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Sommerpause für Inhalte und Argumente: Wann reden wir endlich über die soziale Frage, den Wirtschaftsabschwung und das Bildungsdebakel?

Kommentar von Dennis Riehle zum Artikel „ARD-‚Sommerinterview‘ mit Weidel: Punkt, Satz und Sieg für die AfD“ (aus: FAZ vom 21.07.2025)

In diesen Tagen dominieren vor allem zwei Themen die hiesige Nachrichtenlage. Weil wir uns nahe des Sommerlochs befinden, sind die politischen Schlagzeilen aus Berlin einigermaßen dürftig und eintönig. Deshalb diskutiert man weiter über das Sommerinterview der ARD mit Alice Weidel, welches für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zum Desaster wurde, reagierte der Sender augenscheinlich bewusst wohlwollend auf die Störaktion von Linksradikalen, um somit ein Gespräch zwischen Moderator Markus Preiß und der Co-Chefin der AfD für den Zuschauer wert- und nutzlos zu machen. Man konnte weder Fragen noch Antworten verstehen, wurden Hintergrundgeräusche offenbar nicht etwa ausgeblendet, sondern möglicherweise durch die Tonregie noch verstärkt in die Wahrnehmung gerückt. Zum Bedauern vieler Beobachter fiel deshalb eine Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Positionen der Partei flach, wäre es doch gerade in der jetzigen Ausgangslage von Bedeutung und Belang gewesen, sich als Wähler darüber zu informieren, ob es für mehr reicht als ein Protest auf dem Stimmzettel, der sich nicht aus der Wut für die Etablierten speist, sondern aus der Überzeugung für die Forderungen und Standpunkte der Blauen.

Die Debatten werden um Schlagzeilen geführt, nicht um Inhalte…

Und auch bei der Neubesetzung von Stellen am Bundesverfassungsgericht geht es weniger um allzu viel Tagespolitik, sondern um das große Ganze. Wollen wir es ermöglichen, dass die SPD Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold in Karlsruhe installiert, um die Gesetzgebung künftig in die Hände von Hochschulprofessorinnen zu legen, weil die Genossen aufgrund massiv rückläufiger Umfragewerte und sukzessiver Bedeutungslosigkeit über die Legislative wie Exekutive nicht mehr viel reißen können? Kommt es zu einer Herrschaft der Juristen, die in zwei Senaten einigermaßen willkürlich darüber entscheiden, welche Richtung der Staat und seine Regenten einzuschlagen haben? Oder werden uns künftig sogar Paragrafen durch die roten Roben diktiert, wenn es darum geht, Maßnahmen für den Klimaschutz zu forcieren, die Abtreibung weiter zu liberalisieren, Verbote und Repression zu legalisieren, Grünsozialismus zu realisieren oder Toleranz vor dem Kopftuch und der Polygamie zu hoffieren? Der Abbau letzter Fragmente der Demokratie schreitet in beharrlicher Kontinuität voran, gleichzeitig fehlt es dieser Gesellschaft an Dialog über parlamentarische Wege der Lösung angestauter Probleme und Herausforderungen.

Die AfD sollte nicht zuwarten, bis die Bühne für Inhalte freigeräumt ist!

Schließlich wird jegliche Sachdebatte durch Totschlagargumente wie die Brandmauer, den Vorwurf von Rechtsextremismus oder plumpes Vokabular über „Nazis“ und „Faschisten“ im Keim erstickt. Dabei wäre es doch von großem Interesse, wie sich die Alternative für Deutschland im Zweifel von Machterhalt und Koalitionsoptionen verhalten würde, abseits der zentralen Absicht zu mehr Remigration. Bisher schafft sie es durch Kindsköpfigkeit und Unzulänglichkeit ihrer Gegner, aus dem Versagen der Anderen zu profitieren. Doch das wird auf Dauer nicht genügen, sollte man ihr im Zweifel die Erwartung antragen, sich beispielsweise auch zur sozialen Frage zu äußern, zu Reformen bei Rente, Gesundheitsversorgung und Transferleistungen, mit Blick auf unsere Rolle in der Welt, den Wirtschaftsabschwung oder den Wohnraummangel, die Bildungsmisere und das Finanzloch, die ökologische Transformation oder unsere Leitkultur. Bisher profitiert sie von einem weggelenkten Rampenlicht, um sich nicht allzu sehr profilieren zu müssen. Doch auf diesen Selbstläufer sollte man nicht langfristig vertrauen, wird es irgendwann zur Situation kommen, Farbe bekennen zu müssen. Und für diesen Augenblick scheint man derzeit noch schlecht gerüstet.