in den Weg gelegt, als er ein „Klares Nein zur AfD“, „gegen jede Partnerschaft“ als Devise ausgab. Er zieht die Brandmauer hoch wie kaum ein Zweiter, weil der 37-Jährige im Kontakt der Partei zu Russland und China keinen Patriotismus, sondern „Vaterlandsverräter“ wittert. Auch Worte wie „Heuchler“ und „Freaks“ sind gefallen, von einem souveränen Umgang mit der Opposition scheint der Bankbetriebswirt weit entfernt. Er wirft dem Gegenüber „Hysterie“ vor, verkennt damit aber die Realität vor der Haustür. Man kann durchaus den Eindruck gewinnen, als nehme er die Lage nicht wirklich ernst. Durchsetzungskraft spürt man nur äußerst bedingt, wenn sich der Shootingstar in leeren Floskeln und Phrasen verstrickt: „Ich will nicht für mich, nicht für den Titel gewinnen, sondern für eine bürgerliche Mitte“.